Angesichts der bevorstehenden Berichtssaison dies- und jenseits des Atlantiks herrschte zum Wochenschluss größere Vorsicht als zu Wochenbeginn. Die restriktiven Töne der Währungshüter und die durchwachsenen US-Konjunkturdaten veranlassten die Marktteilnehmer zu einigen Gewinnmitnahmen. Die Ungewissheit über die weltwirtschaftlichen Aussichten und das Ausmaß der nächsten Zinserhöhungen dürfte daher weiter vorherrschen und die Volatilität an den Märkten verstärken.
Wochenperformance*
DAX
15033  -0.35%Chart
STOXX EUROPE 600
452.12  -0.09%
Chart STOXX EUROPE 600
S&P 500
3972.61  -0.66%
Chart S&P 500
NIKKEI 225
26553.53  +1.66%
Chart NIKKEI 225
GOLD
1925.82$  +0.46%
Chart GOLD
BRENT OIL
87.58$  +2.88%
Chart BRENT OIL
EURO / US DOLLAR
1.09$  +0.30%
Chart EURO / US DOLLAR
Tops / Flops der Woche

Tops

Seadrill 
(+17 %): Ebenso wie der Preis des schwarzen Goldes erholte sich auch der Kurs des norwegischen Dienstleisters der Öl- und Gasbranche. Die US-Referenzsorte WTI legte im Wochenverlauf wieder auf über 80 USD pro Barrel zu.

Webuild (+15 %): Dank günstiger Übernahmen startete das italienische Bauunternehmen stark ins neue Jahr, nachdem der Kurs im überaus schwierigen Jahr 2022 um mehr als ein Drittel eingebrochen war.

National Instruments (+15 %): Emerson Electric hat ein feindliches Übernahmeangebot für 53 USD je Aktie lanciert, da man sich mit der Unternehmensleitung auf keinen Kompromiss einigen konnte. Der Kaufinteressent war bereits nach einem ersten Gebot von 48 USD abgewiesen worden.

Cellnex (+14 %): Nach aufkommenden Gerüchten über eine Übernahme durch American Tower und Brookfield Asset Management schnellte die Aktie des Mobilfunkmastbetreibers in die Höhe. Der Kurssprung und der jüngst vermeldete Rücktritt des Cellnex-Chefs heizen die Spekulationen weiter an.

Lufthansa (+9 %): Die deutsche Fluggesellschaft gilt als einziger Interessent für eine Minderheitsbeteiligung an ITA Airways. Der Markt bewertet dies positiv, da es damit zu keinem Bieterwettstreit kommt. Ganz im Gegensatz zur italienischen Regierung, die von der Meldung alles andere als begeistert sein dürfte.

Flops

Charles Schwab (-8 %): Die Quartalszahlen des US-Finanzkonzerns wurden vom Markt als schwach eingestuft. Seit letzter Woche erhalten die Anleger widersprüchliche Signale von den US-Banken: Einige konnten sich gut behaupten, andere enttäuschten auf ganzer Linie.

Ericsson (-9 %): Das schwedische Unternehmen vermeldete einmal mehr Quartalsergebnisse, die hinter den Erwartungen zurückblieben. Trotz seiner führenden Position auf einem oligopolistischen Ausrüstungsmarkt für Mobilfunknetze fällt es Ericsson schwer, die Anleger zu überzeugen.

Continental (-10 %): Der deutsche Reifenhersteller und Ausrüster der Automobilindustrie veröffentlichte unerwartet schwache vorläufige Geschäftszahlen.

EQT (-10 %): Das Jahr 2022 gestaltete sich für den Investmentsektor schwierig: Die Gewinne brachen ein und wurden durch Wertberichtigungen geschmälert. Dies hielt EQT jedoch nicht davon ab, seine Dividende zu erhöhen.

Emerson Electric (-11 %): Der Markt stuft das oben erwähnte feindliche Übernahmeangebot für National Instruments als zu hoch ein. Im Erfolgsfall macht es ein solches Angebot schwieriger, Synergien zu realisieren.

Wise (-14 %): Der britische Zahlungsdienstleister hat seine Prognosen zwar angehoben, doch zeigten sich die Anleger nicht gerade begeistert von den schwachen Volumina, die für das Unternehmen turbulentere Zeiten verheißen.

Dr. Martens (-33 %): Kalte Dusche für den berühmten Schuhhersteller: Die Finanzkennzahlen zum Jahresende 2022 verfehlten die Erwartungen.

Chart Rohstoffe
Rohstoffe

Energie: Für die Ölmärkte war der Monatsbericht der Internationalen Energieagentur (IEA) das Highlight der Woche. Insgesamt geht die IEA davon aus, dass die Aufhebung der COVID-19-Beschränkungen in China die weltweite Nachfrage ankurbeln dürfte, da auf Peking fast die Hälfte des betreffenden Volumens entfällt. Die Nachfrage dürfte im Laufe dieses Jahres um 1,9 Mio. Barrel pro Tag steigen. Legt man diese Annahme zugrunde, würde die Welt 2023 mit einer globalen Nachfrage von 101,7 Mio. Barrel pro Tag so viel Öl verbrauchen wie nie zuvor. Die Agentur betrachtet China jedoch als Joker, da die Geschwindigkeit der Wiederöffnung der dortigen Wirtschaft die genannten Prognosen auch völlig über den Haufen werfen könnte. Die Preise für die Nordseesorte Brent und die US-Referenzsorte WTI stiegen moderat auf 86,50 bzw. 81 USD pro Barrel. Zum Erdgas: Hier bleibt der Referenzpreis am Handelsplatz TTF in Rotterdam trotz der nun winterlichen Temperaturen auf dem alten Kontinent weiter unter Druck. Zuletzt lag er bei rund 60 EUR/MWh.

Metalle: Die Stimmung im Segment Basismetalle ist unverändert optimistisch und das Wiederhochfahren der chinesischen Wirtschaft lässt die Metallpreise weiter steigen. Kupfer notiert nach wie vor über 9.000 USD pro Tonne und markierte bei ca. 9.500 USD einen Höchststand. Im Bereich der Edelmetalle legte der Preis für eine Feinunze Gold in der abgelaufenen Handelswoche erneut zu und liegt nun bei 1.930 USD.

Agrarprodukte: Die Getreidepreise an der Börse in Chicago bewegten sich diese Woche kaum. Weizen und Mais werden aktuell mit 730 bzw. 670 Cent je Scheffel gehandelt. Die Marktteilnehmer verfolgen aufmerksam die Ernteentwicklung in Argentinien. Das Land leidet Anfang dieses Jahres unter einer extremen Trockenheit, die zu großen Verlusten bei der Maisernte führt.

Chart Rohstoffe
Makroökonomie

Marktstimmung: Nur nicht verunsichern lassen. Anleger klammern sich derzeit vor allem an zwei Dinge: die Lockerung der Geldpolitik und die Hoffnung, dass Chinas Wirtschaft wieder in Gang kommt. Die Zentralbanken in Europa und den USA bemühen sich zwar, den gegenwärtigen Optimismus zu dämpfen, doch die Aktien- und Rentenmärkte zeigen sich davon relativ unbeeindruckt. Die erneute Zuversicht mit Blick auf China wird derzeit vor allem durch die Intuition der Anleger genährt und weniger durch nachweisliche Signale, abgesehen von der automatischen Verbesserung der Lage durch die Beendigung der Null-Covid-Politik.

Devisen: Das Festhalten an der japanischen Geldpolitik belastete den Yen, der inzwischen bei 129 JPY je USD notiert, nachdem er zu Wochenbeginn noch näher bei 128 JPY gelegen hatte. Bislang ist eine heftige Bewegung jedoch ausgeblieben. In dieser Handelswoche tanzte das Pfund Sterling aus der Reihe und legte auf 1,2360 USD zu. Denn der Markt erwartet, dass die Bank of England ihre strikte Geldpolitik fortsetzen wird, während die US-Notenbank Fed und die EZB über ihren künftigen Kurs zögern. Das Lohnwachstum in Großbritannien ist besonders stark, sodass eine Inflationsspirale befürchtet wird. Der Euro notiert bei 1,0848 USD bzw. 0,9963 CHF.

Anleihen: Zum Ende einer Handelswoche, die in den USA wegen des am Montag zum Gedenken an Martin Luther King begangenen Feiertages kürzer ausfiel und in der keine maßgeblichen makroökonomischen Daten veröffentlicht wurden, entwickelten sich die Anleihemärkte weiter rückläufig. Nachdem die Rendite 10-jähriger US-Treasuries zum Monatsbeginn auf 3,90 % gefallen war, testeten diese nun ihre Tiefststände vom Dezember letzten Jahres um 3,40/3,35 % aus. Diese Unterstützungszone, die auch dem unteren Ende des seit März 2022 laufenden Aufwärtskanals entspricht, wird in den kommenden Wochen richtungweisend sein. Die Rendite 10-jähriger deutscher Bundesanleihen näherte sich der Marke von 1,93 %, erreichte sie aber zunächst nicht und bewegte sich dann erneut um den gleitenden 34-Tage-Durchschnitt von 2,16 %. Nächste Woche stehen das US-amerikanische BIP für das 4. Quartal und die Konsumausgaben der Privathaushalte im Mittelpunkt des Anlegerinteresses. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.

Kryptowährungen: Der Bitcoin verbuchte mit einem Plus von 28 % seit dem 1. Januar den besten Jahresstart seit 2015. Nach dem explosionsartigen Anstieg der Vorwoche stabilisierte sich die digitale Währung mit +1 % in dieser Woche und pendelte bei Redaktionsschluss um die 21.000 USD. Die weltweite Marktkapitalisierung von Kryptowährungen nähert sich allmählich der 1-Billionen-Dollar-Marke. Die aktuelle Erholung ist zwar Balsam für die Seele der Kryptoanleger, macht aber das Katastrophenjahr 2022 noch lange nicht wett.

Termine: In Asien beginnt das neue Mondjahr. Daher bleiben die Börsen in Festlandchina die ganze Woche geschlossen, während in Hongkong nur am Donnerstag und Freitag das Parkett für den Handel geöffnet ist. Am Dienstag werden in den westlichen Volkswirtschaften die ersten Einkaufsmanagerindizes für 2023 erwartet. Am Mittwoch wird in Deutschland der Ifo-Geschäftsklimaindex veröffentlicht. In der zweiten Wochenhälfte beherrschen die USA die Bühne. Am Donnerstag stehen eine erste BIP-Schätzung für das 4. Quartal 2022 und die Auftragseingänge für langlebige Wirtschaftsgüter auf dem Programm. Am Freitag folgen der aktuelle Verbraucherpreisindex und die zweite Veröffentlichung des Verbrauchervertrauensindex der Universität Michigan.
Kurs und Volumen
Enttäuschte Hoffnung auf Kurswechsel
Nach einem glänzenden Start ins neue Jahr in Europa und Asien sowie einem recht positiven Auftakt in den USA gaben die Märkte zum Wochenschluss leicht nach. Und das aus gutem Grund: Während der Markt auf ein Ende der Preissteigerungen gehofft hatte, befürchten die Notenbanken einen Zweitrundeneffekt, bei dem Dienstleistungen die Inflation anheizen. Die restriktive Geldpolitik könnte daher länger als vorgesehen anhalten. Fed-Mitglied James Bullard sprach sogar von einer möglichen Leitzinserhöhung auf 7 Prozent. Der ersehnte geldpolitische Kurswechsel wird vermutlich noch länger auf sich warten lassen. Die Schlüsselfrage im Jahr 2023 lautet daher: Werden die Zentralbanken und insbesondere die US-Notenbank Fed in der Lage sein, die Inflation einzudämmen, ohne eine Rezession auszulösen?
*Die Wochenperformance der Indizes und Aktien bezieht sich auf den Zeitraum von der Eröffnung der Märkte am Montag bis zur Erstellung dieses Newsletters am Freitag.
Die Wochenperformance von Rohstoffen, Edelmetallen und Währungen bezieht sich auf den 7-Tage-Zeitraum von Freitag bis Freitag (bis zur Erstellung des Newsletters). Diese Vermögenswerte notieren auch an Wochenenden.