FRANKFURT (Dow Jones)--Die Kapitalmarktanalysten des Bankhauses Lampe sehen in ihrem Ausblick 2022 die Weltkonjunktur gut unterwegs. Das Jahr stehe im Zeichen des Übergangs. Auch wenn der entscheidende Schlag gegen das Coronavirus weltweit kaum gelingen werde und Schutzmaßnahmen weiter zum Alltag gehören dürften, erwarten Alexander Krüger und Bastian Hepperlewegen Impffortschritten und Genesungen eine abklingende Gesundheitskrise. Viele diesjährige Exzesse dürften sich langsam zurückbilden: "Wir denken hier vor allem an die Reparatur globaler Lieferketten und niedrigere Energiepreise".

Ihr DAX-Ziel für Ende 2022 liegt bei 17.000 Punkten. Die Rendite der 10-jährigen Treasury/Bundesanleihe erwarten sie auf Sicht von zwölf Monaten bei 2,10 bzw. 0,00 Prozent. Den Dollar sehen sie gegenüber dem Euro im Vorteil und prognostizieren den Euro in zwölf Monaten mit 1,10 Dollar.

Die beiden Experten sehen den konjunkturellen Normalisierungsweg als steinig an, der in der zweiten Jahreshälfte besser gehbar sein dürfte. Grundsätzlich ermögliche er weiteres Wirtschaftswachstum und weniger Preisdruck.


   Deutsches Wachstum könnte auf Touren kommen 

Das Wachstumstempo dürfte 2022 divergieren. Die Nachzügler Deutschland und Euroraum, die die Ökonomen vor einem schwierigen Winterhalbjahr sehen, dürften höhere BIP-Zuwächse als 2021 erzielen, ihr Vor-Corona-Niveau aber erst noch erreichen. Für das Welt-BIP rechnen die Lampe-Banker mit einem Anstieg von 4,1 Prozent, nach voraussichtlich 5,8 Prozent 2021.

Besonders die Schwergewichte China und USA dürften weniger Dynamik entfalten, weil die fiskalpolitische Unterstützung sinke und beide im Erholungsprozess fortgeschritten seien. Gerade von der erwarteten Wachstumsabschwächung in China gingen wegen der erheblichen Kreditrisiken starke Konjunkturgefahren aus.


  Hohe Inflationsraten bis Mitte 2022 

Für hohe Inflationsraten bis Mitte 2022 sprechen laut den Ökonomen, dass sich erst dann die Energiepreisverspannungen und Materialengpässe spürbarer lösen werden. Margendruck und Preissetzungsmacht dürften für moderate Preisüberwälzungen sorgen. Weil 2022 viele Basis- und Sondereffekte aus dem Vorjahresvergleich fielen, stünden deutlich sinkende Inflationsraten für das zweite Halbjahr auf der Agenda. Raten unter 2,0 Prozent seien keine Utopie.

Obwohl die Ökonomen nicht mit einer echten Lohn-Preis-Spirale rechnen, dürften geldpolitische Preisziele wohl erst 2023 stärker erfüllt werden. Strukturell bleibe der Inflationsblick aufwärts gerichtet, weil etwa Klimaschutz zum Nulltarif nicht zu haben sei.


   Fed und BoE drehen an Zinsschrauben, EZB nur an Wertpapierkäufen 

Die Notenbanken dürften 2022 auf die exzessive globale Verschuldung fokussiert bleiben und hohe Inflationsraten überwiegend hinnehmen. Letztere sorgten für niedrige Realzinsen, womit die Schuldentragfähigkeit besser gewährleistet sei und Systemrisiken unter der Decke blieben. Weil der Pandemie-Notfall im nächsten Jahr nicht mehr bestehe, werde sich der geldpolitische Blick wohl ändern: hin zu weniger bzw. keinen Wertpapierkäufen und Leitzinserhöhungen.

Die Lampe-Analysten erwarten, dass insbesondere die Fed und die Bank of England an der Zinsschraube drehen werden. Bei der EZB dürfte es lediglich zu einer Reduktion von Wertpapierkäufen reichen. Der anvisierte geldpolitische Schwenk werde den Trend moderat steigender Staatsanleiherenditen voraussichtlich unterfüttern, so Krüger und Hepperle.

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DJG/gos/smh

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November 30, 2021 10:06 ET (15:06 GMT)