PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Die Anleger an den europäischen Börsen haben am Freitag wieder den Rückzug angetreten. Der Zugzwang, unter dem die weltweiten Notenbanken derzeit wegen der hohen Inflation stehen, brachte die Investoren nach den Kursgewinnen vom Vortag wieder verstärkt ins Grübeln. Im Fokus standen auch ein schwacher Ifo-Geschäftsklimaindex und der große Verfall an den Terminbörsen. Es liefen Optionen und Futures auf einzelnen Aktien und auf Indizes aus. Diese Tage sind bekannt für spürbar schwankende Kurse.

Der EuroStoxx fiel um 0,96 Prozent auf 4161,35 Punkte, womit er in der Wochenbilanz ein Minus von 0,90 Prozent verzeichnete. Der französische Cac 40 verlor am Freitag 1,12 Prozent auf 6926,63 Zähler. Der britische FTSE 100 ("Footsie") dagegen legte dank Gewinnen bei den schwer gewichteten Rohstoffwerten um 0,13 Prozent auf 7269,92 Punkte zu.

Börsianern zufolge zeigte es sich in dieser Woche, dass die internationalen Entscheider die geldpolitische Wende vorantreiben, wenn auch mit unterschiedlicher Entschlossenheit. Laut den Experten der Berenberg Bank reduzieren große Zentralbanken ihre Wertpapierkäufe und führten dem Markt somit weniger Liquidität zu, die Bank of England habe sogar den ersten kleinen Zinsschritt nach oben gemacht. "Damit wird der Weg für einen stärkeren Anstieg der Marktzinsen geebnet", so die Experten. Dies kann verzinste Anlagen in der Theorie attraktiver machen.

Derweil belastet die aktuelle Corona-Welle die Stimmung in der deutschen Wirtschaft erheblich. Dies zeigte sich am Freitag im Ifo-Geschäftsklimaindex, der etwas stärker fiel als von Experten gedacht. Nach dem sechsten Rückgang in Folge notiert der Indikator auf dem tiefsten Stand seit Februar. "Ein erneuter Rückgang des Ifo-Index deutet auf einen Stillstand der Wirtschaft zum Jahreswechsel hin", schrieben die Experten der ING-Bank. Sie sehen darin aber in Erwartung eines besseren Jahrs 2022 keinen Grund zur Sorge.

"Die positivere Stimmung von Anfang der Woche ist Pessimismus gewichen, da steigende Infektionsraten und neue Corona-Beschränkungen den Risikoappetit zum Wochenende geschmälert haben", resümierte Marktanalyst Michael Hewson vom Handelshaus CMC Markets UK. So will die dänische Regierung angesichts der stetig steigenden Corona-Neuinfektionen das öffentliche Leben weiter beschränken. Ministerpräsidentin Mette Frederiksen kündigte an, dass Museen, Theater, Kinos, Zoos, Vergnügungsparks und Veranstaltungslokale schließen sollen.

In einer europäischen Branchenbetrachtung musste der Automobilsektor mit einem Minus von 2,7 Prozent die größten Abschläge verkraften. Als Belastung wurde unter anderem auf Daten zu den Neuzulassungen aus der EU verwiesen, die im November um 20,5 Prozent zurückgingen. Seit Monaten schon sacken die Zulassungszahlen deutlich ab - vor allem, weil den Autobauern Elektronikchips zur Fertigstellung der Fahrzeuge fehlen.

Der Teilindex der Reise- und Freizeitwerte aber gewann an der Spitze des Branchentableaus 2,3 Prozent. Fluggesellschaften blieben damit in der Corona-Pandemie besonders bewegt, dieses Mal aber mit positivem Vorzeichen. Die Aktien der britisch-spanischen IAG etwa zogen als Spitzenreiter im "Footsie" um rund vier Prozent an. Auch Aktien aus dem Flugzeugbau legten zu: Airbus und Safran waren im EuroStoxx mit Anstiegen um 1,7 beziehungsweise 1,2 Prozent vorne dabei.

In Amsterdam zogen die Anteilsscheine von Just Eat Takeaway um knapp fünf Prozent an. Die Lieferando-Mutter war mit einer Supermarktpartnerschaft in den britischen Lebensmittelliefermarkt eingestiegen. Auffällig waren ferner noch die Aktien des italienischen Diagnostikers DiaSorin, die in Mailand um fast elf Prozent absackten. Als Grund dafür wurde ein schwacher Umsatzausblick auf das Jahr 2022 genannt. Dieser stehe im Zusammenhang mit einem erwarteten Rückgang der Pandemie-bedingten Umsätze, hieß es./la/men