Die US-Inflationsdaten waren diese Woche deutlich besser als erwartet und zeigten eine Verlangsamung. Infolgedessen nahm die Risikobereitschaft der Marktteilnehmer spürbar zu. Diese setzen nun auf ein Ende des geldpolitischen Straffungszyklus und eine erste Zinssenkung in den USA zum Ende des 1. Quartals 2024. An den Finanzmärkten ging es somit bergauf und der Nasdaq 100 notierte nur knapp 6% unter seinem absoluten Rekord vor zwei Jahren.
Wochenperformance*
STOXX EUROPE 600
455.82  +2.82%
Chart STOXX EUROPE 600
S&P 500
4514.02  +2.24%
Chart S&P 500
NIKKEI 225
33585.20  +3.12%
Chart NIKKEI 225
GOLD
1980.62$  +2.07%
Chart GOLD
BRENT OIL
80.55$  -0.75%
Chart BRENT OIL
EURO / US DOLLAR
1.09$  +2.07%
Chart EURO / US DOLLAR
Tops / Flops der Woche

TOPS

Hotel Chocolat (+169%): Der britische Schokoladenhersteller mit einer überschaubaren Marktkapitalisierung von 164 Mio. GBP erlebte ein wahres Kursfeuerwerk. Der US-Gigant Mars übernimmt den Hersteller und Händler von Edelschokolade für 534 Mio. GBP und baut damit seine Präsenz im Vereinigten Königreich (wo Hotel Chocolat 130 Geschäfte betreibt) und auf internationaler Ebene aus.

Alfen (+37%): Die Aktie von Alfen hatte seit den Kurshochs im September 2022 deutlich an Wert verloren, konnte nun aber wieder Boden gutmachen. Der niederländische Spezialist für Energielösungen der Zukunft übertraf mit seinen Quartalsergebnissen leicht die Erwartungen und vermeldete eine Verbesserung der Auftragslage. Daraufhin hob das Analysehaus Portzamparc sein Kursziel für die Aktie an, deren Kurs seit dem 1. Januar um fast 43% gefallen ist.

Siemens Energy (+24%):  Die Herausforderungen im Windkraftsektor (höhere Materialpreise, steigende Zinsen, Lieferprobleme) und das Debakel um die spanische Tochtergesellschaft Siemens Gamesa hatten dem deutschen Energieversorger zuletzt sichtlich zugesetzt. Nun erhält Siemens Energy Unterstützung aus Berlin: ein 15 Mrd. EUR schweres Hilfspaket in Form von Garantielinien zur Fortsetzung der Investitionen. Im Gegenzug hat das Unternehmen zugesagt, 18% der indischen Tochtergesellschaft Siemens Ltd. zu veräußern. Das ließ die Marktteilnehmer frohlocken.

Delivery Hero (+22%), Just Eat Takeaway (+17%): Der deutsche Lieferdienst Delivery Hero erzielte unerwartet hohe Quartalseinnahmen und schraubte seine Jahresprognose zum Bruttowarenwert (GMV) nach oben. Außerdem hat sich die Rentabilität verbessert: Ohne Südkorea ist das EBITDA inzwischen positiv. Kein Wunder also, dass der chinesische Liefergigant Meituan mit Delivery Hero Gespräche über eine mögliche Übernahme des Südostasien-Geschäfts führt. Davon profitierte auch das niederländische Pendant Just Eat Takeaway, das vor einem Monat seine Jahresprognosen angehoben hatte.

Target (+20%): Target lässt sich von der Inflation nicht unterkriegen. Der Quartalsumsatz des Einzelhändlers ging nicht so stark zurück wie erwartet, der Gewinn stieg im Jahresvergleich überraschend stark um 36% und die Bruttomarge kletterte auf 27,4%. Das Unternehmen rechnet für die letzten drei Monate des Jahres mit einer merklichen Erholung und visiert einen weit über den Erwartungen liegenden Gewinn an. Dadurch könnte der Aktienkurs, der seit Jahresbeginn um fast 13% abgerutscht ist, wieder Aufwind erhalten.

Williams Sonoma (+16%): Der US-Einrichtungsspezialist meldete zwar einen Umsatzrückgang um 15,5%, übertraf mit seinem Quartalsüberschuss aber trotzdem die Erwartungen. Dank der sich normalisierenden Transportkosten gelang es dem Einzelhändler, die Bruttomarge von 41,5% auf 44,4% zu steigern. Bei seinem Geschäftsjahresausblick bleibt er aufgrund der "anhaltenden Zurückhaltung der Verbraucher" dennoch vorsichtig.

Infineon Technologies (+15%): Der deutsche Halbleiterhersteller gab über den Erwartungen liegende Quartalsergebnisse mit Umsatz- und Margenzuwächsen bekannt. Zudem fiel der Ausblick des Konzerns vielversprechend aus, denn man will den Rekordjahresumsatz von 16,3 Mrd. EUR im nächsten Geschäftsjahr nochmals übertreffen und auf 17 Mrd. EUR steigern. Eine frische Brise also, die den Wettbewerbern der Branche entgegenweht.

Eramet (+9%): Eramet hat seine Zielvorgaben für das Automobilsegment bestätigt. Der französische Bergbaukonzern eröffnete diese Woche in Trappes eine Pilotanlage für das Recycling von Elektrofahrzeug-Batterien - den "kleinen Bruder" des Betriebsstandorts, der in einigen Jahren in Dunkerque entstehen soll. Das technische Verfahren ist aus einer Kooperation mit Suez hervorgegangen und wird es dem Unternehmen ermöglichen, Lithium, Kobalt und Nickel aus Altbatterien wiederzugewinnen.

FLOPS

MorphoSys (-21%): Das deutsche Biopharmaunternehmen leidet bereits unter hohen Kosten für Forschung und Entwicklung. Im 3. Quartal ging infolge der niedrigeren Erlöse aus dem Lizenzierungsgeschäft auch noch der Umsatz um über ein Drittel zurück. Der Konzern konnte aber seinen Verlust verringern und bestätigte seinen Geschäftsjahresausblick. Zudem wolle man früher als erwartet die Ergebnisse der Studie zum Krebsmedikament Pelabresib vorlegen. Eine positive Reaktion des Marktes auf diese Ankündigung blieb jedoch aus.

HelloFresh (-19%): Kalte Dusche für HelloFresh: Nur einen Monat nach Veröffentlichung der Quartalszahlen musste das Unternehmen seine Prognosen für Gewinn und Umsatzwachstum im Geschäftsjahr nach unten korrigieren. Dem deutschen Anbieter von Kochboxen bereiten unter anderem Verzögerungen und Probleme mit seiner neuen Produktionsstätte in den USA Schwierigkeiten. Zudem verliert das Geschäftsmodell nach dem Ende der Coronapandemie an Dynamik. Angesichts dieser Meldungen senkten mehrere Analysten ihr Kursziel.

Cisco Systems (-9%): Der US-amerikanische Technologiekonzern ließ sich im Berichtsquartal nicht lumpen: Sowohl die Umsatzerlöse als auch das bereinigte Ergebnis legten zu und übertrafen die Erwartungen. Andererseits senkte das Unternehmen die Geschäftsjahresprognosen für Umsatz und Gewinn, nachdem sich die Nachfrage nach Netzwerkausrüstungen abgeschwächt hatte. Der Jahresumsatz soll nun nur noch 53,8 bis 55 Mrd. USD erreichen, die Analystenschätzung hatte dagegen bei 57,89 Mrd. USD gelegen.

Entain (-8%): Noch vor zwei Wochen hatte der britische Online-Glücksspiel- und Wettanbieter im Zuge der Veröffentlichung seiner Geschäftszahlen einen Anstieg der Nettospielerlöse um 7% im 3. Quartal 2023 bekannt gegeben. Nun geriet die Aktie jedoch infolge von angepassten Analystenempfehlungen in schweres Fahrwasser: Berenberg hat sein Kursziel gesenkt und Exane BNP stufte seine Empfehlung für die Aktie herab.

Alstom (-6%): Für den französischen Bahntechnikkonzern kamen drei negative Aspekte zum Tragen: Zum einen kündigte das Unternehmen an, den ehemaligen CEO von Safran, Philippe Petitcolin, zum Verwaltungsratsvorsitzenden zu ernennen. Er folgt in dieser Funktion auf Henri Poupart-Lafarge, der weiterhin Konzernchef bleibt. Um die Bilanz zu stärken und die Besorgnis über die Verschuldung zu zerstreuen, will man zum anderen ein Programm zur Veräußerung von Vermögenswerten initiieren, darunter die 20-prozentige Beteiligung am russischen Waggonhersteller Transmashholding, die bis Ende 2023 abgestoßen werden soll. Des Weiteren erwägt man eine Kapitalerhöhung.

Burberry (-7%): Der britische Luxusgüterkonzern wurde wegen einer Gewinnwarnung für das laufende Geschäftsjahr abgestraft. Dem Unternehmen zufolge erscheint es angesichts der schwächelnden Nachfrage nach High-End-Produkten unwahrscheinlich, dass das Umsatzziel für das Geschäftsjahr noch erreicht wird.
Chart Rohstoffe
Rohstoffe

Energie: Die Ölpreise gingen diese Woche weiter zurück und sanken damit die vierte Woche in Folge. Die Stimmung an den Ölmärkten hat sich rasch gedreht, und die Marktteilnehmer rechnen nun damit, dass die Marktlage weniger angespannt sein wird als erwartet. Der Anstieg der wöchentlichen US-Vorräte bestätigte diesen Trend mit einem Plus von 3,6 Mio. Barrel (Analystenschätzungen: 2,5 Mio.). Diese Preisschwäche könnte allerdings die OPEC und insbesondere Saudi-Arabien dazu veranlassen, ihre Förderung weiter zu drosseln. Riad könnte seine Ölförderkürzung (ca. 1 Mio. Barrel täglich) nächstes Jahr sogar verlängern, um den Rohölpreis zu stützen. Am 26. November trifft sich das Ölkartell übrigens in Wien. Die Nordseesorte Brent kostete ca. 78,30 USD, während das US-Pendant WTI bei rund 74 USD notierte.

Metalle: Anders als die Ölpreise stehen die Preise für Industriemetalle nicht unter Druck. Sie tendierten in London allgemein erfreulich, mit Ausnahme von Nickel, das seine Talfahrt fortsetzte und die Woche bei 16.900 USD beendete. Die Preise für Kupfer stiegen auf 8.165 USD, für Zink auf 2.570 USD und für Blei auf 2.270 USD. Diese solide Preisentwicklung hing mit den aktuellen Zahlen aus China zusammen. Die Industrieproduktion erhöhte sich im Oktober um 4,6% gegenüber dem Vorjahr und übertraf damit leicht die Konsensschätzung von +4,5%. Goldanleger freuen sich zweifellos über die sinkenden Anleiherenditen. So näherte sich das Edelmetall erneut der Marke von 2.000 USD je Feinunze.

Agrarprodukte: Die Getreidepreise an der Börse in Chicago schwankten diese Woche kaum. Der Maispreis stabilisierte sich bei 490 Cent je Scheffel und der Weizenpreis lag bei 580 Cent.
Chart Rohstoffe
Makroökonomie

Marktstimmung: Wann sinken die Zinsen? Die wichtigste Schlagzeile war diese Woche sicherlich die Veröffentlichung eines Verbraucherpreisindex, der für Zündstoff sorgte. Das Szenario einer weichen Landung wird angesichts der Kontrolle über die Inflation wahrscheinlicher. Die US-Kerninflation (Core CPI) lag bei +4,0% gegenüber dem Vorjahr und damit unter der Prognose von +4,1%. Im Nachgang der Veröffentlichung fiel die Rendite zweijähriger US-Staatsanleihen um 18 Basispunkte. Gleichzeitig liegt die Wahrscheinlichkeit, dass die Notenbank Fed auf ihrer Sitzung am 13. Dezember alles beim Alten lässt, inzwischen bei 100%. Im Mittelpunkt des Narrativs steht weiterhin ein schneller Rückgang der Inflation unter das Ziel der Fed im 1. Quartal 2024, flankiert von weiterhin soliden Unternehmensergebnissen.

Abgesehen von der Inflation blieben aber auch die US-Erzeugerpreise und die US-Industrieproduktion im Oktober hinter den Erwartungen zurück und schürten damit die Hoffnungen der Marktteilnehmer mit Blick auf die Zinsentwicklung. Die Stärke der Einzelhandelsumsätze und des Empire State Index sorgten nicht für einen Dämpfer. Die Konjunkturdaten in China sind nach wie vor durchwachsen: Während der Konsum langsam in Gang kommt, steckt der Immobilienmarkt unverändert in der Krise. In Europa entsprachen die endgültigen Inflationszahlen für Oktober den vorläufigen Werten und gingen zurück. Die Teuerung im Vereinigten Königreich folgte diesem Trend.

Kryptowährungen: Der Bitcoin beendete seinen Aufwärtstrend der letzten fünf Wochen: Seit Montag gab die Digitalwährung um 2% nach und bewegte sich bei Redaktionsschluss erneut nahe der Marke von 36.300 USD. Der Ether folgte auf dem Fuße, büßte jedoch noch stärker als der Marktführer ein und fiel um 4% unter die psychologische Schwelle von 2.000 USD. Die Kryptoanleger halten immer noch an der Idee fest, dass die Einführung eines Bitcoin-Spot-ETFs die lang ersehnte Brücke von der traditionellen Finanzwelt zum direkten Engagement in Bitcoin schlagen wird, was wiederum dazu führen könnte, dass neues Kapital in den BTC fließt. Bis dato ist völlig ungewiss, ob es tatsächlich dazu kommt, und die US-Börsenaufsicht SEC hat bislang auch noch kein grünes Licht für die Markteinführung eines solchen Börsenprodukts gegeben. Allerdings dürfte sich die Behörde in den kommenden Wochen dazu äußern.
Kurs und Volumen
Baldige Zinssenkung in Sicht?
Die US-Notenbank Fed veröffentlicht am Dienstag das Protokoll ihrer letzten Sitzung. Am Mittwoch stehen die Auftragseingänge für langlebige Konsumgüter im Oktober auf dem Programm und am Donnerstag die Einkaufsmanagerindizes der führenden Volkswirtschaften. Die PMIs für die USA folgen wegen des Feiertags Thanksgiving allerdings erst am Freitag. In Europa wird sich EZB-Chefin Lagarde am Dienstag und Freitag zu Wort melden. In der Unternehmenswelt werden vor allem die Ergebnisse von Nvidia am Dienstagabend mit Spannung erwartet. Der US-Konzern gilt als absoluter Treiber im Bereich künstliche Intelligenz, sodass die Markterwartungen äußerst hoch sind. Die Ergebnisse von Lowe's, Medtronic, Compass, Sonova oder Deere erscheinen daneben wie eine Randnotiz. Doch zunächst wünschen wir Ihnen ein schönes Wochenende.
*Die Wochenperformance der Indizes und Aktien bezieht sich auf den Zeitraum von der Eröffnung der Märkte am Montag bis zur Erstellung dieses Newsletters am Freitag.
Die Wochenperformance von Rohstoffen, Edelmetallen und Währungen bezieht sich auf den 7-Tage-Zeitraum von Freitag bis Freitag (bis zur Erstellung des Newsletters). Diese Vermögenswerte notieren auch an Wochenenden.