LONDON (dpa-AFX) - Der klare Sieg von Premierminister Boris Johnson und seinen konservativen Tories hat den britischen Aktienmarkt am Freitag beflügelt. Die lange Zeit lähmende Brexit-Unsicherheit wich aus dem Markt. Johnson kann nun das Land am 31. Januar zu den Bedingungen des ausgehandelten Austrittsabkommens aus der Europäischen Union führen.

"Johnson gewinnt die Wahlen für das britische Unterhaus mit einer deutlichen Mehrheit. Damit bestätigt der Wähler ein zweites Mal, dass er den Brexit will", schrieb NordLB-Volkswirt Stefan Große. Er glaubt jedoch, dass die Briten einen hohen wirtschaftlichen und politischen Preis für ihren Wunsch nach Unabhängigkeit bezahlen werden.

Der britische Leitindex FTSE 100 ("Footsie") war zwischenzeitlich um mehr als 2 Prozent in die Höhe geschnellt - ungeachtet des starken britischen Pfund, das zum US-Dollar und zum Euro deutlich zulegte und so Exporte verteuern kann. Am Ende blieb noch ein Plus von 1,10 Prozent auf 7353,44 Punkte.

Banken waren im "Footsie" unter den größten Gewinnern. Die nachlassende politische Unsicherheit nach der Wahl sei für die Institute positiv, kommentierten die Volkswirte von Goldman Sachs. Sie glauben, dass schon mit dem Februar-Budget konjunkturfördernde Maßnahmen angekündigt werden dürften und in der Folge das Wachstum ab der zweiten Jahreshälfte anziehen werde.

Unter den Kredithäusern schnellten die Papiere der Royal Bank of Scotland um mehr als 8 Prozent hoch. Lloyds und Barclays legten beide etwas weniger deutlich zu.

Auch Baufirmen profitierten. So waren Taylor Wimpey mit eine Plus vom fast 15 Prozent vorne im Leitindex. Persimmon gewannen rund 12 Prozent.

Auftrieb von der jüngsten Entwicklung auf der Insel bekamen zudem die Aktien von Fluggesellschaften. Nach dem Wahlergebnis sei die politische Zukunft klarer, sodass kurzfristig das Pfund sowie das britische Verbraucher- und Geschäftsvertrauen gestärkt werden sollten, schrieb Analyst Andrew Lobbenberg von der britischen Investmentbank HSBC.

Der Ausblick für die Airlines in Großbritannien helle sich kurzfristig auf, so Lobbenberg. Er empfahl die Aktien der International Airlines Group (IAG) zum Kauf. Die IAG-Anteilsscheine sprangen um rund 13 Prozent in die Höhe. Die Papiere von Easyjet gewannen rund 8 Prozent.

Zu den wenigen Verlierern am britischen Aktienmarkt zählten Konsumgüter- sowie Nahrungs- und Getränkehersteller. In diesem Sektor seien stark exportorientierte Konzerne, die mitunter in Pfund Sterling bilanzierten, schrieb der Experte Martin Deboo vom Analysehaus Jefferies. Sie reagierten mit Blick auf das stärkere Pfund entsprechend sensibel. Unilever, Reckitt Benckiser und Diageo bewegten sich jeweils nur wenig und hinkten damit dem Gesamtmarkt hinterher.

Minus-Vorzeichen gab es bei Aktien von Pharmaherstellern, die bei einem Brexit Medikamenten-Engpässe befürchten. Hikma Pharmaceuticals büßten rund 2 Prozent ein, GlaxoSmithKline verloren mehr als 1 Prozent./la