FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Der Luxusgütermarkt ist auch im Krisenjahr 2022 um 22 Prozent gewachsen. Viele Luxusgüteraktien haben sich von der Pandemie längst erholt. Kenner halten die Branche jetzt ohnehin für resilienter.

22. Dezember 2022. Frankfurt (Börse Frankfurt). Es ging kürzlich durch die Medien: Elon Musk ist nicht mehr der reichste Mann der Welt. Auf den Listen "Bloomberg Billionaires" und "Forbes" belegt der Tesla-Chef nun nur noch den zweiten Platz. Auf Platz eins steht jetzt der Franzose Bernard Arnault, Herrscher über das Luxusimperium LVMH (FR0000121014). Modemarken wie Louis Vuitton, Givenchy und Marc Jacobs, hochpreisige Champagner wie Moët & Chandon und Dom Pérignon sowie Uhren- und Schmuckmarken wie TAG Heuer - das alles gehört dazu.

Die Pandemie hatte der Branche zwar durchaus zugesetzt. Das ist aber längst vorbei: Einer Studie der Unternehmensberatung Bain zufolge dürfte der weltweite Markt für persönliche Luxusgüter in diesem Jahr um 22 Prozent gewachsen sein auf insgesamt 353 Milliarden Euro. 95 Prozent aller Nobelmarken würden 2022 wohl positive Wachstumsraten aufweisen. Dabei leide der wichtigste Markt China wegen der Pandemie noch immer, in Europa und den USA drohe eine Rezession und die Lebenshaltungskosten stiegen immer weiter. "Im Vergleich zur globalen Finanzkrise 2008/2009 erweisen sich die Edelmarken heute als deutlich resilienter", erklärte Marie-Therese Marek von Bain. "Dank einer größeren Kundenbasis und eines aus vielfältigen Absatzkanälen bestehenden Ökosystems können sie ökonomische Turbulenzen mittlerweile weitaus besser bewältigen."

"Kurse vieler Luxusgüterkonzernen verzwanzigfacht"

Auch an der Börse läuft es für die Branche, wie die weit überdurchschnittliche langfristige Entwicklung des europäischen Branchenindex MSCI Europe Textiles, Apparel & Luxury Goods zeigt. Der ist auf Zehnjahressicht um 11 Prozent im Jahr gestiegen, der marktbreite MSCI Europe nur um 4,9 Prozent. Schwergewichte des Index sind derzeit LVMH, Richemont, Hermes, Kering, Moncler, Burberry, Swatch und Pandora.

"Seit 2002 gerechnet haben sich die Kurse vieler Luxusgüterkonzerne sogar verzwanzigfacht", erklärt Roland Stadler von der Baader Bank mit Blick auf Hermes International (FR0000052292) und Christian Dior (FR0000130403). Verzwanzigfacht hat sich in diesem Zeitraum auch der Aktienkurs von LVMH. Den kurzen Dämpfer durch die Pandemie scheint der Konzern überwunden zu haben. "LVMH (FR0000121014) meldete für die ersten neun Monate ein Umsatzplus von 28 Prozent auf 56,6 Milliarden Euro", berichtet Stadler. Seit Sommer ist die Aktie von 535 auf in der Spitze 759 Euro gestiegen, aktuell sind es 693 Euro.

Der französische Rivale Kering (FR0000121485) - bekannt für Marken wie Gucci, Saint Laurent, Balenciaga, Bottega Veneta und Alexander McQueen - wuchs in den ersten neun Monaten dieses Jahres um 23 Prozent auf einen Umsatz von 5,1 Milliarden Euro. Der Schweizer Luxusgüterkonzern Richemont - bekannt für Marken Cartier, Montblanc oder IWC - steigerte seinen Umsatz zwischen April und September um 24 Prozent auf 9,7 Milliarden Euro.

Ray-Ban-Hersteller nahe Allzeithoch

Gut gehalten in einem schwierigen Börsenumfeld hat sich auch die Aktie von EssilorLuxottica (FR0000121667). Der Brillenkonzern ist 2018 aus der Fusion des französischen Unternehmens Essilor mit dem italienischen Luxottica entstanden und vor allem als Hersteller von Ray-Ban-, Burberry- und Ralph Lauren-Brillen bekannt. "Der Marktanteil von EssilorLuxottica liegt bei 30 Prozent", berichtet Walter Vorhauser von Oddo BHF. Auch für EssilorLuxottica laufe es gut: Gerade sei eine Lizenzvereinbarung mit Swarovski abgeschlossen und die mit Ferrari verlängert worden. Für das dritte Quartal meldete der Konzern ein Umsatzplus von 17 Prozent auf rund 6,4 Milliarden Euro, währungsbereinigt immerhin noch 8 Prozent. Der Kurs war seit Sommer von 134 auf in der Spitze 192 Euro geklettert, nahe seinem Allzeithoch. Aktuell sind es mit 172 Euro etwas weniger.

Prada macht sich fit für die Zukunft

Ebenfalls stabil zeigt sich die Prada-Aktie (IT0003874101). "Der gerade ernannte neue CEO Andrea Guerra bringt viel Erfahrung mit", bemerkt Vorhauser. "Er war jahrelang CEO von Luxottica und in leitenden Positionen bei LVMH tätig." Positiv sei zudem, dass sich Prada der Lieferkettenproblematik widme und zum Beispiel bei der toskanischen Gerberei Conceria Superior eingestiegen sei. "Das sichert die Kontrolle über die Zulieferung und auch die Qualität." Zum Konzern gehören neben den Modehäusern Prada und Miu Miu auch die Schuhunternehmen Church's und Car Shoe sowie die Konditorei Marchese. An der Börse Frankfurt wird die Aktie zu 5,35 Euro gehandelt, Mitte Oktober waren es nur 4,55 Euro.

"Brillante Aussichten für die Edelmarken"

Die Unternehmensberatung Bain rechnet übrigens mit einem anhaltenden Boom und spricht von "brillanten Aussichten für die Edelmarken": "Bis 2030 wird der Markt jährlich um 3 bis 8 Prozent im Jahr wachsen auf dann 540 bis 580 Milliarden Euro ansteigen - ein Plus von mindestens 60 Prozent gegenüber 2022."

Auch die Unternehmensberatung McKinsey ist nur kurzfristig verhaltener: Im kommenden Jahr würden wohl nicht mehr die zweistelligen Wachstumsraten erzielt wie 2021 oder 2022, erklärte McKinsey-Berater Achim Berg Ende November gegenüber der dpa. Denn dass Luxus immer laufe stimme nur am oberen Ende des Segments. Berg zufolge ist es in den vergangenen Jahren zu einer "Demokratisierung" des Luxus gekommen. "Gerade viele jüngere Kunden haben die Edelmarken für sich entdeckt." Und in diesem Bereich könnten die Ausgaben durchaus sinken. Mit wirklich schwierigen Zeiten für die Luxusbranche rechnet aber auch McKinsey nicht: "Die Luxushersteller werden sich auch in einer Rezession als sehr widerstandsfähig erweisen. Luxus wird weiter wachsen."

von: Anna-Maria Borse © 22. Dezember 2022, Deutsche Börse AG

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)