FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 4. Januar 2023. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Viele Börsianer dürften mittlerweile von ihrem Weihnachtsurlaub (auch jenseits des Atlantiks) wieder an ihre Arbeitsplätze zurückgekehrt sein und scheinen sich zunächst einen Überblick und Orientierung verschaffen zu wollen. Denn man konnte den Eindruck gewinnen, dass seit der Weihnachtswoche im vergangenen Jahr Analysen und Kommentare die Runde machten, die erst gestern richtig durchgearbeitet wurden. Aber letztlich blieb es bei den auch für 2023 vordringlichen Fragen, wie sich Inflation und Wachstum auf globaler Ebene weiterentwickeln werden. Hinweise darauf, wohin die Reise gehen wird, könnten bereits in dieser Woche gefunden werden, wenn der US-Arbeitsmarktbericht am Freitag publiziert wird. Auch aus dem Protokoll der vergangenen Sitzung des Offenmarktausschusses der US-Notenbank könnte sich der eine oder andere Akteur noch einen Fingerzeig zur weiteren geldpolitischen Linie der Fed erhoffen.

Immerhin haben sich seit unserer vergangenen Stimmungserhebung diejenigen Akteure, die seinerzeit optimistisch eingestellt waren, über ein Kursplus von rund 2,6 Prozent im Stichtagsvergleich freuen dürfen - die gesamte Handelsspanne betrug während dieses Zeitraums rund 3,6 Prozent.

von institutionellen an private Investoren

Unterdessen hat sich bei den von uns befragten institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont seit der vergangenen Umfrage vor zwei Wochen die Stimmung deutlich verschlechtert. Denn unser Börse Frankfurt Sentiment-Index ist um 10 Punkte auf einen neuen Stand von +2 gefallen. Auch wenn sich auf den ersten Blick eine Wanderung von 5 Prozent aller Befragten vom Bullen- ins Bärenlager und somit eine leicht bearishe Note bei einer kleinen Gruppe ergibt, trägt diese Veränderung wohl zu großen Teilen dem Umstand Rechnung, dass mit dem Jahreswechsel vielerorts die Uhren gewissermaßen auf null gestellt wurden. Mit anderen Worten: Bis dahin aufgelaufene Gewinne und Verluste wurden mental ausgebucht.

Ganz anders hat sich indes die Stimmung bei den Privatanlegern entwickelt. Der Börse Frankfurt Sentiment-Index ist in diesem Panel nämlich um 16 Punkte auf einen neuen Stand von +14 deutlich angestiegen. Offenbar hat eine Gruppe vormals bearish eingestellter Akteure - es handelt sich immerhin um 7 Prozent aller befragten Privatanleger - den Jahreswechsel dazu genutzt, eine grundsätzliche Neubewertung ihrer Engagements vorzunehmen und sich per Saldo direkt zu den Bullen zu gesellen. Diese gewinnen um 9 Prozentpunkte hinzu und profitieren dabei auch noch von vormals neutral eingestellten Akteuren.

Institutionelle in der Defensive

Mit der heutigen Befragung hat sich damit eine neuerliche Stimmungskluft zwischen privaten und institutionellen Investoren aufgetan. Waren erstere zum Ende vergangenen Jahres noch wesentlich pessimistischer als ihre institutionellen Pendants eingestellt, hat sich diese Differenz nun umgekehrt. Im übertragenen Sinne haben vormalige Bullen der institutionellen Investoren den Staffelstab an Privatanleger übergeben. Dabei ist es bemerkenswert, dass ausgerechnet die Privatanleger, die nicht unter dem Zwang stehen, zum Jahresende ihre Performance vorzeigen zu müssen, so optimistisch eingestellt sind. Zumal es seit unserer vergangenen Stimmungserhebung kaum richtig günstige Einstiegsmöglichkeiten für Aktienkäufe gegeben hat. Ob das milde Wetter dazu beigetragen hat, die Energiesituation hierzulande und die daraus resultierenden Folgen für Wachstum und Inflation neu einzuschätzen?

Die institutionellen Investoren scheinen diesbezüglich doch unter dem Strich geteilter Meinung zu sein, womit für den DAX zum Jahresbeginn jedenfalls keine wesentlichen positionsbedingten Belastungen entstanden sind. Sollte sich bei den langfristig orientierten Investoren und den damit möglicherweise verbundenen Kapitalströmen ebenfalls wie bei unseren heimischen Privatanlegern eine positive Stimmung durchsetzen, stünde der Erwartung nur wenig entgegen, dass das Börsenbarometer einen neuen Aufwärtsimpuls erfährt.

4. Januar 2023, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)