FRANKFURT (Dow Jones)--Die formelle Bestätigung des Wahlsieges des Demokraten Joe Biden bei den US-Präsidentschaftswahlen im Kongress ist von der Stürmung des Kapitols durch Anhänger des abgewählten Präsidenten Donald Trump massiv überschattet worden. Das Echo auf diesen beispiellosen Angriff auf den Sitz des US-Parlaments:


Schäuble prüft Schutz des Bundestages 

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) will nach den Ereignissen in Washington prüfen, welche Schlussfolgerungen daraus für den Schutz des Bundestages zu ziehen sind. "Dazu wurde bereits bei der deutschen Botschaft in Washington ein Bericht angefordert, wie es zu den Gewaltexzessen innerhalb des Kapitols kommen konnte", erklärte der Bundestag. Die Entwicklungen hätten "mit den Exzessen eines gewaltbereiten Mobs am und im Kapitol eine dramatische und besorgniserregende Zuspitzung erfahren", schrieb er an die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi.


   Kramp-Karrenbauer: Republikaner müssen Schnitt zu Trumpisten vollziehen 

Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hat nach dem Sturm auf das Kapitol einen "klaren Schnitt" der Republikaner mit den Trump-Anhängern in ihren Reihen verlangt. "Ich war fassungslos und habe eine sehr schlaflose Nacht verbracht", sagte sie im Nachrichtensender Welt. Es handele sich um das "Ergebnis von geistiger und politischer Brandstiftung" durch US-Präsident Donald Trump in den vergangenen Monaten und Jahren. "Insofern hoffe ich jetzt sehr, dass auch die Republikanische Partei einen klaren Schnitt zu den Trumpisten in ihren eigenen Reihen macht."


   Steinmeier: Von Trump angestachelter Mob hat Kongress gestürmt 

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den Sturm auf das US-Kapitol scharf verurteilt und vor einer Gefährdung der Demokratie durch Hetze und Lügen auch in Deutschland gewarnt. "Der friedliche Machtwechsel infolge freier Wahlen ist ein Grundstein der Demokratie. Ein bewaffneter Mob, aufgestachelt von einem amtierenden Präsidenten, der diesen Grundstein missachtet, hat gestern den US-Kongress gestürmt", sagte Steinmeier in einem Statement. Die Szenen seien "das Ergebnis von Lügen und noch mehr Lügen, von Spalterei und Demokratieverachtung, von Hass und Hetze, auch von allerhöchster Stelle". Es handele sich um einen Angriff auf die liberale Demokratie überhaupt.


   Baerbock: Kapitol-Erstürmung ist Angriff auf Herz der US-Demokratie 

Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock hat sich schockiert über die Vorfälle gezeigt. Im RBB sprach Baerbock von einem Angriff auf das Herz der amerikanischen Demokratie. Sie unterstrich auch, "dass vier Jahre Trump und vier Jahre Rechtspopulismus und Fake-News sich an der Macht eben nicht entzaubern, sondern dass Rechtspopulisten die Macht nutzen, um die Demokratie, um ihre Institutionen von innen auszuhöhlen und dann auch wirklich anzugreifen". Am allerwichtigsten sei es jetzt, dass die Übergabe der Präsidentschaft friedlich vonstatten gehe.


   Merkel zeigt sich "wütend und traurig" 

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Entsetzen über die Erstürmung des US-Kapitols geäußert und scharfe Kritik am noch amtierenden US-Präsidenten Donald Trump geübt. Die Bilder, die nun um die Welt gingen, seien "verstörend", sagte sie bei der digitalen Klausurtagung der CSU-Bundestagsfraktion. "Mich haben diese Bilder wütend und traurig gemacht". Sie bedauere sehr, dass Trump seit November seine Niederlage nicht eingestanden habe und Zweifel am Wahlausgang geschürt wurden. "Das hat die Atmosphäre dafür bereitet, das die Ereignisse der Nacht erst möglich gemacht hat." Zugleich zeigte sich die CDU-Politikerin sehr erleichtert über die Bestätigung Joe Bidens durch den US-Kongress. "Die demokratischen Kräfte haben sich durchgesetzt", so die Kanzlerin.


   Scholz: Trump hat die Verantwortung 

Vizekanzler und Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sieht die Verantwortung für die Ausschreitungen in Washington bei US-Präsident Donald Trump. "Donald Trump hat die Verantwortung für das, was dort geschehen ist. Das kann er nicht weg reden", sagte Scholz in der Sendung Frühstart des Senders RTL/ntv. Trump habe in den USA zuvor viele Menschen "aufgestachelt und auch nicht zurückgehalten", sagte Scholz und fügte hinzu: "Das ist ganz klar etwas, was man erlebt, wenn Populisten Macht bekommen." Direkt nach den Ausschreitungen hatte Scholz bereits getwittert, es handele sich um einen "unerträglichen Anschlag auf die Demokratie".


   Röttgen warnt vor Gefahr für Demokratie auch außerhalb der USA 

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, Norbert Röttgen (CDU), sieht im Sturm auf das Kapitol in Washington weltweite Auswirkungen. "Das zeigt der ganzen Welt, wie ernst es ist, wie die Demokratie unter Druck ist", sagte Röttgen dem Sender RTL/ntv. Auch in Deutschland gebe es gefährliche Tendenzen. "Das Verächtlichmachen der Institutionen durch die AfD zielt darauf ab, die Demokratie in diesem Land zu schädigen", erklärte er. Dem müsse man viel entschlossener entgegentreten. "Es darf unter den demokratischen Parteien keine Taktiererei mehr geben" sagte er.


   Brinkhaus: Sturm auf US-Parlament gefährdet die Demokratie 

Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) hat die Erstürmung des US-Parlaments durch Anhänger des abgewählten US-Präsidenten Donald Trump als "Anschlag auf die Demokratie" verurteilt. "Wenn Parlamente nicht mehr geschützt sind, dann ist es so, dass Demokratie gefährdet ist", sagte Brinkhaus im Bayerischen Rundfunk. "Und dass das auch noch von Teilen der republikanischen Partei und auch vom amtierenden Präsidenten Trump verharmlost wird, das ist natürlich schockierend", sagte Brinkhaus weiter. Um solche Vorfälle künftig zu verhindern, sei es wichtig, Spaltungen in der Gesellschaft entgegenzuwirken. Dies gelte auch für Deutschland.


   Wissing: Erstürmung des Kapitols ist Warnsignal für Demokratien 

FDP-Generalsekretär Volker Wissing sieht in der Erstürmung des Kapitols in Washington ein Warnsignal für demokratische Staaten auf der ganzen Welt. "Spätestens jetzt sollte jedem klar sein, dass unsere Demokratien gefährdet sind, wenn man sie nicht aktiv verteidigt", sagte Wissing in der Sendung Frühstart des Senders RTL/ntv. Demokratien hätten die Aufgabe, in der Gesellschaft alle Menschen mitzunehmen. "Hier hat Donald Trump auf allen Ebenen vollständig versagt." Aber auch in Deutschland müsse mehr kommuniziert und erklärt werden. "Auch die Bevölkerung in Deutschland läuft Gefahr, gespalten zu werden, gerade in diesen schwierigen Pandemiezeiten", warnte Wissing.


   Mützenich verlangt "sehr deutliche Worte" 

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat deutliche Worte Deutschlands gefordert. "Es sind verstörende Ereignisse, die möglicherweise auch die Demokratie in den USA noch einmal massiv beeinflussen werden", sagte Mützenich im ARD-Morgenmagazin. Der Hass und auch die Spaltung würden noch einmal sehr deutlich. Er hoffe, dass der neu gewählte US-Präsident Joe Biden versöhnen könne. "Wir müssen sehr deutliche Worte von Europa, aber auch von Deutschland sagen, und ich glaube, wir hätten es bereits auch in den letzten Monaten und Jahren tun müssen", sagte der SPD-Fraktionschef. Er selbst sei vor zwei Jahren heftig dafür kritisiert worden, Donald Trump als Verantwortlichen benannt zu haben. "Ich erwarte schon, dass von der Union klar benannt wird, wer die Verantwortlichen sind", erklärte Mützenich.


   Scholz sieht Anschlag auf US-Demokratie 

Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) hat die gewalttätigen Auseinandersetzungen in Washington als "Anschlag auf die Demokratie" verurteilt. "Die Bilder die uns vom Capitol erreichen, sind verstörend", erklärte Scholz über den Kurznachrichtendienst Twitter direkt nach den Ausschreitungen. "Das ist ein unerträglicher Anschlag auf die Demokratie." Präsident Trump habe das Land tief gespalten - "nun zeigt sich, wie sehr". Joe Biden habe eine schwere Aufgabe vor sich, die Amerikaner wieder zusammenzuführen.


   Maas: Trump muss aufhören, Demokratie mit Füßen zu treten 

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hat US-Präsident Donald Trump und seine Unterstützer aufgefordert, nicht länger "die Demokratie mit Füßen zu treten". "Die Feinde der Demokratie werden sich über diese unfassbaren Bilder aus Washington freuen", erklärte er über den Kurzbachrichtendienst Twitter unmittelbar nach den Ausschreitungen. "Aus aufrührerischen Worten werden gewaltsame Taten - auf den Stufen des Reichstages, und jetzt im Capitol." Die Verachtung demokratischer Institutionen habe verheerende Auswirkungen.

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January 07, 2021 05:26 ET (10:26 GMT)