FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Dax hat vor dem Wochenende einmal mehr unter Inflationssorgen gelitten. Auslöser waren am Freitag deutlich stärker als erwartet gestiegene Erzeugerpreise in Deutschland. Der hiesige Leitindex schloss 1,12 Prozent im Minus bei 13 544,52 Punkten, womit sich die moderate Vortagserholung als Strohfeuer erwies. Er rutschte damit unter die 100-Tage-Linie, die als langfristiger Kursindikator gilt, und hielt sich nur knapp über der für den kurzfristigen Trend wichtigen 21-Tage-Linie.

Vor allem wegen des Kursrutsches vom Mittwoch steht ein Wochenverlust von 1,8 Prozent zu Buche, nachdem der Dax davor eine vierwöchige Erholungsrally hingelegt hatte. "Nachdem er in dieser Woche an der 14 000-er Marke abgeprallt ist, stehen die Zeichen nun erst einmal auf Konsolidierung", schrieb Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker Robomarkets. Andere Marktbeobachter äußerten sich ähnlich. Der MDax der mittelgroßen Unternehmen sank am Freitag um 1,98 Prozent auf 26 984,97 Zähler.

Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 verlor am Ende 1,25 Prozent auf 3730,32 Punkte. Der französische Cac 40 gab ebenfalls deutlich nach, wogegen der britische FTSE 100 sich knapp im Plus behauptete. Der US-Leitindex Dow Jones Industrial stand zum europäischen Handelsende 0,8 Prozent im Minus, während der technologielastige Nasdaq 100 sogar fast zwei Prozent einbüßte.

Nach vier Gewinnwochen scheine den europäischen Aktienmärkten die Puste ausgegangen zu sein, kommentierte Analyst Michael Hewson vom Broker CMC Markets UK. Die Autoren der Fuchs-Börsenbriefe riefen das Ende der Sommer-Rally aus.

Die hohe Inflation und die Sorge vor steigenden Zinsen bleibt einer der Hauptbelastungsfaktoren für die Börsen. Genährt wurde diese Furcht am Freitag von den Erzeugerpreisen in Deutschland. Sie waren im Juli im Rekordtempo gestiegen - es war der stärkste Preisschub seit Beginn der Erhebungen 1949. Die Erzeugerpreise wirken sich in der Regel auch auf die Verbraucherpreise aus, an denen die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Geldpolitik ausrichtet.

Am deutschen Aktienmarkt verloren konjunktursensible Werte aus dem Banken-, Automobil- und Tourismussektor mit am meisten. Anleger fürchten, dass schnell steigende Zinsen die Konjunktur abwürgen und es zu einer Rezession kommt. Auch Immobilienwerte präsentierten sich abermals schwach - höhere Zinsen verteuern die Finanzierung von Käufen, darunter kann die Nachfrage leiden.

Auf dem letzten Platz im Dax verloren Deutsche Bank über vier Prozent, Mercedes-Benz und die Titel des Immobilienkonzerns Vonovia sanken jeweils um 3,7 Prozent. Lufthansa gaben im MDax um knapp viereinhalb Prozent nach. Die Bank of America rät vor allem bei zyklischen Branchen wie Banken und Automobil zum Untergewichten.

Delivery Hero und Hellofresh profitierten nicht dauerhaft vom Kurssprung von Just Eat Takeaway. Der Essenlieferdienst hatte angekündigt, die Beteiligung am brasilianischen Branchenmitglied iFood für bis zu 1,8 Milliarden Euro an die Beteiligungsgesellschaft Prosus zu verkaufen.

Bernstein-Analyst William Woods wertete es positiv, dass die Liquiditätssorgen bei Just Eat Takeaway nun nachließen. Zahlungsfähigkeit und der Weg zur Profitabilität sind derzeit wichtige Themen in der ganzen Branche. Während die Papiere von Konkurrent Delivery Hero im MDax kaum verändert schlossen, gingen im Dax die Aktien des Kochboxen-Anbieters Hellofresh 0,3 Prozent schwächer aus dem Handel.

Die Titel des Finanzdienstleisters Hypoport brachen im Nebenwerteindex SDax um 15 Prozent ein. Das Bankhaus Metzler strich das bisherige "Hold"-Votum und rät nun zum Verkauf. Die jüngste Kurserholung sei zu weit gelaufen und die Geschäftsaussichten seien eher mau, begründete Analyst Jochen Schmitt die Abstufung.

Dagegen setzten die Aktien des Lkw-Zulieferers SAF-Holland ihre zur Wochenmitte unterbrochene Klettertour fort und gewannen 0,8 Prozent auf 8,695 Euro. Zeitweise erreichten sie den höchsten Stand seit Mitte März. Berenberg-Analyst Philippe Lorrain hob das Kursziel von 18 auf 20 Euro an und bekräftigte seine Kaufempfehlung. Er verwies auf verbesserte kurzfristige Gewinnaussichten und die erfolgreiche Übernahme des schwedischen Bremsenherstellers Haldex.

Der Euro sackte weiter ab und kostete zuletzt 1,0039 US-Dollar. Damit näherte sich der Kurs der Gemeinschaftswährung erneut der Parität zum Dollar, also einem Tauschverhältnis von eins zu eins. Letztmals wurde die Dollar-Parität Mitte Juli erreicht. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs zuvor auf 1,0054 Dollar festgesetzt.

Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 1,01 Prozent am Vortag auf 1,08 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel im Gegenzug um 0,25 Prozent auf 134,37 Punkte. Der Bund-Future büßte 0,98 Prozent auf 152,18 Punkte ein./gl/he

--- Von Gerold Löhle, dpa-AFX ---