GENF (dpa-AFX) - US-Präsident Joe Biden und Kremlchef Wladimir Putin wollen bei ihrem ersten Gipfel an diesem Mittwoch in Genf mehrere Stunden lang über die Konflikte zwischen den USA und Russland sprechen. Sowohl aus dem Weißen Haus als aus dem Kreml verlautete am Dienstag, als Sitzungsdauer Uhr in der Villa La Grange am Genfersee seien ab 13.00 Uhr vier bis fünf Stunden geplant. Ein Vertreter der US-Regierung sagte, ein gemeinsames Essen sei nicht vorgesehen. Beide Seiten dämpften die Erwartungen an das Treffen. Biden und Putin wollen nach dem Gipfel getrennt vor die Medien treten.

Ein US-Regierungsvertreter sagte, Biden wolle bei dem Treffen Themenfelder identifizieren, "bei denen eine Zusammenarbeit unsere nationalen Interessen fördern und die Welt sicherer machen kann". Er wolle Putin auch deutlich machen, in welchen Bereichen Russland gegen diese Interessen verstoße und daher mit einer Antwort rechnen müsse. Biden wolle Putin außerdem seine "Vision für amerikanische Werte und unsere nationalen Prioritäten" darlegen. Die US-Seite erwarte keine große Anzahl konkreter Ergebnisse von dem Gipfel.

Auch Kremlsprecher Dmitri Peskow warnte einmal mehr vor überzogenen Erwartungen etwa an einen inzwischen viel diskutierten Austausch von inhaftierten russischen Staatsbürgern in den USA mit US-Bürgern in Moskauer Haft. Es sei voreilig, darüber zu sprechen, bevor die beiden Staatschefs das Thema wirklich berührten bei ihrem Gipfel. Putin und Biden hatten vor dem Treffen gesagt, die Beziehungen zwischen ihren beiden Ländern seien an einem Tiefpunkt angelangt.

Biden traf am bereits am Dienstag in Genf ein. Er hatte sich in den vergangenen Tagen mit Verbündeten bei der G7-Gruppe wichtiger Industriestaaten, bei der Nato und bei der EU über sein Treffen mit Putin beraten. "Ich werde Präsident Putin zu verstehen geben, dass es Bereiche gibt, in denen wir zusammenarbeiten können, wenn er sich dafür entscheidet", sagte Biden am Montagabend nach dem Nato-Gipfel in Brüssel. "Und in den Bereichen, in denen wir nicht übereinstimmen, klarmachen, was die roten Linien sind."

Nach einer Kreml-Mitteilung wollen Putin und Biden Schlüsselfragen der bilateralen Zusammenarbeit klären. Die Beziehungen seien in einem "nicht zufriedenstellenden Zustand". In vielen Bereichen gebe es gar keinen Kontakt mehr. Der Kreml verwies in der Mitteilung zudem darauf, dass die USA 2017 Russland offiziell zu ihrem "Gegner" und zur "Hauptgefahr für die nationale Sicherheit" erklärt und seither immer wieder Anschuldigungen erhoben hätten.

Seit 2011 seien 96 Mal US-Sanktionen gegen Russland eingeführt worden, darunter dreimal unter Biden, hieß es. Moskau habe trotzdem immer wieder die Bereitschaft zum Dialog unter Wertschätzung gegenseitiger Interessen angeboten. "Wir gehen davon aus, dass die Normalisierung der bilateralen Beziehungen für beide Seiten gleichermaßen notwendig ist."

Bei dem Treffen solle es auch um Perspektiven des russisch- amerikanischen Handels gehen. Nach Kreml-Angaben setzen viele US-Unternehmen ungeachtet der Sanktionen und Spannungen weiter auf den russischen Markt. Allein beim St. Petersburger Internationalen Wirtschaftsforum seien Anfang Juni mehr als 200 US-Unternehmer gewesen. 3000 Firmen mit US-Kapital seien in Russland tätig./cy/DP/he