FRANKFURT (awp international) - Das von Beobachtern als chaotisch gewertete TV-Duell im US-Präsidentschaftswahlkampf hat die Anleger am deutschen Aktienmarkt zur Wochenmitte in die Flucht getrieben. Der Dax notierte am späten Vormittag 0,69 Prozent tiefer bei 12 737,27 Punkten. Der MDax der 60 mittelgrossen Börsentitel sank um 0,54 Prozent auf 26 822,94 Zähler. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 verlor rund 0,7 Prozent.

"Auch wenn nicht wirklich viele ein geordnet ablaufendes und durch Sachlichkeit geprägtes TV-Duell zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem Herausforderer Joe Biden erwartet hatten, die Präsidentschaftsdebatte hätte kaum chaotischer ausfallen können", stellte Marktanalyst Milan Cutkovic von Axitrader fest. "Damit wächst unter den Investoren zunehmend die Angst, dass auch die Wahl selbst im Chaos enden könnte, falls Trump eine eventuelle Niederlage nicht akzeptieren sollte."

Unter den Einzelwerten standen die Aktien von Covestro als klares Dax-Schlusslicht mit einem Kursverlust von 7,5 Prozent im Anlegerfokus. Der Kunststoffkonzern will dem niederländischen Chemiekonzern Royal DSM dessen Sparte für harzbasierte Farben und Anstriche für gut 1,6 Milliarden Euro abkaufen. Covestro will den Zukauf mit Eigen- und Fremdkapital finanzieren sowie durch den eigenen Barmittelfluss. Aus einer dafür vorgesehenen Kapitalerhöhung sollen rund 450 Millionen Euro erlöst werden. "Die Übernahme erscheint auf den ersten Blick teuer", erklärte Analyst Markus Mayer von Baader.

Die Papiere von RWE setzten ihre jüngste Gewinnserie fort und stiegen um weitere 1,3 Prozent. Auch Eon legten im europaweit starken Versorgersektor um 0,8 Prozent weiter zu. Hintergrund seien wohl vor allem die bei den Anlegern im schwierigen Marktumfeld gefragten Defensivqualitäten, sagte Börsianer. Hierfür spreche auch der Kursgewinn der Deutschen Telekom von 0,8 Prozent. RWE punkte derweil als "klare Erneuerbare-Energien-Wette" besonders, so der Marktteilnehmer.

Der Pharmakonzern Merck KGaA kann nach dem Ende eines Patentstreits mit einem Sonderertrag rechnen. Merck will eine Rückstellung von 365 Millionen Euro auflösen, nachdem der Konzern im Streit um ein Patent mit Biogen vor einem US-Berufungsgericht Recht bekommen hat. Davon könnte maximal "ein mittlerer bis hoher zweistelliger Millionenbetrag im Finanzergebnis zu verbuchen sein". Die Anleger beeindruckte dies offenbar wenig, denn die Merck-Aktien büssten zuletzt 0,8 Prozent ein.

Die Papiere von S&T , die vorbörslich noch um mehr als 2 Prozent fester notiert hatten, sackten im Xetra-Handel um rund 11 Prozent ab. Der österreichische IT-Dienstleister bestätigte nach einer kritischen Analystenaussage seine Jahresziele. Das dritte Quartal sei mit Blick auf Umsatz und Gewinn "sehr gut" verlaufen. Beide Grössen seien aus eigener Kraft gesteigert worden.

Die Anteilsscheine von Encavis erreichten mit 16,18 Euro ein Rekordhoch und notierten zuletzt mehr als 3 Prozent im Plus. Dabei bauten die Papiere des Betreibers von Solar- und Windparks ihren Gewinn seit vergangenen Freitag auf rund 12 Prozent aus. Börsianer begründeten dies auch mit dem Ausgang des ersten TV-Duells im US-Präsidentschaftswahlkampf, das als Punktsieg für Joe Biden gesehen wird. Der Trump-Herausforderer will im Falle seines Sieges massiv in Klimaschutz und saubere Energie investieren.

Mit einem Dividendenabschlag von 53 Cent je Aktie werden an diesem Mittwoch die Papiere von Alstria Office gehandelt. Insofern handelt es sich bei dem aktuellen Kursrückgang von 52 Cent oder 4,3 Prozent nur um ein optisches Minus./edh/fba