Von Justin Lahart

WASHINGTON, D.C. (Dow Jones)--Ernsthaft knausern wollen die meisten Amerikaner noch nicht. Wenn der Dollar im Weihnachtsgeschäft wieder locker sitzt, ist es für den Einzelhandel vor allem wichtig zu erfahren, wo und wofür die Menschen ihr Geld ausgeben.

Das Handelsministerium berichtete am Mittwoch, dass die Einzelhandelsumsätze im Oktober um 1,3 Prozent gegenüber September gestiegen sind und damit 8,3 Prozent über dem Vorjahresniveau lagen. Sie stiegen auch stärker als die Verbraucherpreise, die laut Arbeitsministerium im gleichen Zeitraum um 7,7 Prozent zulegten. Unter dem Vorbehalt, dass die Einzelhandelsumsätze nur einen Teil des Warenkorbs darstellen, auf dem die Verbraucherpreisdaten basieren, scheint es also so, als hätten die Einzelhändler inflationsbereinigt etwas mehr verkauft als im Vorjahr.

Darüber hinaus stiegen die Umsätze ohne Autohäuser, Tankstellen, Baumärkte und Gastronomiebetriebe im Oktober gegenüber September um 0,7 Prozent. Ökonomen sprechen hier von "Kontroll"-Umsätzen, die sie zur Beurteilung des Bruttoinlandsprodukts heranziehen. Diese wurden für die beiden Vormonate nach oben korrigiert. Die Einschätzung der Ökonomen zur Entwicklung des BIP im vierten Quartal wurde ebenfalls angehoben.

Allerdings profitieren nicht alle Einzelhändler. Die Umsätze in Elektronik- und Haushaltswarengeschäften, die vor einem Jahr noch boomten, gingen im Vergleich zum Oktober letzten Jahres um 12,1 Prozent zurück. Die Umsätze in Kaufhäusern sanken um 1,6 Prozent. Möbel- und Einrichtungsgeschäfte sowie Läden für Sportartikel, Hobby und ähnliches verbuchten nur geringfügig gestiegene Umsätze und verzeichneten inflationsbereinigt eine Rückgang.


   Gehobener Einzelhandel könnte Federn lassen 

In der Zwischenzeit stiegen die Umsätze in der Gastronomie um 14,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das ist ein weiteres Zeichen dafür, dass die Menschen ihre Ausgaben von Waren auf Dienstleistungen verlagern. Während der Pandemie war es genau andersrum. Die Umsätze in Baumärkten stiegen um 9,2 Prozent. Während einer Telefonkonferenz am Dienstag wies Home Depot darauf hin, dass trotz der deutlichen Abschwächung des Wohnungsmarktes weiterhin eine solide Nachfrage nach Heimwerkerprodukten existiert.

Während sich die Verbraucherpräferenzen ändern, ist auch das wirtschaftliche Umfeld in Bewegung. Die Inflation ist hoch, scheint sich aber abzukühlen. Der Arbeitsmarkt sieht insgesamt gut aus, präsentiert sich aber nicht mehr ganz so angespannt wie noch vor einigen Monaten, was den Lohnanstieg bremsen könnte.

Die angekündigten Entlassungen bei Technologieunternehmen wie Twitter und der Facebook-Muttergesellschaft Meta Platforms machen nur einen winzigen Teil der Gesamtbeschäftigung in den USA aus. Berücksichtigen muss man dennoch, dass viele der dort Beschäftigten wesentlich mehr verdienen als der Durchschnitt. Das könnte die Umsätze in Geschäften, die sich an einkommensstärkere Verbraucher richten, belasten. Gleiches gilt für den starken Rückgang der Aktienkurse, weil die Wohlhabenden einen weitaus größeren Teil ihres Vermögens in Aktien anlegen als die Amerikaner mit mittlerem und niedrigem Einkommen.

Daraus folgt eine Dynamik, die für preiswerte Geschäfte wie Walmart von Vorteil zu sein scheint. Am Dienstag legte das Unternehmen Ergebnisse vor, die über den Schätzungen lagen. Der mächtige Einzelhändler gab an, dass drei Viertel des im vergangenen Quartal hinzugewonnenen Marktanteils bei Lebensmitteln von Haushalten mit einem Jahreseinkommen von mehr als 100.000 US-Dollar stammten. Das darf man durchaus so interpretieren, dass Verbraucher mit höherem Einkommen vorsichtiger mit ihrem Geld umgehen wollen.

Für Einzelhändler, die sich vorrangig an Wohlhabende richten oder gar an Menschen, die bis vor kurzem noch Traumgewinne in Kryptowährungen gemacht haben, könnten die Feiertage diesmal weniger rosig ausfallen.

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November 17, 2022 05:10 ET (10:10 GMT)