Eine Komplett-Absage des weltgrößten Sportereignisses hätte sie Milliarden gekostet - nun dürfte es deutlich billiger werden. Die Analysten von Jefferies schätzen, dass die Veranstalter, Fernsehanstalten und Sponsoren mit rund zwei Milliarden Dollar gegen eine Absage der Spiele versichert sind. Dazu kämen rund 600 Millionen Dollar für Hotels und Reiseveranstalter. "Eine Ausfallversicherung beinhaltet normalerweise eine Verlegung", sagt Tim Thornhill vom Lloyd's-Makler Tysers. Das müsse aber nicht immer so sein. Unter Umständen ist auch eine Pandemie als Grund für eine Absage nicht versichert - diese Gefahr hatten die meisten Kunden für unrealistisch gehalten.

Bei einer Verschiebung würden jedenfalls geringere Ansprüche fällig als bei einer Absage, erklärt Leigh Ann Rossi, die beim Makler BWD für die Sport und Unterhaltungs-Branche zuständig ist. In Branchenkreisen gibt man zudem zu bedenken, dass die Kunden sich für 2021 neu - und voraussichtlich weitaus teurer - versichern müssten, wenn sie jetzt eine Auszahlung forderten.

Japan hat für die Olympischen Spiele in Tokio insgesamt elf Milliarden Euro ausgegeben. Wer die zusätzlichen Kosten für die Verschiebung auf 2021 trage, sei unklar, hatte der Chef des Organisationskomitees, Toshiro Muto, gesagt. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) selbst hat die Spiele jeweils mit rund 800 Millionen Dollar versichert und sichert damit die Milliarde ab, die es in jeder Ausrichterstadt investiert. Die Verschiebung stellt Tokio vor praktische Probleme: So sind die Wohnungen im Olympischen Dorf schon kurz nach dem bisherigen Termin im Juli und August verkauft oder vermietet. Hotels stehen leer, weil Zuschauer und Journalisten ein Jahr später kommen.

Der US-Medienkonzern Comcast ist gegen eine Absage der Olympischen Spiele versichert, wie sein Chef Brian Roberts bestätigte. Die zu Comcast gehörende Senderkette NBC hatte für die Spiele allein in den USA Werbezeiten für 1,25 Milliarden Dollar verkauft - so viel wie noch nie.

Die Versicherer und die meisten ihrer Kunden halten sich jedoch bedeckt. Zu den größten Sport-Versicherern gehören traditionell die Lloyd's-Syndikate Beazley, Hiscox und Tokio Marine. Am Donnerstag könnte etwas Licht ins Dunkel kommen: Dann legt der Londoner Versicherungsmarkt Lloyd's die Bücher seiner Mitglieder offen. Er hat sie auffgefordert, ihre möglichen Verluste im Zuge der Coronakrise zu beziffern. Sie reichen die Risiken teilweise an die Rückversicherer weiter.

Swiss-Re-Finanzvorstand John Dacey hat das Risiko der weltweiten Nummer zwei im Zusammenhang mit Olympia in Tokio auf 250 Millionen Dollar beziffert, beim Marktführer Münchener Rück, der Teil eines großen Konsortiums ist, stehen Insidern zufolge rund 500 Millionen im Feuer. Für welche Schäden sie jeweils haften, ist aber unklar.