Samstag
3. Juli
Börsen-Update der Woche
intro Europa erlebte einen eher negativen Wochenauftakt: Aufgrund der schnellen Ausbreitung der Delta-Variante zeigten sich die Märkte erneut besorgt, dass die Corona-Pandemie wieder aufflammen und die konjunkturelle Erholung zunichtemachen könnte. Dennoch konnten die Leitindizes ihre Verluste reduzieren, und in den USA wurden ausgehend von soliden Konjunkturdaten und einem erneuten Ölpreisanstieg eine Reihe neuer Rekorde aufgestellt. Die am Freitag veröffentlichten monatlichen Arbeitsmarktdaten führten an den Märkten zu einer Beruhigung, da die Zahl der neu geschaffenen Arbeitsplätze deutlich über den Erwartungen lag.
Indizes

In dieser Woche bewegten sich die asiatischen Indizes mehrheitlich in die Verlustzone: Der Nikkei, der Shanghai Composite und der Hang Seng schlossen mit einem Wochenminus von 1 %, 2,4 % bzw. 3,4 %.
In Europa zeigte sich ein gemischtes Bild: Der DAX konnte erneut zulegen und näherte sich seinem am 14. Juni erreichten Höchstwert von 15.802 Punkten. Beflügelt wurde er von der herausragenden Performance von Adidas und der Kurserholung von Delivery Hero, sodass Gewinnmitnahmen im Automobilsektor nicht ins Gewicht fielen. Auch der MDAX bewegte sich wieder auf Rekordniveau und beendete die Woche knapp unter 34.500 Punkten. Dazu hatten E-Commerce-Titel (Scout24, HelloFresh) wesentlich beigetragen. Dagegen verzeichnete Knorr-Bremse einen Kurssturz, nachdem das Unternehmen seine Absicht der Übernahme von Hella kundgetan hatte.
Im übrigen Europa verlor der CAC 40 an Terrain und der FTSE 100 entwickelte sich weitgehend seitwärts. Sein spanisches Pendant zeigte insgesamt die schwächste Performance und sackte um 2 % ab. Auch der italienische Leitindex gab um 0,8 % nach.
Exakt gegenläufig verlief die Entwicklung in den USA: Der Dow Jones verbuchte ein Plus von 0,6 %, während der S&P 500 und der Nasdaq 100 erneut Rekordhöhen erreichten und in dieser Woche um 0,9 % bzw. 1,5 % anzogen.

DAX übertrumpft IBEX über weite Strecken

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Rohstoffe

Die Ölmärkte scheinen eine Verschnaufpause einzulegen, denn die volle Aufmerksamkeit richtet sich auf das Treffen der 13 OPEC-Staaten, die erneut um eine Einigung ringen. Dabei muss eine Entscheidung über die Fördermengen ab August fallen. Das Angebot dürfte in den kommenden Monaten zwar steigen, jedoch besteht noch Uneinigkeit über das Schrittmaß. Vor diesem Hintergrund stabilisierte sich der Brent-Ölpreis auf seinem Höchststand um 75,6 USD, während die US-Referenzsorte WTI an Boden gewinnt und die Woche bei 75 USD beendete.
Gold und Silber setzen ihre Seitwärtsbewegung fort. Es zeichnen sich also keine neuen Entwicklungen ab. Die Anleger bevorzugen risikoreiche Anlagen und wollen an das Szenario eines lediglich kurzzeitigen Inflationshochs glauben. Anzumerken ist, dass die 10-jährigen Realzinsen in den USA weiter sinken, was allerdings keinen nennenswerten Einfluss auf den Goldpreis hat. Das Edelmetall notiert bei 1.785 USD, die Unze Silber kostet aktuell 26,2 USD. Im Metallsektor herrscht am Kupfermarkt eine abwartende Haltung, doch der Preis ist seit Jahresbeginn um mehr als 20 % gestiegen.
Bei den Agrarrohstoffen hat sich der Maispreis erneut stark auf 720 Cent je Scheffel verteuert. In seinem jüngsten Bericht legte das US-Landwirtschaftsministerium (USDA) relativ konservative Schätzungen für die US-Anbauflächen vor. Dies wird die Preise vermutlich in die Höhe treiben, da auch die Nachfrage in China weiterhin robust ist.

Entwicklung des Maispreises

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Aktien

Hella: Welcher Kaufinteressent macht das Rennen?

Viel Wirbel gab es in den letzten Wochen um den deutschen Automobilzulieferer Hella. Im April hatte das Manager Magazin berichtet, die Industriellenfamilie Hueck habe die Investmentbank Rothschild beauftragt, Kaufangebote für ihr 60-Prozent-Paket an Hella einzuholen. Daraufhin hatte die Aktie am 27. April um 13 % zugelegt. Einen Monat später setzte der Titel erneut zu einem Höhenflug um 10 % an, als im selben Blatt ein Artikel über das rege Interesse potenzieller Käufer an dem aktuell knapp 6,5 Milliarden EUR schweren Unternehmen erschienen war. Neben bekannten Private-Equity-Fonds wie Bain, Advent oder Blackstone nannte das MM dabei auch Kandidaten aus der Branche, wie ZF Friedrichshafen, die französischen Zulieferer Faurecia und Compagnie Plastic Omnium oder den chinesischen Hasco-Konzern.
Den ersten Schritt hat nun die Knorr-Bremse AG diese Woche mit der Bekundung ihres grundsätzlichen Interesses am Erwerb des Aktienpakets gewagt. Allerdings befänden sich die Gespräche in einem sehr frühen Stadium und es sei noch unklar, ob es zu einer Transaktion kommen werde. Am Markt stieß die Nachricht auf wenig Wohlwollen: Aus Wochensicht verlor der Titel des Bremsenspezialisten für Schienen- und Nutzfahrzeuge mehr als 10 %. Anlass genug für die Nachrichtenagentur Reuters, daran zu erinnern, dass Faurecia und Plastic Omnium immer noch Interesse an Hella hätten, dessen Kurs am Dienstag auf ein Rekordhoch von 61,90 EUR kletterte.
Angesichts der zahlreichen potenziellen Käufer wird der Titel des Lippstädter Unternehmens mit einem spekulativen Kursaufschlag gehandelt, der ihm eine deutlich über dem Branchendurchschnitt liegende Bewertung beschert.

Kurseinbruch von Knorr-Bremse nach Interessenbekundung an Hella

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Anleihen

Anleihen der westlichen Industriestaaten tendierten in dieser Woche nach unten und folgten dabei den 10-jährigen US-Staatsanleihen, deren Rendite auf 1,43 % fiel. In Europa verzeichnen deutsche Bundesanleihen nach wie vor eine negative Rendite von -0,24 %, während französische Staatsanleihen aktuell unter 0,10 % notieren. Die Rendite spanischer und portugiesischer Papiere ist auf 0,33 % gesunken. Italienische Anleihen liegen wieder bei 0,77 % und somit knapp unter der Rendite griechischer Anleihen (0,78 %). Der Spread zwischen deutschen Bundesanleihen und italienischen Staatspapieren beläuft sich erneut auf ca. 100 Basispunkte.
Devisen

Der US-Dollar hat seinen Mitte Mai begonnenen Aufwärtstrend gegenüber dem Euro fortgesetzt. Mitte Juni hatte die US-Währung nach der Ankündigung der Fed, die Märkte auf eine restriktivere Geldpolitik einstellen zu wollen, ihren Vorsprung noch einmal ausgebaut. Die Gemeinschaftswährung ist damit innerhalb von anderthalb Monaten von 1,23 USD auf 1,18229 USD gefallen. Zuletzt hat der Greenback unter anderem durch die Ausbreitung der Delta-Variante des Coronavirus in einigen Regionen, vor allem in Europa und Asien, Auftrieb erhalten und sich sogar gegenüber dem Schweizer Franken behauptet (0,9256 CHF). Dabei betonen Devisenhändler, dass der robuste Ölpreis von rund 75 USD je Barrel der Nordseesorte Brent den US-Dollar in seinem Höhenflug wohl sogar noch etwas gebremst habe. Etwas Rückenwind für den Euro kam am Freitag von den US-Arbeitsmarktdaten für Juni, die zwar ein sehr dynamisches Stellenwachstum, aber keine Verbesserung der Arbeitslosenquote aufzeigten.
Konjunkturdaten

Die makroökonomischen Daten aus China fielen enttäuschend aus. Der Einkaufsmanagerindex (PMI) für das verarbeitende Gewerbe lag bei 50,9 Punkten (Vormonat: 51), und der PMI für den Dienstleistungssektor ging auf 53,5 zurück (Vormonat: 55,2). In der Eurozone übertrafen die Konjunkturdaten hingegen größtenteils die Erwartungen. Der PMI stieg auf 63,4 Punkte, die Arbeitslosenquote fiel auf 7,9 % und der Verbraucherpreisindex lag mit +1,9 % im Rahmen der Analystenschätzungen.
In den USA ergab sich ein deutlich schwächeres Bild. Der Chicago PMI stürzte auf 66,1 Zähler ab (Vormonat: 75,2), der ISM-Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe fiel auf 60,6 Punkte und die Bauausgaben sanken um 0,3 %. Nur der vom Conference Board veröffentlichte Verbrauchervertrauensindex stieg auf 127,3.
Was die Lage am Arbeitsmarkt angeht, wurden nach ADP-Angaben in der Privatwirtschaft 692.000 neue Stellen geschaffen, während die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe den niedrigsten Stand seit Beginn der Pandemie erreichten (364.000). Höhepunkt der Woche war der monatliche Arbeitsmarktbericht. Demnach ist die Arbeitslosenquote leicht auf 5,9 % gestiegen, doch im Berichtsmonat wurden 850.000 neue Stellen geschaffen und der Stundenlohn hat sich um 0,3 % erhöht.
Die Dringlichkeit des Abwartens

Die Finanzmärkte tendieren weiterhin aufwärts, doch die europäischen Indizes scheinen in den letzten Wochen ein Plateau erreicht zu haben. Denn die üppigen Zugewinne des ersten Halbjahres müssen erst einmal verdaut werden. Im Vorfeld der ersten Anzeichen für eine Normalisierung der Geldpolitik der Notenbanken nehmen die Anleger eine Feinabstimmung ihrer Strategien vor. Die US-Notenbank Fed dürfte den Weg vorgeben, den Märkten aber auch vermitteln, dass es jetzt vor allem darauf ankommt, noch abzuwarten. Auf der Unternehmensebene beginnt die Halbjahresberichtssaison voraussichtlich in etwa zehn Tagen. Daraus sollten sich einige Schlüsse zur Entwicklung in der zweiten Jahreshälfte ziehen lassen, insbesondere mit Blick auf die Auswirkungen von Engpässen in den Lieferketten und in der Seefracht auf die weitere Gewinnentwicklung.