BERLIN (dpa-AFX) - Das Superwahljahr ist vorbei, aber auch 2022 steht eine Reihe wichtiger Wahlen in Deutschland an. Nachdem 2021 Bundestag und fünf Landtage neu gewählt wurden, sind Wähler in vier Bundesländern im kommenden Jahr aufgerufen, ihre Landesparlamente neu zu bestimmen. Dabei geht es auch um 19 der 69 Stimmen im Bundesrat. Die Wahlen sind zudem Prüfsteine für die neue Bundesregierung sowie im Besonderen für die CDU. In drei der vier Bundesländer müssen sich junge CDU-Ministerpräsidenten behaupten. Die SPD könnte nach dem Sieg bei der Bundestagswahl weitere Länderchefs stellen. Die AfD kämpft in allen vier Ländern um ein zweistelliges Ergebnis, die Linke darum, überhaupt in die Landtage zu kommen.

Vor den Landtagswahlen steht aber die Wahl zum Staatsoberhaupt. Die neue Bundesregierung ist zudem international gefordert, Deutschland hat 2022 die G7-Präsidentschaft inne. Das kommende Jahr markiert auch den deutschen Ausstieg aus der Atomenergie, bis Ende 2022 sollen die letzten Meiler abgeschaltet werden.

Staatsoberhaupt gesucht

Am 13. Februar wählt die Bundesversammlung den neuen Bundespräsidenten. Die Ampel-Parteien haben dort eine Mehrheit. Amtsinhaber Frank-Walter Steinmeier steht für eine zweite Amtsperiode bereit. Seine Chancen auf eine Wiederwahl stehen gut - bislang gibt es keinen weiteren Bewerber für das höchste Staatsamt. Dass das Staatsoberhaupt zwei Amtszeiten absolviert, ist eher die Ausnahme. Mit Theodor Heuss, Heinrich Lübke und Richard von Weizsäcker standen bisher nur drei Bundespräsidenten zehn Jahre an der Spitze des Staates. Horst Köhler trat während der zweiten Amtszeit zurück.

Wer regiert künftig an der Saar?

27. März: Den Auftakt zu den Landtagswahlen 2022 macht das Saarland. Das kleinste der deutschen Flächenländer mit rund einer Million Einwohner wurde in den vergangenen fünf Jahren von einer Koalition aus CDU und SPD regiert. Einer jüngsten Umfrage zufolge könnte das Bündnis weiterregieren, aber unter umgekehrten Vorzeichen mit Anke Rehlinger (SPD) als Ministerpräsidentin. Auch eine Ampel-Koalition wie im Bund wäre rechnerisch in Reichweite. Sollte es die CDU mit Ministerpräsident Tobias Hans nicht wieder als stärkste Partei schaffen, wäre dies ein krasser Fehlstart für die neue Führung nach dem Desaster bei der Bundestagswahl.

Neuauflage für "Jamaika" im hohen Norden?

8. Mai: Weiter geht es in Schleswig-Holstein. Im nördlichsten Bundesland mit knapp drei Millionen Einwohnern regiert seit fünf Jahren ein Bündnis aus CDU, Grünen und FDP. Die von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) geführte sogenannte Jamaika-Koalition agiert ohne größere Verwerfungen. Einer jüngsten Umfrage zufolge gäbe es eine Mehrheit für das Bündnis, allerdings ist die SPD mit Spitzenkandidat Thomas Losse-Müller deutlich an der CDU vorbeigezogen. Die Sozialdemokraten könnten versuchen, eine Ampel-Koalition oder eine Neuauflage der bis 2017 regierenden Koalition mit Grünen und Südschleswigschem Wählerverband (SSW) zu bilden. Die Hoffnungen der Grünen mit dem Spitzenduo Monika Heinold und Aminata Touré, nach Winfried Kretschmann den zweiten Ministerpräsidenten in Deutschland zu stellen, haben sich zuletzt eingetrübt, sie lagen in der jüngsten Umfrage nur auf Platz drei.

Bewährungsprobe für Wüst

15. Mai: Nur eine Woche später sind die Wähler im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen am Zug. Fast 18 Millionen Menschen leben hier. Nach einer Neuauflage der CDU/FDP-Regierung sieht es derzeit nicht aus. Die CDU mit dem neuen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst liegt in Umfragen deutlich hinter der SPD mit ihrem Landeschef und Spitzenkandidaten Thomas Kutschaty zurück. Rechnerisch möglich wären demnach derzeit eine SPD/CDU-Koalition, ein Ampel- oder Jamaika-Bündnis, unter Umständen sogar Rot-Grün. Noch hat Wüst mehr als fünf Monate Zeit, das Blatt zu wenden. Der 46-Jährige hat neben dem bevorstehenden Wahlkampf allerdings auch weiter den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz zu schultern.

Komfortable Ausgangslage für Stephan Weil

9. Oktober: Die Wahlkämpfer in Niedersachsen haben noch rund zehn Monate Zeit. Seit 2013 ist Stephan Weil Ministerpräsident des Bundeslandes mit rund acht Millionen Einwohnern. Der SPD-Politiker regierte bereits mit den Grünen, aktueller Koalitionspartner ist die CDU. Weil will wieder antreten, aktuell stehen die Chancen gut für die Sozialdemokraten. Sie liegen deutlich vor der CDU von Landeschef und Vize-Ministerpräsident Bernd Althusmann und den Grünen. Eine Neuauflage der SPD/CDU-Koalition hätte aktuell eine deutliche Mehrheit, auch für Rot-Grün würde es reichen. Althusmann will gegen Weil antreten. Dieser hat bereits eine Präferenz für die Grünen erkennen lassen.

Atomausstieg bleibt

Vor einer Zäsur steht Deutschland Ende 2022, dann sollen die letzten deutschen Atomkraftwerke abgeschaltet werden. Beschlossen wurde der finale Ausstieg nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima 2011. Der Rückbau der Meiler wird aber viele Jahre in Anspruch nehmen. Wo hochradioaktiver Müll gelagert werden soll, ist auch unklar, die Suche nach einem Endlager läuft. Allein diese nimmt noch zehn Jahre in Anspruch, für die Inbetriebnahme eines Endlagers wird das Jahr 2050 angepeilt. In den vergangenen Wochen hatte es eine Debatte über längere Laufzeiten für deutsche Atomkraftwerke gegeben. Hintergrund waren Frankreichs Pläne für neue Atommeiler und Diskussionen, ob Atomstrom ein Beitrag zum Klimaschutz sein könnte. Ein breiterer politischer Wille zur Abkehr vom Atomausstieg ist in Deutschland aber nicht vorhanden.

G7-Vorsitz

2022 hat Deutschland wieder den Vorsitz der sieben führenden westlichen Industriestaaten inne. Über Themen ist bislang wenig bekannt, Gipfelort könnte Medienberichten zufolge aber wie 2015 das Schloss Elmau in den Bergen bei Garmisch-Partenkirchen sein. Schon 1999 hatte die SPD-geführte Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder kurz nach der Amtsübernahme diese besondere internationale Herausforderung zu bewältigen, damals noch als G8-Vorsitzland unter Einschluss Russlands. Danach war Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zweimal Gastgeberin, 2007 beim G8-Gipfel in Heiligendamm in Mecklenburg-Vorpommern und 2015 beim G7-Gipfel auf Schloss Elmau./shy/DP/zb

--- Von Stefan Heinemeyer, dpa ----