FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 4. August 2021. Man kann durchaus behaupten, dass der DAX seit unserer vergangenen Stimmungserhebung wieder in seine sommerliche Lethargie zurückgefallen ist. Zumindest beschränkte sich die Handelsbandbreite auf einen Rahmen von 1,7 Prozent. Dabei hätte man durchaus Gründe für größere Kursausschläge finden können. Damit ist weniger die Sitzung des Offenmarktausschusses der US-Notenbank (FOMC) gemeint, die am vergangenen Mittwoch zu Ende gegangen ist, ohne dass es zu einem neuen Erkenntnisgewinn in Sachen Geldpolitik gekommen wäre. Aber die Stimmen derjenigen Notenbanker, die möglicherweise im September zumindest ein Zurückfahren der Wertpapierkäufe (Tapering) angekündigt sehen wollen, haben sich während der vergangenen Tage vermehrt.

Allerdings haben die Aktienmärkte auf derartige Statements - etwa von Fed-Vorstandsmitglied Christopher Waller - bislang praktisch nicht reagiert. Dies ist insofern bemerkenswert, da Waller noch bis vor kurzem von den Finanzmarktakteuren als sogenannte "Zinstaube", als Befürworter einer eher lockeren Geldpolitik, wahrgenommen wurde. Aber auch auf die jüngsten Meldungen zur Delta-Variante im Rahmen der Covid-19 Pandemie gab es (wenig überraschend) keine größere Marktreaktion.

Wirklich in Urlaub gegangen?

Umso überraschender war indes das Ergebnis der heutigen Stimmungserhebung unter institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelsausblick. Denn der Börse Frankfurt Sentiment-Index ist gegenüber der Vorwoche um 11 Punkte auf einen neuen Stand von -18 gefallen. Aber nicht etwa, weil sich das Bärenlager dramatisch erhöht hätte. Tatsächlich haben sich rund 38 Prozent aller bisherigen Optimisten gewissermaßen vom DAX (in den Urlaub?) verabschiedet und sich zu der Gruppe der neutral eingestellten Akteure gesellt. Mit 42 Prozent aller Befragten stellt diese Gruppe einen so großen Anteil dar wie noch nie seit Beginn der Erhebungen im Jahr 2002. Gleichzeitig befindet sich das Bullenlager auf dem niedrigsten Stand seit knapp einem Jahr.

Aber auch bei den Privatanlegern gab es eine ähnlich starke Veränderung im Sentiment. Allerdings in die Gegenrichtung. In der Tat stellen wir einen Anstieg des Börse Frankfurt Sentiment-Index dieses Panels von 14 Punkten auf einen Stand von nur noch -2 fest. Damit ist der Stimmungseinbruch der Vorwoche praktisch wieder wettgemacht, wobei sich der Abgang aus der Gruppe der Pessimisten von 9 Prozent aller Befragten etwa zu gleichen Teilen auf die anderen beiden Gruppierungen verlagert hat. Etwa die Hälfte der ehemaligen Bären hat sich offenbar mit kleinen Gewinnen zufriedengegeben und diese realisiert, während die andere Hälfte ihre Meinung um 180° auf "Long" gedreht hat.

Von festen in zittrige Hände?

Unter dem Strich lässt sich also feststellen, dass die institutionellen und privaten Investoren im Vergleich zur Vorwoche ihre Rollen getauscht haben. Oberflächlich betrachtet, aber keineswegs nachweisbar, könnte man bei reiner Betrachtung der Zahlen davon ausgehen, dass die institutionellen Investoren ihre bullishen Positionen in die Hände der Privaten gelegt haben. Dabei bleibt offen, ob - wie gerne behauptet wird - die Hände Letzterer zittriger als die ihrer institutionellen Pendants sind. Zumindest kann davon bislang keine Rede sein, denn das Börsenbarometer hat sich gegenüber der Vorwoche per Saldo sogar um 0,7 Prozent befestigt.

Die Situation des DAX hat sich gleichzeitig gegenüber der Vorwoche verbessert, denn im Falle größerer Rücksetzer stünde heimische Nachfrage aus dem großen Pool der Investoren zur Verfügung, die zurzeit von einer Seitwärtsentwicklung des DAX ausgehen. Allerdings gilt dieser Ausblick auch für die Oberseite, wo sich Angebot leicht oberhalb des bisherigen Allzeithochs (15.810 Zähler) entfalten dürfte. Eines lässt sich jedenfalls aus der heutigen Sentiment-Erhebung mit recht hoher Wahrscheinlichkeit schließen: Die derzeitige Ruhe könnte trügerisch sein.

4. August 2021, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)