Von Herbert Rude

FRANKFURT (Dow Jones)--Da ist er nun also - der neue DAX-40. Große Überraschungen enthält die Zusammensetzung nicht mehr. Und jetzt noch auf eine überdurchschnittliche Kursentwicklung der Neulinge setzen zu wollen, ist möglicherweise keine gute Idee. Denn die meisten der neuen Titel haben den DAX bereits im Vorfeld in den vergangenen Monaten deutlich geschlagen. Erfahrungsgemäß setzt sich das nach dem Vollzug so nicht mehr fort. Dieser findet am am Abend des 17. September statt.

Der von 30 auf 40 Titel erweiterte DAX ist vor allem ein Angebot an internationale Großanleger. Sie können nun allein mit dem DAX etwas über 80 Prozent des deutschen Aktienmarkts abdecken, bisher waren es etwa 70 Prozent. Damit stärkt die Deutsche Börse beziehungsweise ihre Tochter Qontigo den DAX im Wettbewerb um die lukrativen Lizenzgebühren für Derivate gegen Konkurrenten wie den MSCI Deutschland. Dieser zielt bereits auf den gesamten deutschen Aktienmarkt ab.

Nach Schätzungen der Commerzbank richtet sich allein knapp 16 Milliarden Euro ETF-Kapital am DAX aus, insgesamt sind es etwa 40 Milliarden Euro passives Kapital. Am MDAX sind es nur 5,5 Milliarden Euro, davon 3,6 Milliarden in börsengehandelten Fonds (ETF). Die Deutsche Börse stärkt also eindeutig den Marktführer.


  MDAX verliert an Bedeutung - Einzeltitel bleiben attraktiv 

Verlierer der Reform ist der MDAX, bisher einer der wenigen liquiden Indizes für mittelgroße Werte in Europa. Sein Anteil an der deutschen Gesamtmarktkapitalisierung fällt von etwa 20 auf nur noch gut 11 Prozent. Er verliert seine 10 größten Titel an den DAX, wird weniger liquide und damit für institutionelle Anleger weniger handelbar.

Allerdings gibt es auch positive Aspekte. "Im MDAX verschiebt sich der Fokus auf zwar weniger stark kapitalisierte, aber dafür wachstumsstärkere Unternehmen. Das kann sich zu einem großen Vorteil für die Attraktivität des MDAX erweisen", sagt Tobias Stöhr von Spectrum Markets. Und Achim Matzke von der Commerzbank sieht die Entwicklung ähnlich: "Der MDAX wird eher etwas für Stockpicker", sagt er.


  Wirecard-Debakel als Initialzündung - ESG-Kriterien vom Tisch 

Die Erweiterung des DAX zu Lasten des MDAX ist Teil einer umfassenderen Reform, geschuldet auch dem Debakel um Wirecard. Die Transparenzanforderungen sind verschärft worden. DAX-Aufnahmekandidaten müssen nun zwei Jahre hintereinander ein positives operatives Ergebnis (EBITDA) aufweisen. Das Liquiditätskriterium verliert zu Gunsten der Marktkapitalisierung an Bedeutung. Und der DAX wird nun nicht mehr nur im September, sondern auch im März regulär überprüft.

Positiv ist, dass die Pläne für die ESG-Nachhaltigkeitskriterien - ökologisch, sozial, ethisch - als Voraussetzung für eine DAX-Mitgliedschaft nicht umgesetzt worden sind. Das hätte zum Beispiel Unternehmen, die irgendwie mit Waffen in Verbindung stehen, die DAX-Mitgliedschaft gekostet. Auf welch dünnem Eis sich die Börse und ihr Index-Anbieter da bewegt hätten, zeigen unter anderem die aktuellen Attacken gegen die DWS. Der Vermögensverwaltungstochter der Deutschen Bank wird vorgeworfen, Nachhaltigkeitsinvestitionen möglicherweise zu hoch ausgewiesen zu haben.

Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

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September 03, 2021 16:31 ET (20:31 GMT)