PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Die mit Spannung erwartete Rede von Jerome Powell hat die Anleger an den europäischen Börsenplätzen am Freitag zum Zugreifen ermutigt. Der US-Notenbankchef erfüllte eher die Wünsche derer, die in puncto Geldpolitik auf gelassene Aussagen hofften. Der EuroStoxx setzte sich am Nachmittag klarer ins Plus ab und ging 0,51 Prozent höher bei 4190,98 Zählern aus dem Handel. Auf Wochensicht fuhr der Leitindex der Eurozone ein Plus von gut einem Prozent ein.

Powell stellte zwar eine Reduzierung der Fed-Anleihekäufe noch in diesem Jahr in Aussicht, blieb aber unkonkret und wies auf die von der Delta-Variante des Coronavirus ausgehenden Gefahren hin. "Aus dieser Aussage folgern wir, dass sich die Situation in der Summe nicht so eindeutig verbessert hat, dass ein Beschluss bereits auf der September-Sitzung wahrscheinlich ist", schrieb daraufhin Christoph Balz von der Commerzbank. Powell betonte außerdem, dass eine Reduzierung der Anleihekäufe noch kein unmittelbares Zeichen für eine baldige Zinserhöhung sei.

Auf Länderebene begaben sich die bedeutenden Märkte in positives Terrain: Neben dem deutschen Dax galt dies auch für den französischen Cac 40, der um 0,24 Prozent auf 6681,92 Punkte stieg. Der britische FTSE 100 gewann außerdem 0,32 Prozent auf 7148,01 Zähler.

Im europäischen Branchenvergleich schlugen sich vor dem Wochenende Minen- und Immobilienwerte letztlich am besten. Sie gelten wegen gestiegener Rohstoffpreise beziehungsweise weiterhin lockeren Finanzierungsbedingungen als Profiteure einer Situation niedrig bleibender Zinsen. Eher das Gegenteil ist bei Banken unter anderem wegen deren Kreditgeschäft der Fall, ihr Branchenindex hinkte dem Umfeld mit einem Anstieg um 0,1 Prozent etwas hinterher.

Unter Druck gerieten die Aktien des Essenslieferdienstes Just Eat Takeaway mit Einbußen von 7,5 Prozent. Zum Stimmungsdämpfer wurde, dass die US-Metropole New York die Branche jetzt dauerhaft stärker regulieren will - und damit die US-Tochter Grubhub trifft. Eine bisher nur temporäre Regelung, wonach die Lieferunternehmen den Restaurants maximal 15 Prozent des Auftragswerts als Gebühr in Rechnung stellen dürfen, soll nun dauerhaft gelten.

Ansonsten sorgten Analystenstudien für Gesprächsstoff. Bei Vestas mussten die Anteilseigner einen Kursverlust von 1,4 Prozent hinnehmen, nachdem die französische Großbank Societe Generale ihre Kaufempfehlung für die Aktie des Windkraftkonzerns gestrichen hatte. Als Grund nannte Analyst Rajesh Singla Lieferkettenprobleme, hartnäckig hohe Rohstoffpreise und eine zunehmende Unsicherheit mit Blick auf die kurzfristige Profitabilität.

Dagegen ließ eine Kaufempfehlung der US-Bank Citigroup die Titel des Autozulieferers Faurecia um 2,7 Prozent steigen. Die Übernahme des deutschen Scheinwerferherstellers Hella stütze das Umsatzwachstum sowie das Produktportfolio und sei ein Schritt in die richtige Richtung, lobte Analyst Gabriel Adler. Sorgen vor einem zu hohen Kaufpreis oder einer Überschuldung hätten sich nicht bestätigt./tih/he