FRANKFURT (awp international) - Nach der fulminanten Kursrally zum Wochenauftakt liess die Kauflaune am deutschen Aktienmarkt am Dienstag schon wieder nach. Anfangs ging es zwar für den Dax nochmals nach oben, Anleger zogen dann aber schnell die Handbremse an. Am frühen Nachmittag gab der Leitindex um 0,14 Prozent auf 11 043,77 Punkte nach. Er blieb damit knapp über der 11 000-Punkte-Marke, die er am Vortag erstmals seit Ende April wieder hinter sich gelassen hatte. Zwischenzeitlich drohte diese am Dienstag gleich wieder zu fallen.

Die mittelgrossen Werte schlugen sich am Dienstag etwas besser, wie der MDax mit einem Plus von 0,22 Prozent auf 24 141,16 Punkte zeigte. Der Eurozonen-Index EuroStoxx jedoch fiel um 0,25 Prozent auf 2904,59 Zähler. In New York zeichnet sich für den Dow Jones Industrial auch ein etwas schwächerer Start ab.

Die zuletzt besser gewordene Grundstimmung an den Märkten hatte mehrere Gründe, darunter die Corona-Lockerungen, steigende Ölpreise, Aussagen des Fed-Chefs Jerome Powell sowie die Hoffnung auf einen möglichen Impfstoff gegen das Coronavirus. Börsianer wiesen aber darauf hin, dass angesichts des Anstiegs nahe an das April-Hoch schon wieder eine Euphorie spürbar sei, die gewisse Gefahren mit sich bringe.

Marktbeobachter Thomas Altmann von QC Partners warnte vor Illusionen, "denn es wird lange dauern, bis wir alle Folgen dieser Krise hinter uns lassen." Experte Andreas Lipkow von der Comdirect Bank sprach angesichts dessen, dass die Gewinner vom Vortag nun die Verlierer sind, von einem "Kampf zwischen den Zweckoptimisten und den Pessimisten." Dieses hin und her hatte den Dax zuvor tagelang zwischen 10 000 und 11 000 Punkten in Zaum gehalten.

Auf Unternehmensseite holte der zuletzt ins Hintertreffen geratene Versicherungssektor im europäischen Branchenvergleich etwas auf, indem der Sektorindex einer der wenigen Gewinner war. Die Anteilsscheine der Allianz wurden mit einem Anstieg um 2,1 Prozent zum Dax-Spitzenreiter. Talanx kletterten im SDax um 2,6 Prozent, hier half auch eine Kaufempfehlung der Investmentbank HSBC.

Unter den Werten, die ihre Erholung gegen den Markt fortsetzten, waren die Papiere von Thyssenkrupp , die nach ihrem Kurssprung vom Montag nochmals 3,4 Prozent gewannen. Der Industriekonzern hatte am Vorabend nach Börsenschluss Pläne bekannt gegeben, wie er sich weiter gesund schrumpfen will. Spekuliert wurde nun auch wieder über die Gründung einer "Deutschen Stahl AG" mit Salzgitter.

Unter den Verlierern im MDax waren die Aktien von Hellofresh wegen Gewinnmitnahmen, wie es aus dem Handel hiess. Für den Kochboxen-Lieferanten ging es um 3,3 Prozent bergab. Dem Beispiel folgten auch die Papiere des Essenslieferdienstes Delivery Hero mit einem Abschlag von 1,3 Prozent. Beide Anteilsscheine wurden zuletzt als Gewinner der Viruskrise gefeiert, nun scheint die Luft erst einmal raus zu sein.

Im SDax machten Dermapharm positiv von sich reden. Die Aktien schnellten um fast sechs Prozent in neue Rekordhöhen, nachdem das Arzneiunternehmen im ersten Quartal ein höher als erwartetes Wachstum vermeldete. Förderlich für die Stimmung waren auch Aussagen, dass die Corona-Pandemie in einzelnen Therapiegebieten zu verstärkter Nachfrage geführt habe.

Die Aktien von KWS Saat dagegen tauchten im SDax auf der anderen Seite auf. Ein aus Analystensicht etwas besser als gedacht ausgefallenes drittes Geschäftsquartal hat den Anlegern des Saatgutherstellers am Dienstag keine Freude mehr gemacht. Mit einem Abschlag von zwei Prozent zollten sie ihrem starken Lauf auf ein Hoch seit Ende Februar Tribut.

Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von minus 0,54 Prozent am Vortag auf minus 0,46 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,38 Prozent auf 144,95 Punkte. Der Bund-Future gab um 0,27 Prozent auf 172,34 Punkte nach.

Der Euro hat am Dienstag an seine Vortagsgewinne angeknüpft. Die europäische Gemeinschaftswährung wurde zuletzt mit 1,0946 US-Dollar gehandelt. Den Referenzkurs hatte die Europäische Zentralbank (EZB) am Montagnachmittag auf 1,0832 (Freitag: 1,0798) Dollar festgesetzt./tih/jha/

--- Von Timo Hausdorf, dpa-AFX ---