Berlin (Reuters) - Wenige Tage vor dem ersten Treffen der Konzertierten Aktion gegen den hohen Preisauftrieb haben die Arbeitgeber ein stärkeres Eingreifen des Staates gefordert.

"Der Staat muss seine Möglichkeiten zur Inflationsbekämpfung auch wahrnehmen", forderte der Präsident der Bundesvereinigung der Arbeitgeber (BDA), Rainer Dulger, am Mittwochabend vor Journalisten in Berlin. Es gehe um eine Stabilisierung der Lieferketten und um eine Verringerung der Geldmenge. Letzteres könne der Staat nicht machen, dafür sei die Zentralbank zuständig. "Aber man kann ja zumindest mal höflichst drum bitten, dass die Geldmenge im Markt reduziert wird, dass die Zinsen erhöht werden. Dass all diese Inflationsbremsen, die wir so kennen aus der Theorie, auch gezogen werden. Nur mit Lohnpolitik werden Sie das nicht lösen."

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) trifft sich am Montag mit Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften zur ersten Runde der Konzertierten Aktion, die er angestoßen hatte. Dabei soll es um gemeinsame Maßnahmen gegen die Inflation gehen, die im Juni im Jahresvergleich bei 7,6 Prozent lag. Die Arbeitgeber sind laut Dulger bereit, an konstruktiven Lösungen zu arbeiten. "Es muss eine Mischung werden aus vielleicht steuerlichen Vergünstigungen, aus Erhöhungen von Transferleistungen für die wirklich Bedürftigen", sagte der Arbeitgeber-Präsident. "Das müssen wir diskutieren. Es wird nicht eine Lösung geben. Es werden viele kleine Schritte gemacht werden müssen."

DULGER STELLT STREIKRECHT IM NOTSTAND INFRAGE

Der Arbeitgeber-Präsident zeigte sich verärgert über einen eintägigen Warnstreik der Verdi-Mitglieder im Tarifkonflikt mit dem Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe. "Auf gar keinen Fall bin ich dafür, das Streikrecht einzuschränken", sagte Dulger zwar. Ihm habe es aber sehr missfallen, dass in Seehäfen gestreikt worden sei in einer Zeit gestörter Lieferketten, in der alle händeringend die Materialien bräuchten, die in Seehäfen lagerten. "Gibt es vielleicht so etwas in Zukunft wie einen nationalen Notstand, der dann auch Streikrecht bricht?" Er könne diese Debatte nicht führen, weil er überzeugt sei, dass das Streikrecht ein wichtiges Grundrecht sei: "Und ich wüsste nicht, wie man es einschränken kann. Aber vielleicht über die Idee eines nationalen Notstands."

(Bericht von Holger Hansen, redigiert von Olaf Brenner Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)