Was für eine Woche! Nachdem ein Ansturm auf die Einlagen zur Schließung von zwei US-Banken geführt hatte und eine dritte ins Wanken geraten ist, haben die Behörden alle Hände voll zu tun, eine neue große Bankenkrise zu verhindern. Währenddessen geht die Credit Suisse in die Knie und kommt nur dank der außergewöhnlichen Unterstützung der Schweizerischen Nationalbank mit einem blauen Auge davon. Die Aktienmärkte zeigen sich allerdings ungewohnt widerstandsfähig. Sie setzen darauf, dass die Währungshüter ihre restriktive Geldpolitik zwangsläufig revidieren müssen, um dem Finanzsektor wieder Luft zu verschaffen.
Wochenperformance*
DAX
14768  -4.28%Chart
STOXX EUROPE 600
436.31  -3.85%
Chart STOXX EUROPE 600
S&P 500
3916.64  +1.43%
Chart S&P 500
NIKKEI 225
27333.79  -2.88%
Chart NIKKEI 225
GOLD
1988.50$  +5.90%
Chart GOLD
BRENT OIL
72.52$  -12.74%
Chart BRENT OIL
EURO / US DOLLAR
1.07$  -0.15%
Chart EURO / US DOLLAR
Tops / Flops der Woche

Tops

Calliditas (+38 %): Nach der Veröffentlichung der Ergebnisse einer klinischen Phase-III-Studie setzte die Aktie des schwedischen Labors zu einem Höhenflug an. Nefecon, das Medikament des Konzerns zur Behandlung von Nierenerkrankungen, hat den primären Endpunkt der Studie erreicht. Bei den Arzneimittelbehörden in den USA und in Europa wird nun ein Zulassungsantrag gestellt.

Coinbase (+36 %): Die amerikanische Kryptowährungs-Plattform profitiert von der Erholung der Krypto-Assets, insbesondere des Bitcoins, der wieder bei über 26.000 USD steht. Diese Stärke erscheint paradox: Die dezentralisierte Finanz brüstet sich angesichts der Enttäuschungen des klassischen Geldwesens, wobei die in Schwierigkeiten steckenden US-Unternehmen nicht zuletzt durch ihr Engagement in eben dieser Branche geschwächt worden sind.

Synlab (+35 %): Das deutsche Labornetzwerk, dessen kurze Börsenhistorie vor allem von Enttäuschungen begleitet war, hat den Erhalt eines unverbindlichen Übernahmeangebots seines Hauptaktionärs Cinven bestätigt. Das Angebot soll sich auf 10 EUR pro Aktie belaufen, was zwar über dem kürzlich erreichten Tief von 6,69 EUR liegt, aber sehr weit vom IPO-Preis (18 EUR) und erst recht vom Höchststand von 24,60 EUR entfernt ist.

Advanced Micro Devices (+17 %): Diese Woche ist AMD das Aushängeschild. Wir hätten aber auch andere große amerikanische Technologiewerte anführen können, die von der Aussicht auf einen gemäßigteren Zinsstraffungszyklus infolge der Schwierigkeiten des Bankensektors profitieren. Übrigens hat sich der Nasdaq in den letzten Handelstagen deutlich erholt.

Webuild (+13 %): Der Kurs des italienischen Bauunternehmens erhielt von den durchweg positiven Ergebnissen des Geschäftsjahres 2022 Auftrieb. Das außergewöhnlich dicke Auftragsbuch (53,4 Mrd. EUR bei einem Umsatz von 8,2 Mrd. EUR im letzten Jahr) sorgt außerdem für eine gute Prognosesicherheit.

Flops 

First Republic (-66 %): Das unter den US-Banken auf Platz 14 rangierende Institut musste das Misstrauen der Märkte gegenüber der Branche teuer bezahlen. Das ging so weit, dass sich elf der Konkurrenten, angefangen von JPMorgan Chase, mit Einwilligung der Behörden dazu verpflichtet haben, 30 Mrd. USD zur Verfügung zu stellen, um den Aderlass zu beenden und der Branche die vierte namhafte Pleite innerhalb eines Monats zu ersparen.

Crédit Suisse (-26 %): Die SNB ist der zweitgrößten Schweizer Bank zu Hilfe geeilt, was den Kurs am Donnerstag wieder um 19 % steigen ließ. Die Verschnaufpause war allerdings nur von kurzer Dauer, da der Markt dem Unternehmen das Vertrauen entzogen hat. Gerüchte zirkulierten über eine Annäherung mit der UBS unter Berner Ägide, doch die Bank mit den drei Schlüsseln scheint keine Eile zu haben, eine Rettungsaktion für ihre geschwächte Konkurrentin in die Wege zu leiten.

Keycorp (-26 %): Nach First Republic gerieten auch andere US-Banken ins Straucheln, darunter Keycorp. Nach einem Absturz um 27 % zu Beginn der Handelswoche ging es an den folgenden Handelstagen zum Teil wieder bergauf.

Société Générale (-18 %): Die Situation im europäischen Bankensektor hat sich noch einmal verschärft. Gründe hierfür sind nicht nur in den USA, sondern auch diesseits des Atlantiks zu suchen: Die Crédit Suisse erlebte als das am stärksten angeschlagene Institut in Europa einen regelrechten Sturzflug, bevor die Schweizerische Nationalbank mit einer Kreditlinie von 50 Mrd. CHF die Sparer beruhigte.

Shell (-13 %): Der Erdölpreis ist zuletzt deutlich gefallen, weil die Turbulenzen im Bankensektor den Sorgen um eine Rezession neue Nahrung gegeben haben. Der Preis für ein Barrel Brent nähert sich der Marke von 75 USD - ein Rückgang um mehr als 11 % in nur einem Monat. Innerhalb eines Jahres hat das schwarze Gold fast ein Viertel seines Wertes eingebüßt.
Chart Rohstoffe
Rohstoffe

Energie: Das Kind ist in den Brunnen gefallen. Ungeachtet der Rettungsaktion der Schweizerischen Nationalbank für die Crédit Suisse verstärkt der nunmehr zweite Warnschuss aus dem Bankensystem die Angst vor einer Konjunkturschwäche. Risikowerte, darunter auch Erdöl, gingen in der Folge auf Talfahrt. Schließlich wird in Phasen einer schwächelnden Konjunktur auch weniger Erdöl verbraucht. Kein Wunder also, dass Rohöl zur Wochenmitte besonders stark unter Druck geriet. Zusätzlich belastet wurde die Stimmung der Anleger durch die steigenden Rohöl-Wochenvorräte in den USA. Die Preise für die Nordseesorte Brent und die US-Referenzsorte WTI gaben auf 73 bzw. 67 USD pro Barrel nach. In Europa pendelte sich der Referenzpreis für Erdgas am niederländischen Handelsplatz bei 43 EUR/MWh ein.

Metalle: Die aktuellsten Konjunkturdaten aus China, die Aufschluss über den Zustand der dortigen Wirtschaft in den ersten beiden Monaten des Jahres geben, zeichnen ein überwiegend positives Bild. Nach dem schwierigen Jahr 2022, als die Wirtschaftsaktivitäten durch die restriktive Coronapolitik Pekings praktisch zum Erliegen gekommen waren, haben die Industrieproduktion und der private Konsum nun zur Aufholjagd angesetzt. Momentan treten diese Faktoren jedoch hinter den zunehmenden Rezessionsängsten zurück. Die Preise für Basismetalle verloren diese Woche an Boden. Eine Tonne Kupfer notiert an der Londoner Metallbörse bei etwa 8.500 USD, eine Tonne Aluminium kostet rund 2.260 USD. Dagegen feiert Gold mit einem deutlichen Wochenplus von fast 3 % sein Comeback. Damit befindet sich das Edelmetall nun seit drei Wochen in Folge im Aufwind, und zwar nicht zu knapp: Der Goldkurs kletterte in diesem Zeitraum von 1.815 auf satte 1.960 USD.

Agrarprodukte: Die Verhandlungen über Getreideausfuhren aus der Ukraine sind wieder Thema an den Finanzmärkten. Moskau und Kiew können sich nicht darauf verständigen, um wie viele Tage das derzeit geltende Abkommen verlängert werden soll. Während Russland die Laufzeit auf 60 Tage begrenzen will, pocht die Ukraine - analog zu den beiden früheren Vereinbarungen - auf eine Dauer von 120 Tagen. Die dadurch steigende Unsicherheit schlägt sich im Weizenpreis in Chicago nieder, der auf 705 Cent je Scheffel gestiegen ist.

Chart Rohstoffe
Makroökonomie

Marktstimmung: Keine Hochzeit und drei Todesfälle: Seit unserem letzten Wochenrückblick ist viel passiert. Die US-Behörden hatten zwischenzeitlich zwei Banken geschlossen und die Rettung einer dritten in Gang gesetzt. Dann eilte die Schweizerische Nationalbank der angeschlagenen Credit Suisse zu Hilfe, um einen "Bank Run" zu verhindern. Die Anleger scheinen davon auszugehen, dass die Politik der geldpolitischen Straffung Geschichte ist, denn sie stellen das Risiko einer Schwächung des Finanzsektors über das Inflationsrisiko. Zuletzt fielen die Aktienmärkte nicht so stark ab wie befürchtet, nachdem sie im Wochenverlauf durchaus in schweres Fahrwasser geraten waren. Am Anleihemarkt ging es bei sinkenden Renditen wieder deutlich aufwärts. Mehr dazu weiter unten in unserer Analyse der Position der Notenbanken nur wenige Tage vor einer wichtigen Zinsentscheidung der Fed.

Devisen: Dass die EZB trotz der Turbulenzen im Bankensektor nicht von ihrer Strategie abwich und weiter an der Zinsschraube drehte, verlieh dem Euro wieder etwas Auftrieb, sodass er auf 1,0633 USD stieg. Da die Märkte weniger als eine Woche vor der nächsten geldpolitischen Entscheidung der US-Notenbank Fed aber weiterhin eine abwartende Haltung einnehmen, fiel die Erholung nicht noch deutlicher aus. Eine ähnliche Position ist wohl auch beim Schweizer Franken und beim Pfund Sterling geboten, denn die SNB und die BoE folgen nächste Woche auf dem Fuße. 1 Euro kostete zum Wochenschluss 0,9867 CHF bzw. 0,8754 GBP.

Anleihen: Wie angekündigt hat die Europäische Zentralbank die Leitzinsen um 50 Basispunkte auf 3,50 % angehoben. Ansonsten herrscht eher Ungewissheit, denn Christine Lagarde wollte wohl noch keinen klaren Rahmen für eine Entscheidung für oder gegen weitere Zinsschritte vorgeben. Die Mitglieder des Direktoriums verschanzen sich hinter den bevorstehenden Veröffentlichungen von Konjunkturindikatoren. In einem Umfeld, in dem Bankenpleiten wieder Schlagzeilen machen, überrascht es zugegebenermaßen wenig, dass sich die EZB noch etwas mehr Spielraum lässt. In der nächsten Woche richtet sich am Mittwoch (22. März) die volle Aufmerksamkeit auf die US-Notenbank Fed, deren nächste geldpolitische Entscheidung an diesem Tag ansteht. Der Markt war sich zuletzt einig, dass eine Anhebung um 25 Basispunkte einstimmig beschlossen werden dürfte. Dennoch befindet sich die Fed aktuell in einer heiklen Lage. Nachdem sie gegenüber den Investoren den Kampf gegen die Inflation zu ihrem ureigenen Anliegen erklärt hat, könnte ein Treten auf der Stelle vom Markt äußerst kritisch aufgenommen werden. Abgesehen von dem Verlust der ohnehin schon angeschlagenen Glaubwürdigkeit würde man damit auch denjenigen Vorschub leisten, die davon ausgehen, dass sich eine systemische Bankenkrise à la 2008 zusammenbraut. In diesem Sinne ist das technische Muster bei den Anleihen ebenso aufschlussreich: Die Renditen 10-jähriger US-amerikanischer und deutscher Staatspapiere liegen nahe an den Wendepunkten bei 3,35 % bzw. 1,99 %. Ein Durchbrechen dieser Marken ließe sich als deutliches Signal für eine bevorstehende Rezession interpretieren. Gut informierten Anlegern dürften nun einige Lichter aufgehen.

Kryptowährungen: Der Bitcoin stemmte sich diese Woche gegen das Bankenchaos und legte um 18 % zu. Er erkundet damit neue Höchststände für das Jahr 2023. Bei Redaktionsschluss bewegte sich der Kurs um 26.200 USD. Risikoanlagen - so auch der Bitcoin - profitieren von der Hoffnung, dass die US-Notenbank die Leitzinsen weniger stark als erwartet anhebt. Für die vehementesten Verfechter der Schöpfung von Satoshi Nakamoto deutet die Aufwertung des Bitcoin vor dem Hintergrund der angespannten Lage der Banken darauf hin, dass die Digitalwährung ein sicherer Hafen sein könnte. Dennoch liegt der Bitcoin noch immer 62 % unter seinem historischen Tiefststand von 69.000 USD im November 2021.

Termine: Gehen wir es chronologisch an: Am Dienstag stehen der ZEW-Index zur Stimmung der Finanzexperten in Deutschland und eine Rede von Christine Lagarde auf dem Programm. Am Mittwoch folgen die britischen Inflationsdaten und die Leitzinsentscheidung der Fed. Am Donnerstag erwarten wir die geldpolitischen Entscheidungen der SNB und der BoE. Hinzu kommt an diesem Tag die wöchentliche US-Arbeitsmarktstatistik. Der Freitag bringt dann die vorläufigen März-Einkaufsmanagerindizes (Flash-PMIs) der führenden Volkswirtschaften und die US-Auftragseingänge für langlebige Wirtschaftsgüter.
Kurs und Volumen
Flucht nach vorn nach der Bankenpleite
Nach den jüngsten Pleiten der Silicon Valley Bank und der Signature Bank in den USA verliefen die letzten Wochen überaus turbulent. Zu Wochenbeginn packte die Marktteilnehmer die Angst: Sie stießen massiv Bankentitel ab, denn sie befürchteten eine systemische Ansteckung des gesamten Sektors. Als nächste von einem Zusammenbruch bedrohte Geldhäuser galten die schweizerische Credit Suisse und die US-amerikanische First Republic Bank. Doch praktisch in letzter Minute startete im ersten Fall die Schweizerische Nationalbank eine Rettungsaktion, während im zweiten Fall eine Gruppe von elf US-Großbanken zu Hilfe eilte. Nach den beschwichtigenden Reden der Notenbanker in Europa und den USA beruhigte sich die Entwicklung zum Wochenschluss. In der nächsten Woche stehen noch einige Ergebnisveröffentlichungen an, etwa von Nike und RWE am Dienstag sowie von Accenture, General Mills und Bolloré am Donnerstag - um nur die wichtigsten Namen zu nennen. Wir wünschen Ihnen allen ein schönes Wochenende!
*Die Wochenperformance der Indizes und Aktien bezieht sich auf den Zeitraum von der Eröffnung der Märkte am Montag bis zur Erstellung dieses Newsletters am Freitag.
Die Wochenperformance von Rohstoffen, Edelmetallen und Währungen bezieht sich auf den 7-Tage-Zeitraum von Freitag bis Freitag (bis zur Erstellung des Newsletters). Diese Vermögenswerte notieren auch an Wochenenden.