PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Eine unerwartet hohe Inflation in den USA hat der zuletzt größer gewordenen Hoffnung vieler Anleger am Dienstag einen herben Dämpfer beschert. In den USA schwächte sich die hohe Inflation zwar etwas ab, aber nicht so stark wie von Volkswirten erwartet. Marktbeobachter gehen nun davon aus, dass die US-Notenbank Fed damit unter Druck bleibt, ihre Geldpolitik weiter kräftig zu straffen - mit möglichen negativen konjunkturellen Folgen.

Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 büßte 1,65 Prozent auf 3586,18 Zähler ein. Vor den Inflationsdaten hatte er seine jüngste Erholung fortgesetzt und sich der Marke von 3700 Punkten genähert. Der Dow Jones Industrial sackte zuletzt um 2,8 Prozent ab.

Auch an den Länderbörsen in Frankreich und Großbritannien ging es bergab: Der Pariser Cac 40 sank um 1,39 Prozent auf 6245,69 Punkte, während der Londoner FTSE 100 1,17 Prozent auf 7385,86 Zähler verlor.

Der Chefvolkswirt Johannes Mayr vom Vermögensverwalter Eyb & Wallwitz sprach von "Ernüchterung auf dem Inflationsgipfel". Kritisch gesehen wurde vor allem, dass die um schwankende Energie- und Lebensmittelpreise bereinigte Kerninflation im August gestiegen ist. Diese wird von der US-Notenbank besonders kritisch beäugt. Laut Mayr wird die Fed ihr Straffungstempo auf der Sitzung kommende Woche auch deshalb nicht reduzieren. "Die Eindämmung der Inflation bleibt mühsam und von Rückschlägen geprägt", so der Volkswirt.

Die Gefahren durch die Inflation unterstrichen am Dienstag auch neue Daten aus der Eurozone, darunter jene aus Spanien. Dort war die Teuerung im August höher als zunächst gedacht ausgefallen. Auch in Deutschland ist von einer Abschwächung der Inflation nichts zu spüren, wie neue Daten des Statistischen Bundesamtes zeigten. Zudem verschlechterten sich die Konjunkturerwartungen deutscher Finanzexperten wegen der Angst vor Energieengpässen erneut.

Konjunktur- und zinsabhängige Branchen verzeichneten die stärksten Abgaben. Allen voran galt dies für den kapitalintensiven Immobiliensektor, der üblicherweise stark vom Zinsniveau beeinflusst wird, weil sich Kredite verteuern. Der Teilindex dieser Branche hielt im Branchenvergleich die rote Laterne mit einem Abschlag von 3,9 Prozent.

Einige als eher defensiv angesehene Sektoren zeigten sich vergleichsweise robust, wenngleich auch sie nachgaben. Nur ganz knapp im Minus ging der europäische Teilindex der Versorger aus dem Handel. Vor allem die 2,9 Prozent höheren Papiere der Energiekonzerne RWE und Engie stützten. Iberdrola aus Spanien war mit einem hauchdünnen Plus eine von drei positiven Ausnahmen im EuroStoxx.

Im Bankensektor, der sich nach zuletzt gutem Lauf mit minus 1,2 Prozent im Mittelfeld der Branchentabelle bewegte, kamen die Pläne der UBS gut an. Die Schweizer Großbank stellt ihren Aktionären wachsende Ausschüttungen in Aussicht. Die Aktie gewann 0,68 Prozent an Wert.

Weiter abwärts ging es dagegen mit dem Schweizer Nebenwert Zur Rose. Die Baader Bank wird mit dem neuen Votum "Add" weniger optimistisch für die Aktie der Online-Apotheke. Analyst Volker Bosse begründete dies unter anderem mit erneuten Verzögerungen bei der Einführung des E-Rezeptes in Deutschland. Die Aktie weitete ihr Minus auf 9,4 Prozent aus.

Auch die lange Zeit freundlichen Papiere von Philips konnten sich dem Druck nicht entziehen. Eine Kaufempfehlung durch die Societe Generale, die bis zum Nachmittag noch positiv wirkte, verpuffte mit einem Abschlag von letztlich 1,4 Prozent.

Eine auffällig positive Ausnahme in London waren die Aktien des Getränkekonzerns Fevertree, dessen Papiere nach soliden Halbjahreszahlen und bestätigtem Ausblick ein Plus von mehr als fünf Prozent verzeichneten./tih/jha/