Von Simon Clark

LONDON (Dow Jones)--Die größten europäischen Banken haben sich verpflichtet, die Finanzierung von Kohlendioxidemissionen bis 2050 einzustellen. Laut einer Aktivistengruppe, die von Großaktionären unterstützt wird, unternehmen die Kreditgeber aber nicht genug, um ihre Ziele zu erreichen. Shareaction, eine in London ansässige gemeinnützige Organisation, die Investorenkampagnen koordiniert, um Banken wie Barclays und HSBC zu Umweltmaßnahmen zu drängen, legt den Finger in die Wunde. Die Kreditgeber würden ihre Zusagen nur zögerlich in die Tat umsetzen.

"Viele Banken stehen an der Startlinie, aber nur wenige haben angefangen zu laufen", ärgert sich Jeanne Martin, eine der Autorinnen eines Shareaction-Berichts. Damit die Banken die Ziele für 2050 erreichen, müssen sie ihre Arbeitsweise jetzt grundlegend ändern, so Martin. Laut Shareaction hat sich zum Beispiel keine europäische Bank dazu verpflichtet, die Kreditvergabe für den Ausbau neuer fossiler Brennstoffe vollständig einzustellen. Im Mai teilte die Internationale Energieagentur (IEA) mit, dass neue Projekte zur Versorgung mit fossilen Brennstoffen sofort eingestellt werden müssten, sofern die Welt die Netto-Kohlenstoffemissionen bis 2050 auf null reduzieren wolle.

Fondsmanager geben beim Klimaschutz Gas

Nur 3 der 25 von Shareaction untersuchten europäischen Banken haben sich verpflichtet, die von ihnen finanzierten Emissionen bis 2030 zu halbieren - ein Zwischenschritt auf dem Weg zum Ziel für 2050. Dabei handelt es sich um die britische Lloyds Banking Group und um Natwest sowie die Nordea, die größte skandinavische Bank.

Der Klimawandel gibt vielen Investoren Anlass zu wachsender Sorge. Es wird erwartet, dass die Rolle des Kapitals bei der Verursachung von Kohlenstoffemissionen - und bei der Finanzierung grüner Energie - ein Hauptthema auf einem von den Vereinten Nationen geförderten Gipfel sein wird, der im November in Glasgow stattfinden soll.

Wenn die Banken ihre Klimaziele nicht einhalten, wird es für Investoren schwieriger, Aktien der Banken zu besitzen und ihre eigenen Verpflichtungen zur Senkung der Kohlenstoffemissionen zu erfüllen. Fondsmanager mit einem Gesamtvermögen von 43 Billionen US-Dollar haben sich der "Net Zero Asset Managers"-Initiative angeschlossen, die das Ziel der Vereinten Nationen unterstützt, bis 2050 netto keine Emissionen zu verursachen. "Wenn die Banken keine Übergangspläne von ihren Kunden bekommen können, müssen sie sich möglicherweise von diesen Kunden verabschieden", erläutert Fondsmanager Roland Bosch von Federated Hermes.

HSBC mit Übergangszielen

Europa ist derweil das Epizentrum einer wachsenden Bewegung von Anlegern und Aufsichtsbehörden, die Banken und Unternehmen zwingen wollen, ihr Engagement in Bezug auf Kohlenstoff zu reduzieren. Aber auch US-amerikanische Kreditgeber haben sich verpflichtet. Mehrere, darunter Citigroup, Bank of America und Morgan Stanley, haben sich der "Net Zero Banking"-Allianz angeschlossen. Sie wurde dieses Jahr in Zusammenarbeit mit Mark Carney, dem ehemaligen Gouverneur der Bank of England und UN-Sonderbeauftragten für Klimaschutz und Finanzen, gegründet. Die Allianz umfasst 55 Banken aus 28 Ländern.

Dem Shareaction-Bericht zufolge ist Barclays das einzige Kreditinstitut in der Umfrage, das die Kapitalmarktzeichnung in seine Zwischenziele einbezieht. Aber die in London ansässige Bank hat sich noch nicht verpflichtet, die Finanzierung von Kohle einzustellen, so Shareaction. Eine Sprecherin von Barclays sagt, die Bank begrüße die Ansichten von Shareaction und beschleunige den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft. HSBC plant derweil, die Finanzierung von Kohlekraftwerken weltweit bis 2040 auslaufen zu lassen und hat seit April 2018 nach eigenen Angaben keine neuen Kohlekraftwerke mehr finanziert. Der Bankkonzern wird Übergangsziele für Öl-, Gas-, Strom- und Versorgungsunternehmen festlegen, um bis Ende dieses Jahres weniger Kohlendioxid zu produzieren, legt sich eine Sprecherin fest.

Appell an CEOs von 115 Investmentfirmen

Natwest wird die Kreditvergabe an große Öl- und Gasproduzenten einstellen, sofern diese nicht bis Ende 2021 einen glaubwürdigen Umstellungsplan für die Produktion von weniger Kohlendioxid vorlegen. Nordea plant, dieses Jahr neue Richtlinien für den Sektor der fossilen Brennstoffe zu veröffentlichen. Lloyds hat sich verpflichtet, weitere Maßnahmen zu ergreifen, um sein Ziel zu erreichen.

Nur die italienische Intesa Sanpaolo hat sich dem Bericht zufolge verpflichtet, ihr Engagement in allen unkonventionellen Öl- und Gasquellen, wie Fracking und Bohrungen in der Arktis, auslaufen zu lassen. Ein Sprecher von Intesa lehnte eine Stellungnahme ab.

Im Juli koordinierte Shareaction einen Brief an die CEOs von 115 Investmentfirmen, die zusammen 4,2 Billionen Dollar verwalten, darunter Fidelity International, Man Group und Federated Hermes. Sie forderten unter anderem den Ausstieg aus der weltweiten Finanzierung von Kohle bis 2040 und die Veröffentlichung von Klimazielen für die nächsten fünf bis zehn Jahre jeweils vor den Jahreshauptversammlungen im kommenden Jahr.

Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

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September 06, 2021 03:47 ET (07:47 GMT)