PARIS/LONDON (awp international) - Europas Börsen haben am Mittwoch ein wenig vorgetastet. Der EuroStoxx 50 baute seine Gewinne bis zum späten Vormittag aus und stieg zuletzt um 0,34 Prozent auf 3300,78 Punkte. Grosse Kauflaune wollte sich aber weiterhin unter den Anlegern nicht recht entwickeln. Seit seinem Rückfall unter die Marke von 3400 Punkten im Juli tut sich das Börsenbarometer schwer. "Der jüngste Anstieg der Fallzahlen limitiert vorerst ein Stück weit das Kurspotenzial für europäische Aktien nach oben", schrieb Marktstratege Felix Herrmann von Blackrock Investment mit Blick auf die Corona-Pandemie.

Für den französischen Leitindex Cac 40 ging es zur Wochenmitte um 0,32 Prozent auf 4954,04 Punkte hoch. An der Londoner Börse, die derzeit vom starken britischen Pfund ausgebremst wird, fielen die Kursgewinne im FTSE 100 etwas moderater aus.

Während nun mit dem Beginn der nächsten Verhandlungsrunde das schwierige Thema Brexit wieder zurück ins Bewusstsein rückt, bleiben auch die neuen Wendungen im US-chinesischen Handelsstreit Thema: US-Präsident Donald Trump hatte jüngst Firmen aus dem Umfeld des chinesischen Huawei-Konzerns auf eine schwarze Liste gesetzt und nun auch die für Ende August geplanten Handelsgespräche mit China abgesagt. Während an der Wall Street dessen ungeachtet der S&P 500 und der technologielastige Nasdaq 100 am Vorabend ihre Rally fortgesetzt hatten, hinken Europas Börsen hinterher.

Den lethargischen europäischen Märkten neuen Schwung bringen könnte nach Einschätzung von Marktexperte Stephen Innes von Axicorp womöglich das Sitzungsprotokoll der US-Notenbank Fed, das am Abend nach dem hiesigen Börsenschluss ansteht: "Die Anleger werden darauf schauen, ob die Fed mit der Überprüfung ihrer Geldpolitik soweit fortgeschritten ist, dass sie womöglich konkrete Ankündigungen im September machen kann", so Innes. Die Hilfsmassnahmen der Notenbanken in der Corona-Krise waren bisher ein gewichtiger Grund, warum sich die Aktienmärkte so schnell von ihren März-Tiefs erholen.

Auf Unternehmensseite legten in Europa am Mittwoch vor allem Werte aus den Branchen Telekommunikation , Bau sowie Lebensmittel zu. Ölwerte gerieten dagegen wegen sinkender Preise am deutlichsten unter Druck. Die Touristikbranche knüpfte mit weiteren leichten Verlusten an ihre jüngste Schwächephase an, die vor allem durch neue Reisewarnungen und Quarantänemassnahmen befeuert wird.

Dagegen ist inzwischen klar, dass die weltweit grösste Containerreederei Moeller-Maersk unverhofft gut durch die aktuelle Krise kommt. Die Aktien stiegen um rund fünf Prozent.

An der Schweizer Börse stiessen hingegen die Halbjahreszahlen der Versandapotheke Zur Rose den Anlegern auf - die Papiere gaben zuletzt um mehr als sechs Prozent nach. Auch bei der Novartis -Tochter Alcon sorgten überraschend schlechte operative Ergebnisse für Kursverluste - die Papiere des Augenheilkunde-Unternehmens waren mit mehr als fünf Prozent Abschlag Schlusslicht im Schweizer Leitindex SMI .

Anteilsscheine des finnischen Energiekonzerns und Uniper -Mehrheitsaktionärs Fortum verloren nach ebenfalls enttäuschenden Zahlen knapp vier Prozent.

Mit der auslaufenden Berichtssaison gewinnen im Handel zunehmend auch wieder Analystenstimmen Gehör: So kletterten in London etwa die Papiere von AB Foods um nahezu drei Prozent, nachdem zuvor das Analysehaus RBC eine Kaufempfehlung abgegeben hatte. In Zürich ging es hingegen nach einer gestrichenen Kaufempfehlung der Barclays-Bank für die Clariant -Anteilsscheine um rund eineinhalb Prozent abwärts. Analyst Alex Stewart erachtet die Risiken für die Anleger des Spezialchemiekonzerns inzwischen als hoch./tav/mis