Frankfurt/New York (Reuters) - In Erwartung neuer Hinweise auf die US-Geldpolitik halten sich Anleger mit Engagements an den europäischen Aktienbörsen zurück.

Dax und EuroStoxx50 fielen am Dienstag um jeweils etwa 0,3 Prozent auf 15.249,27 beziehungsweise 4006,24 Punkte. An der Wall Street kam der US-Standardwerteindex Dow Jones kaum vom Fleck. Investoren seien hin- und hergerissen zwischen soliden Firmenbilanzen und den steigenden Coronavirus-Fallzahlen in einigen Ländern wie Indien, sagte Analyst Pierre Veyret vom Brokerhaus Activtrades.

US-Notenbankchef Jerome Powell werde nach den geldpolitischen Beratungen am Mittwoch voraussichtlich sein Mantra einer auf absehbare Zeit ultra-lockeren Geldpolitik wiederholen, prognostizierte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. "Trotz der sich verbessernden Konjunkturdaten bleibt die Fed im Krisenmodus." Die Notenbank werde eine deutliche Erholung der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes sowie eine deutliche Entspannung der Gesundheitslage abwarten, bevor sie ihre Wertpapierkäufe drossele, prognostizierten die Analysten der Bank Unicredit.

Die unverändert positive Grundstimmung am Markt spiegelte sich unter anderem in Kursgewinnen der Reise- und Touristikbranche wider. Dank eines wachsenden Tempos bei den Corona-Massenimpfungen in der EU stieg der europäische Branchenindex auf ein Rekordhoch von 284,29 Punkten. Der Sektor hatte in den vergangenen Monaten besonders stark unter den Pandemie-Beschränkungen gelitten.

ÖLPREIS IM AUFWIND - KUPFER AUF ZEHN-JAHRES-HOCH

Aufwärts ging es auch für den Ölpreis. Die Sorte Brent aus der Nordsee verteuerte sich um 0,4 Prozent auf 65,93 Dollar je Barrel (159 Liter). Insidern zufolge einigten sich die großen Exportländer darauf, die Produktionsquoten wie vereinbart ab Mai anzuheben. Das für Mittwoch geplante Treffen der Minister sei abgesagt worden. Die Fördermengen würden Anfang Juni erneut überprüft. Trotz der Anhebung der Produktion durch die Opec+-Staaten werde die Nachfrage das Angebot vorerst weiter übersteigen, prognostizierte Analyst Giovanni Staunovo von der Bank UBS.

Unterdessen setzte Kupfer wegen möglicher Angebotsengpässe seinen Höhenflug fort. Das Industriemetall gewann gut zwei Prozent und war mit 9965 Dollar je Tonne zeitweise so teuer wie zuletzt vor zehn Jahren. "Chilenische Hafenarbeiter haben wegen Streits über die Altersversorgung zum Streik aufgerufen", erläuterte Analyst Carsten Menke von der Bank Julius Bär. "Sie werden von den Bergbaugewerkschaften unterstützt." Chile ist ein wichtiger Kupfer-Lieferant, und die weltweite Nachfrage übertrifft bereits jetzt das Angebot.

Gefragt war auch Bitcoin, das sich um gut drei Prozent auf 55.075 Dollar verteuerte. Angeheizt werde die Rally von den Plänen der Bank JPMorgan, einen Fonds für diese Kryptowährung aufzulegen, sagte Analyst Timo Emden von Emden Research. "Ein US-Bitcoin-Fonds wäre ein weiterer Ritterschlag."

ÜBERNAHMEFANTASIE UM HELLA - TESLA UNTER DRUCK

Am deutschen Aktienmarkt rückte Hella ins Rampenlicht. Einem Magazinbericht zufolge sondiert die Industriellenfamilie Hueck, die zusammen mit der Familie Röpke 60 Prozent an dem Autozulieferer hält, den Markt für einen Verkauf ihrer Anteile. Eine solche Transaktion könnte eine Übernahmeofferte für die übrigen Aktionäre nach sich ziehen und der Konzern könnte von der Börse genommen werden, kommentierte Analyst Sascha Gommel von der Investmentbank Jefferies. Hella-Aktien schlossen 13 Prozent im Plus bei 51,70 Euro. Das ist der größte Tagesgewinn der Firmengeschichte.

An der Wall Street fielen dagegen die Titel von Tesla um 3,3 Prozent, obwohl der Elektroautobauer bei Quartalsumsatz und -gewinn die Markterwartungen übertroffen hatte. "Ein Großteil der Zuwächse kommen von den Wetten auf den Bitcoin-Kurs", sagte Kim Forrest, Chef-Anlegerin des Vermögensverwalters Bokeh. "Es ist gut, dass sie viele Autos verkaufen, sie machen aber nicht viel Geld damit."