Kommentare und Einschätzungen zu den Plänen der EU-Kommission, das Klimaziel einer CO2-Reduzierung bis 2030 von 55 Prozent zu erreichen:


IG Metall will Änderungen beim Vorschlag für Gebäude und Verkehr 

Die Gewerkschaft IG Metall kritisiert vor allem das geplante Instrument des europäischen Emissionshandels für Gebäude und Verkehr. Für Verbraucher und kleine Gewerbetreibende würden Energie- und Mobilitätkosten in die Höhe getrieben, ohne dass diese kurzfristig eine echte Chance hätten, auf Alternativen auszuweichen. Der geplante begleitende Sozialfonds erscheine dagegen unausgegoren, zu mager ausgestattet und schlecht steuerbar, heißt es in einer Stellungnahme der IG Metall, die dem EU-Klimapaket insgesamt aber zubilligt "endlich über die wohlfeilen Zieldebatten hinwegzukommen". In Frage stellt die IG Metall auch das faktische Aus für den Verbrennungsmotor ab 2035. Es wäre unklug, die Tür zur Hybridtechnologie und zur Beimischung klimaneutraler Kraftstoffe "jetzt bereits komplett zuzuschlagen", heißt es in der Stellungnahme.


Bauindustrie: Maßnahmenpaket für Gebäudesektor ist richtig 

Die deutsche Bauindustrie hat sich positiv zu dem Brüsseler Paket gezeigt. "Es führt kein Weg daran vorbei, dass wir die Ziele der Jahrhundertaufgabe Klimaschutz mit einem mutigen Pfad für die Umsetzung unterlegen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie, Tim-Oliver Müller. "Es ist richtig, dass die EU-Kommission das Potenzial der Energieeffizienz von Gebäuden beim Klimaschutz mit einem eigenen Maßnahmenpaket für den Gebäudesektor ambitionierter angeht." Es komme nun darauf an, sich die Vorschläge im Detail anzuschauen und darauf zu achten, dass die Regelungen vor allem den Aspekt der Technologieoffenheit beherzigten und das Innovationspotenzial der Industrie maximal förderten.


Altmaier pocht auf Erhalt von Wettbewerbsfähigkeit 

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat wirtschaftspolitische Begleitmaßnahmen für das Klimaschutzpaket verlangt, damit "am Ende nicht aus einem guten Ansatz die Verlagerung von Arbeitsplätzen" folge. "Deshalb muss es das gemeinsame Ziel von Klimaschützern und Wirtschaftspolitikern sein, die beiden Aspekte Klimaneutralität und Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit unter einen Hut zu bringen." Altmaier sagte bei einer Online-Pressekonferenz zu, bei Kritikpunkten Gegenvorschläge zu machen, "die einen mindestens ebenso großen Klimaeffekt haben". Zu einer Grenzausgleichsabgabe plädierte er dafür, bestehende Instrumente beizubehalten, bis ausgeglichene Wettbewerbsbedingungen bestünden. Er sprach sich auch für das Beibehalten kostenloser Zuteilungen von CO2-Zertifikaten für die Stahlindustrie aus, bis ein neuer Mechanismus eine Schutzwirkung entfaltet.


Stahlbranche kritisiert geplanten Klimazoll als untauglich 

Die deutsche Stahlindustrie befürchtet angesichts der EU-Pläne zum Emissionsrechtehandel Nachteile im internationalen Wettbewerb. Die vorgesehene Halbierung der freien Zuteilung von Zertifikaten bis 2030 und ihre gänzliche Abschaffung bis 2035 sieht die Wirtschaftsvereinigung Stahl besonders kritisch. Der geplante Klimazoll werde nicht verhindern, dass Stahl künftig in anderen Weltregionen mit geringeren Klimaschutz-Auflagen produziert werde, so der Verband. Ausländische Wettbewerber könnten Wege finden, den Zoll zu umgehen. Außerdem gebe es keine Lösung für Exporte im bisherigen Vorschlag. Hier würde die heimische Stahlerzeugung ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren.


Industrie vermisst wichtige Antworten auf zentrale Fragen 

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sieht in dem Klimapaket einen "mutigen Fahrplan", moniert aber fehlende Maßnahmen zur Wettbewerbsfähigkeit. "Die EU zeigt einen mutigen und konkreten Fahrplan für Europas Weg zur Klimaneutralität auf", sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm. Mit ihren Vorschlägen komme sie von der Zieldiskussion endlich ins Handeln. Die deutsche Industrie vermisse aber "wichtige Antworten auf zentrale Fragen zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit des Industrie- und Innovationsstandorts Europa". Die Industrie erwarte von Brüssel "mehr Rückendeckung im globalen Rennen um beste Klimaschutzlösungen" und einen verlässlichen Rahmen für Investitionen in klimafreundliche Technologien. Russwurm forderte auch eine zehnjährige Übergangsfrist für einen neuen Klimazoll.


Umwelthilfe fordert Nachbesserung 

Die Deutsche Umwelthilfe kritisiert, dass das EU-Klimapaket nicht ausreicht, um das 1,5-Grad-Limit einzuhalten, und fordert Nachbesserungen. Ausdrücklich begrüßt werde, dass die nationalen Reduktionsziele angezogen werden und verbindlich bleiben sollen. Auch die Anpassung der EU-Ziele für Erneuerbare, Energieeffizienz und die Nachschärfung von Instrumenten wie dem Emissionshandel seien dringend nötig gewesen, griffen aber zu kurz. "Das Paket der EU-Kommission ist in vielen Punkten ein Schritt in die richtige Richtung", sagte Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. Der separate Emissionshandel für den Gebäude- und Verkehrssektor sei "allerdings das falsche Instrument". Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch erklärte, die Revision der CO2-Flottengrenzwerte für Autos erfolge "viel zu langsam".

Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com

DJG/rio/kla

(END) Dow Jones Newswires

July 15, 2021 07:59 ET (11:59 GMT)