Frankfurt (Reuters) - Nach dem massiven Rückschlag für Bayers größten Medikamentenhoffnungsträger Asundexian muss sich der Pharma- und Agrarkonzern von den erhofften Milliardenumsätzen mit dem Gerinnungshemmer verabschieden.
"Wir müssen nun das Spitzenumsatzpotenzial von Asundexian neu bewerten", sagte Bayer-Pharmachef Stefan Oelrich am Dienstag in einer Telefonkonferenz mit Investoren nach dem Kurseinbruch am Vortag. Es würden zwar weiterhin Umsätze mit dem Produkt ab dem Jahr 2026 erwartet. "Aber es ist unnötig zu sagen, dass es mit Sicherheit unter fünf Milliarden sein werden."
Der Leverkusener Konzern traute Asundexian bislang ein Spitzenumsatzpotenzial von mehr als fünf Milliarden Euro zu und damit mehr als jedem anderen seiner Medikamente. Doch Bayer hatte in der Nacht zum Montag mitgeteilt, eine entscheidende Phase-3-Studie mit dem Mittel mangels Wirksamkeit auf Empfehlung eines unabhängigen Kontrollgremiums vorzeitig abzubrechen. Die Aktie war darauf um mehr als ein Fünftel abgestürzt; der Börsenwert schrumpfte dadurch um etwa 8,7 Milliarden Euro. Am Montag hatte sich Bayer noch nicht zu den bisherigen Umsatzerwartungen für Asundexian äußern wollen.
In der 18.000 Teilnehmer umfassenden Studie wurde das Mittel im Vergleich zum Gerinnungshemmer Eliquis der Rivalen Bristol-Myers Squibb und Pfizer bei Patienten mit Vorhofflimmern und Schlaganfallrisiko untersucht. Dabei zeigte sich eine unterlegene Wirksamkeit von Asundexian im Vergleich zum Kontrollarm der Studie. Von dem "deutlichen Unterschied" sei er überrascht gewesen, sagte Oelrich. Die Indikation Vorhofflimmern sollte nach seinen Angaben einen erheblichen Teil des ursprünglich erhofften Umsatzpotenzials ausmachen. Weiter laufen soll eine Phase-3-Studie mit 9300 Probanden, in der Asundexian zur Prävention von ischämischem Schlaganfall getestet wird. Auf ihr ruhen nun alle Hoffnungen des Vorstands.
"Die Ereignisse der letzten Tage waren eine große Herausforderung für uns, aber wir sind uns auch der sehr negativen Auswirkungen bewusst, die sie auf unsere Anleger hatten. Ich bedaure das zutiefst", sagte der neue Vorstandschef Bill Anderson, der ohnehin vor dem Problem steht, das Vertrauen der Investoren zurückzugewinnen. Dieses hatte unter der Übernahme des Glyphosat-Entwicklers Monsanto und der US-Klagewelle wegen der angeblich krebserregenden Wirkung des Herbizids schwer gelitten. Erst vor wenigen Tagen musste der Dax-Konzern eine erneute Niederlage vor Gericht einstecken.
Auf die Überprüfung der Konzernstruktur, die Anleger von Anderson erwarten, haben die jüngsten Rückschlage kein Auswirkungen, wie er sagte. "Ich denke, die Möglichkeiten sind dieselben." Neben der Beibehaltung von drei Divisionen sieht Anderson derzeit eine Trennung vom Consumer-Health-Geschäft oder der Agrarsparte als die wesentlichen Optionen. Allerdings müssten trübere Liquiditätsaussichten in Betracht gezogen werden. "Alles, was sich negativ auf künftige Cashflows auswirkt, macht das Ganze noch ein bisschen enger."
(Bericht von Patricia Weiß und Ludwig Burger, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)