An den europäischen Märkten wachse die Zuversicht, dass die US-Wirtschaft in der Lage sein werde, eine harte Landung zu vermeiden, sagte Michael Hewson, Analyst beim Online-Broker CMC Markets. Der deutsche Leitindex Dax zog am Montag um knapp ein Prozent auf bis zu 14.747 Punkte an. Sein europäisches Pendant EuroStoxx50 legte in der Spitze um 0,8 Prozent auf 4050 Zähler zu. Zudem deuteten die US-Futures auf einen positiven Wochenstart an der Wall Street hin.

Die Konjunktur- und Zinssorgen wurden vor allem durch den jüngsten US-Arbeitsmarktbericht entlastet. "Die Märkte stürzten sich auf den überraschenden Rückgang der durchschnittlichen Stundenlöhne, die im Dezember um 4,6 Prozent stiegen und damit weit hinter den Erwartungen zurückblieben", konstatierte Hewson. Investoren hofften, dass dies die Gefahr einer anhaltend hohen Inflation verringert und die US-Notenbank davon abhält, die Zinsen weiter stark zu erhöhen. Analysten mahnten allerdings zur Vorsicht. "Weil es die derzeitige Kombination von niedriger Arbeitslosenquote und vielen offenen Stellen noch nie gab, kann niemand genau sagen, wie viel Inflationsdruck dadurch entsteht", warnte Commerzbank-Analyst Ulrich Leuchtmann.

ÖL IM AUFWIND - DOLLAR-SCHWÄCHE STÜTZT METALLE

Auch die Öffnung der chinesischen Grenzen für Reisen stützte die Kauflaune der Anleger. Die chinesische Wirtschaft werde sich dank des Wegfalls der Corona-Einschränkungen wahrscheinlich früher erholen als erwartet, sagte Commerzbank-Ökonom Tommy Wu. Die Wirtschaftstätigkeit könne schon im zweiten Quartal oder sogar im März in die Höhe schießen.

An den Rohstoffmärkten weckte die Öffnung der chinesischen Grenzen Hoffnungen auf eine stärkere Nachfrage des größten Rohölimporteurs der Welt. Nach dem Einbruch um mehr als acht Prozent in der vergangenen Woche, erholten sich die Ölpreise wieder. Die Nordsee-Sorte Brent und US-Leichtöl WTI verteuerten sich um jeweils mehr als drei Prozent auf 81,05 und 76,25 Dollar pro Barrel (159 Liter).

Im Rahmen der "neuen Phase" im Kampf gegen Covid-19 öffnete China am Wochenende zum ersten Mal seit drei Jahren seine Grenzen. Im Inland werden an den Feiertagen rund um das chinesischen Neujahrsfest etwa zwei Milliarden Reisen erwartet und damit fast doppelt so viele wie im letzten Jahr.

Die gedämpften Zinsaussichten und die zunehmende Risikofreude setzten unterdessen dem Dollar weiter zu. Der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, bröckelte um 0,3 Prozent auf 103,42 Punkte ab und lag damit nahe eines Sieben-Monats-Tiefs. Das kurbelte die Nachfrage nach in Dollar gehandelten Metallen an, weil diese dadurch für Investoren außerhalb der USA billiger wurden.

Gold verteuerte sich in der Spitze um 0,8 Prozent auf 1880,89 Dollar je Feinunze. Das ist der höchste Stand seit acht Monaten. Auch Industriemetalle wie Kupfer, Zink, Blei, Zinn und Aluminium gewannen in der Spitze zwischen 1,2 und 4,3 Prozent. Das trieb den europäischen Bergbausektor um 1,7 Prozent in die Höhe.

EINSTIEG VON US-INVESTOR TREIBT BAYER

Bei den Einzelwerten lief Bayer den anderen Kursgewinnern im Dax davon. Die Aktien des Leverkusener Agrar- und Pharmakonzerns zogen um mehr als fünf Prozent an, nachdem die kalifornische Investmentgesellschaft Inclusive Capital Partners bei Bayer eingestiegen ist. Die Gesellschaft, die vom Hedgefonds-Veteran Jeffrey Ubben 2020 gegründet wurde, hat sich nach eigenen Angaben mit 0,83 Prozent an dem Leverkusener Konzern beteiligt. Wie die "Financial Times" berichtete, hat Ubben, der an der Wall Street als eher zurückhaltender aktivistischer Investor bekannt ist, bereits die Unterstützung von mindestens einem der größten Bayer-Aktionäre, um auf Änderungen bei dem Unternehmen zu drängen.

In London stürzten unterdessen die Aktien der Spielentwickler Frontier Developments und Devolver Digital um rund 40 und knapp 13 Prozent ab. Frontier hatte die Prognose für die erste Jahreshälfte 2023 gesenkt; bei Devolver fielen die Verkaufszahlen für Dezember schlechter aus als erwartet.

(Bericht von Stefanie Geiger und Zuzanna Szymanska, redigiert von Hans Busemann.; Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)