BANGKOK (dpa-AFX) - Mit einer scharfen Verurteilung Russlands wegen des Einmarsches in die Ukraine hat die große Mehrheit der Staats- und Regierungschefs beim Asien-Pazifik-Gipfel (Apec) in Bangkok vor schweren Folgen für die Weltwirtschaft gewarnt. Steigende Inflation, gestörte Lieferketten und erhöhte Risiken für die Finanzstabilität in Folge des Krieges verschärften die Anfälligkeit der globalen Wirtschaft, heißt es in einer am Samstag verabschiedeten gemeinsamen Abschlusserklärung. Es gebe allerdings auch "andere Ansichten und unterschiedliche Einschätzungen der Situation und Sanktionen".

Eine ähnlich lautende Abschlusserklärung hatte bereits die G20-Gruppe führender Industrie- und Schwellenländer bei ihrem Gipfel vor wenigen Tagen auf Bali zustande gebracht. Nach Asean in Kambodscha und G20 ging damit der Reigen internationaler Spitzentreffen in Asien zu Ende.

Russlands Aggression erschüttere die "Grundlagen der internationalen Ordnung", sagte Japans Regierungschef Fumio Kishida. Vor diesem Hintergrund sei es umso wichtiger, die Beziehungen zu den Entwicklungsländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas zu stärken, um die auf Regeln basierende internationale Ordnung aufrechtzuerhalten. Japan hat im Einklang mit dem Westen Sanktionen gegen Moskau verhängt. Doch nicht alle asiatischen Nationen tragen diese mit.

Für Russland nahm in Bangkok Vize-Ministerpräsident Andrei Beloussow anstelle von Präsident Wladimir Putin teil. Der Kremlchef war schon den beiden vorangegangenen Gipfeltreffen Asean und G20 ferngeblieben.

Gleichzeitig nahmen die 21 Apec-Staaten ein Konzept für eine grüne Kreislaufwirtschaft namens "Bangkok-Ziele" an, teilte Thailands Ministerpräsident Prayut Chan-o-cha mit. Dies war das große Ziel des Gastgeberlandes, das die Initiative als Vermächtnis seines Vorsitzes der Apec sehen wollte. Ziel ist ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum für die Zeit nach der Corona-Pandemie. Zudem sprachen sich die Teilnehmer für einen freien und fairen Handel im Pazifikraum aus.

Die 1989 auf Initiative Australiens gegründete Organisation hat sich zum Ziel gesetzt, in der Asien-Pazifik-Region eine Freihandelszone einzurichten und durch den Abbau von Handelsbarrieren das Wirtschaftswachstum der Mitgliedstaaten zu stärken. Beschlüsse der Apec sind allerdings nicht bindend, was als Schwachpunkt der Organisation gilt. Kritiker beklagen zudem, dass die Apec im Vergleich zu anderen inzwischen entstandenen regionalen Handelsabkommen zurückgefallen sei. In den Apec-Staaten lebt weit mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung. Der Block erwirtschaftet zusammen rund 60 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Den Vorsitz für das kommende Jahr übernahmen am Samstag die USA. Prayut übertrug die Führung der Organisation für 2023 stellvertretend an US-Vizepräsidentin Kamala Harris. Sie nahm für US-Präsident Joe Biden an dem Treffen teil. Harris kündigte an, dass der nächste Apec-Gipfel ab dem 12. November 2023 in San Francisco im US-Bundesstaat Kalifornien stattfinden werde.

Am Rande des Gipfels kam Harris am Samstag kurz mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping zusammen. Xi drückte dabei seine Hoffnung auf bessere Beziehungen mit den USA aus. "Hoffentlich werden beide Seiten ihr gegenseitiges Verständnis voranbringen, Missverständnisse und Fehlkalkulationen verringern und gemeinsam die Beziehungen zwischen den USA und China auf einen gesunden und stabilen Kurs bringen", zitierte das chinesische Staatsfernsehen den Präsidenten.

Harris reist nun auf die Philippinen weiter. Am Dienstag will sie Puerto Princesa in der Inselprovinz Palawan im Westen des Landes besuchen und dort mit Einwohnern, Fischern und Vertretern der Küstenwache zusammentreffen. Palawan liegt nahe der umstrittenen Spratly-Inseln im Südchinesischen Meer. Außer den Philippinen erheben noch andere Staaten Anspruch auf Teile der Inseln. China beansprucht die gesamte Inselgruppe für sich. Dass Harris sie besucht, könnte Peking nach Einschätzung von Beobachtern als Provokation auffassen.

Kurz vor dem Auftakt des Gipfels am Freitag hatte Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un erneut eine Interkontinentalrakete abfeuern lassen. In Bangkok kamen sofort die Verbündeten USA, Südkorea, Japan, Australien, Kanada und Neuseeland zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen. Kishida kommentierte den Raketentest als "absolut nicht hinnehmbar". Außer den Staaten gehören der Apec Brunei, Indonesien, Malaysia, die Philippinen, Singapur, Thailand, Taiwan, Hongkong, China, Mexiko, Papua-Neuguinea, Chile, Peru, Russland und Vietnam an./ln/DP/he