FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Fünf Tage, zehn Themen, vier Moderatoren, 33 Spezialisten. Das ist die digitale ETF-Woche in Zahlen. Verpasst? Dann können Sie sich die Aufzeichnungen ansehen.

4. November 2020. FRANKFURT (Deutsche Börse). 2020 ist vieles anders - das bietet auch Chancen. So konnte das 13. ETF-Forum nicht wie gewohnt mit rund 300 professionellen Investoren und Beratern, Emittenten und Journalisten in einem Frankfurter Hotel stattfinden. Stattdessen hob die Deutsche Börse, Veranstalter und mit Xetra Betreiber des größten ETF-Handelsplatzes Europas, das renommierte Branchen-Event auf eine digitale Ebene. Und konnte diese Ausgabe für private Anleger öffnen. Unter dem Titel ETF-Woche boten sich allen Interessierten an fünf Tagen zehn verschiedene Sessions. Knapp 700 Teilnehmer nahmen die Einladung an.

Die Chance des neuen Formates: Es gibt keine räumliche Begrenzung, wer möchte, kann dabei sein. Das hat auch das Spektrum an Themen vergrößert. So bot die ETF-Woche einen kompakten Überblick über die relevanten Markttrends passiver Investments.

Nahezu Einigkeit besteht beim traditionellen Auftakt, dem Konjunkturausblick zu den Auswirkungen von Covid-19 auf die Weltwirtschaft. Die drei Chefvolkswirte Stefan Hofrichter von Allianz Global Investors, Ulrich Kater von der DekaBank und Stefan Schilbe von HSBC Trinkaus & Burkhardt sehen in der enorm hohen Verschuldung weltweit, öffentlich und privat die größte Belastung für die Volkswirtschaft und deren Rückwirkung auf das Bankensystem. Die Corona-Krise forciert bestehende Trends und strukturellen Wandel. Wichtig wäre allerding, den Ausleseprozess in Zukunft auch wieder zuzulassen.

Nachhaltigkeit mehr als Zeitgeschmack

Der großen Bedeutung, die Nachhaltigkeit inzwischen für Investoren bekommen hat, geben Dag Rodewald von UBS Asset Management, Mirjam Staub-Bisang von BlackRock und Lorenz Stör von ISS ESG Raum. Nachhaltigkeit sei weit mehr als ein Modethema, sondern der neue Standard der nächsten Jahre. Allerding fehle weiterhin eine einheitliche Definition, seien die Bewertungsansätze noch wenig transparent, unklar, welche Richtlinien erfüllt und Ausschlüsse vorgenommen würden.

Alternative Gewichtungskonzepte mit Faktoren

Smart-Beta-Ansätze werden weniger nachgefragt und der Anlegerfokus hat sich verschoben, weg von Dividenden etwa hin zu Multi-Faktor-Konzepten. Sie passen auch nicht allen Investoren, glaubt Ali Masarwah von Morningstar: zyklischere Entwicklung, höhere Komplexität und das ohne Out-Performance gegenüber klassischen Index-Trackern, aber gegenüber vergleichbaren aktiv verwalteten Fonds. Das mache sie zum Substitut für aktive Strategien, nicht für klassische Tracker. Christoph Fick, Portfoliomanager bei Amundi, setzt solche Konzepte je nach Marktphase ein. Und auch für Dirk Trochelmann von der Hamburger Pensionsverwaltung bieten Faktorkonzepte eine gute Möglichkeit, sich taktisch zu diversifizieren. Allerdings müsste das Preisverhalten von Smart-Beta-ETFs in unterschiedlichen Marktphasen genau analysiert werden, was vor allem bei Anleihen schwierig sei.

ETFs und der faire Preis

Einen tiefen Einblick in die Bepreisung von ETF-Anteilen bieten Daniel Skora von der DWS und Holger Schlünzen von Optiver. Sie beleuchten die Zusammenhänge zwischen NAV, fairem Wert und Marktpreis sowie die Einflussfaktoren auf die Handelsspanne durch Angebot und Nachfrage. Günstiger seien ETFS, wenn die Wertpapiere im Index gerade gehandelt werden, keine Währungsrisiken gehedged werden müssen oder Steuern anfallen. Im umgekehrten Falle steige die Komplexität der Bewertungsmodelle der Market Maker. Faustformel: Handeln, wenn die abgebildeten Märkte offen sind. Und immer mit Limit, das sich an Geld/Brief oder am iNav orientiert.

Rohstoffe im Pandemie-Jahr

Von einem Gleichgewicht des Schreckens am Rohstoffmarkt berichtet Rohstoffanalyst Eugen Weinberg von der Commerzbank. Wirtschaftseinbrüche und staatliche Stützungen sollten die Volatilität in den Rohstoffmärkten hochhalten. Nach Beobachtung von Kemal Bagci von der BNP Paribas sind vor allem Private Anleger im Zuge der Preisverzerrungen im April in Öl-ETCs und -Zertifikate eingestiegen, die sich mit hohen Rolleffekten konfrontiert sahen. Er sieht wie Thiemo Storz von WisdomTree hohes Interesse am Handel mit rolloptimierten oder physisch hinterlegten ETCs mit den Edelmetallen Gold und Silber sowie Nickel, zunehmend auch währungsgesichert.

Investmentideen in Nischen

Innovative Konzepte stellen Patrik Engström von Rize ETF, Dominik Poiger von VanEck und Andre Voinea von HANetf vor: medizinisches Cannabis, Cyber-Sicherheit, Videospiele und E-Sports, digitales Lernen oder etwa nachhaltige Ernährung. Zentrale Frage: Wie können diese Produkte Themen abbilden, spannende Details: Wieviel ist bereits in diesen relativ neuen Fonds investiert.

ETFs für Privatanleger

Drei Sessions richten sich speziell an private Anleger. Über private Vorsorge und wie es gelingen könnte, später nicht alt damit auszusehen, sprechen Markus Jordan von extraETF.com, Honorar-Anlageberater Davor Horvat, Norbert Kuhn vom DAI und Thomas Wiedenmann vom Anbieter Amundi. Einigkeit bestand in allen Punkten, wie Anleger Mut zur alternativlosen Aktie fassen können: Langfristig denken, breit streuen, also ETFs. Und mit diesen den Markt nicht timen wollen. Wie das in der Praxis geht, also wie man ETFs findet und aussucht, welche Trends, Chancen und Risiken sie mit sich bringen, erklären Edda Vogt und Marvin Weimer von der Deutschen Börse und Jan Altmann von JustETF.

Aufzeichnungen online

Die zweite Chance einer digitalen ETF-Woche liegt in den Aufzeichnungen. Alle Sessions, fachkundig moderiert von Corinna Wohlfeil, n-tv, Patrick Kalbhenn, Deutsche Börse, Frank Mohr, Société Général, und Jan Altmann, JustETF, stehen auf xetra.com/digitale-etf-woche zum Abruf zur Verfügung.

von Edda Vogt

© 4. November 2020, Deutsche Börse

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)