FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Vor den Zinsentscheiden von EZB und Fed nächste Woche weisen die Renditen wieder nach oben. Ganz wettgemacht ist der Zinsrückgang der ersten Januarhälfte aber noch nicht.

27. Januar 2023. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die kurze Phase sinkender Renditen scheint vorbei. "Wir sehen wieder einen deutlichen Anstieg", erklärt Arthur Brunner von der ICF Bank. Der Hintergrund: besser als erwartet ausgefallene US-Konjunkturdaten, etwa das robuste Wirtschaftswachstum im vierten Quartal. Solche Zahlen sprechen eher für fortgesetzte Leitzinserhöhungen. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen liegt am Freitagmittag bei 2,25 Prozent nach kurzzeitig 1,95 Prozent vergangene Woche. Allerdings ist das Niveau von Ende 2022 noch nicht wieder erreicht: Am letzten Handelstag im alten Jahr war die Rendite auf 2,56 Prozent geklettert.

"Es herrscht eine abwartende Haltung. Nächste Woche steht der Doppelschlag von EZB und Fed an", berichtet Tim Oechsner von Steubing. Die US-Notenbank wird am kommenden Mittwoch über den künftigen Leitzins entscheiden, die EZB am Donnerstag. Für die Fed wird eine Anhebung um 0,25 Punkte auf die Spanne von dann 4,50 bis 4,75 Prozent erwartet, für die EZB ein Plus von 50 Basispunkten auf dann 2,5 Prozent beim Einlagensatz.

Große Wellen an den Märkten muss das aber nicht unbedingt auslösen. "Kommt es so wie erwartet, ist das ein ‚Non Event‘‘, bemerkt Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank.

Gut an kamen diese Woche neue Staatsanleihen von Spanien und Finnland, wie Brunner feststellt. "Die Nachfrage ist rege." Oechsner meldet gute Umsätze in einer schon älteren Anleihe des Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM (EU000A1U9944).

"3-Prozent-Hürde muss überschritten sein"

Was Unternehmensanleihen angeht, setzt sich der Trend der Vorwochen fort: "Privatanleger*innen kaufen vor allem Anleihen bekannter Unternehmen mit Laufzeiten von zwei bis fünf Jahren", berichtet Oechsner. "Die laufende Rendite sollte zudem die 3-Prozent-Hürde überschritten haben, die Bonität muss gut, der Name bekannt und die Geschäftsmodelle intakt sein."

Beispiele sind Papiere von Fraport mit Kupon von 2,125 Prozent und Fälligkeit 2027 (XS2198879145), EnBW mit 0,625 Prozent bis 2025 (XS2156607702) sowie 4 Prozent bis 2035 (XS2579293536) und BMW mit 0,625 Prozent bis 2023 (XS1948612905). Die Mindestanlagesumme liegt jeweils bei 1.000 Euro.

Mercedes, VW und ThyssenKrupp beliebt

"Kurzlaufende Anleihen sind weiter gefragt, etwa eine bis Ende 2024 laufende Mercedes-Benz-Anleihe (DE000A169G15)", erklärt auch Brunner. Ebenfalls gesucht: eine Porr-Hybridanleihe mit aktuell 5,375 Prozent Zins (XS2113662063). Er berichtet außerdem von guten Umsätzen in Bonds von Aurelius Equity Opportunities (NO0010861487), erst Verkäufe, dann Käufe.

Daniel beobachtet ebenfalls eine gute Nachfrage nach Papieren von Mercedes-Benz, in diesem Fall mit 0,625 Prozent Kupon und Laufzeit bis 2027 (DE000A2R9ZU9), außerdem von VW mit 2,25 Prozent bis 2026 (XS1893631769) beziehungsweise 0 Prozent bis 2025 (XS2374595127). Bei aktuellen Kursen ergibt das Renditen von 2,97 Prozent, 3,06 Prozent und 3,40 Prozent. "Weiter beliebt ist außerdem die schon in 13 Monaten fällige ThyssenKrupp-Anleihe mit Rendite von aktuell 3,66 Prozent."

Doch es wird nicht nur gekauft. "Wir sehen starke Abverkäufe bei Bonds von R-Logitech", meldet Karim Döring von Oddo BHF. "Neuigkeiten von Metalcorp gab es aber nicht." R-Logitech ist eine Tochtergesellschaft der Monaco Ressources Group, zu der auch das Unternehmen Metalcorp gehört. Das konnte eine am 2. Oktober 2022 fällige Anleihe nicht zurückzahlen.

Was Neuemissionen angeht, ist nach dem Boom zu Anfang des Jahres nun Ruhe eingekehrt. Döring spricht von einem "starken Rückgang". "Das Marktumfeld ist zu wechselhaft."

von: Anna-Maria Borse, 27. Januar 2023, © Deutsche Börse AG

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)