Von Aaron Back

WASHINGTON (Dow Jones)--Die Aktienmärkte erholten sich am Mittwoch, nachdem Daten in den USA eine Abkühlung der Inflation im Juli zeigten. Anleger sollten sich dennoch nicht zu früh freuen: Unter den Preisen ist noch jede Menge Feuer.

Der Verbraucherpreisindex stieg im Juli im Jahresvergleich um 8,5 (Juni: 9,1) Prozent und lag damit etwas unter den Erwartungen von 8,7 Prozent. Dies war vor allem den sinkenden Benzinpreisen zu verdanken. Nach Angaben der American Automobile Association (AAA) liegt der landesweite Durchschnittspreis für bleifreies Normalbenzin jetzt bei 4,01 US-Dollar. Im Monat zuvor waren es noch 4,68 US-Dollar. Die Benzin-Futures sind sogar noch stärker gefallen, was auf weitere Preissenkungen schließen lässt.


 Fokus auf Kerninflation 

Die Kerninflation, die Lebensmittel und Energie nicht berücksichtigt, stieg im Juli um 5,9 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat und damit genauso stark wie im Juni. Wirtschaftswissenschaftler - und geldpolitische Entscheidungsträger bei der Federal Reserve - neigen dazu, sich mehr auf die Kerninflation zu konzentrieren, weil sie wissen, dass die Rohstoffpreise zu allen Zeiten stark schwanken können und damit den zugrunde liegenden Trend der Inflation verdecken können.

Natürlich können die Benzinpreise nicht gänzlich ignoriert werden, da sie einen großen Einfluss auf die Verbraucherpsychologie und die Inflationserwartungen haben. Und wenn die Erwartungen aus dem Ruder laufen, besteht die Gefahr, dass eine Lohn-Preis-Spirale wie in den 70er Jahren in Gang gesetzt wird.

Ein Bericht der Federal Reserve Bank of New York vom Montag, der einen starken Rückgang der Inflationserwartungen zeigte, sorgte für weitere Erleichterung am Markt: Die Verbraucher gehen nun davon aus, dass die Inflation in drei Jahren bei 3,2 Prozent liegen wird, während sie im Juni noch 3,6 Prozent erwartet hatten.


   Inflationserwartungen wichtiger Faktor 

Dies hat wahrscheinlich viel mit dem Preisrückgang zu tun, den die Menschen an den Zapfsäulen beobachten konnten. Von besonderer Bedeutung ist dies deshalb, weil die Fed-Verantwortlichen zuvor den starken Anstieg der Erwartungen als Grund für die Beschleunigung des Tempos der Zinserhöhungen von 0,5 auf 0,75 Prozentpunkte angeführt hatten.

Es ist jedoch leicht vorstellbar, dass die Benzinpreise wieder ansteigen und damit auch die Inflationsängste der Haushalte, zum Beispiel wenn die Sanktionen gegen russische Exporte verschärft werden. Der andere Schlüssel zur Vermeidung einer Lohn-Preis-Spirale liegt auf dem Arbeitsmarkt, und hier gibt es nichts, was die Fed beruhigen könnte - zumindest noch nicht. Der Bericht des Arbeitsministeriums vom vergangenen Freitag war ein Paukenschlag, denn er zeigte, dass die Wirtschaft im Juli saisonbereinigt 528.000 neue Jobs geschaffen hat. Der gesunde Arbeitsmarkt ist ein Teil der Erklärung, warum andere Komponenten des Verbraucherpreisindex, wie die Kosten für selbstgenutztes Wohneigentum (unterstellte Mieten), stabil bleiben.


50 oder 75 Basispunkte 

Im Moment scheinen die Anleger gespalten in der Frage, ob die Fed bei ihrer nächsten Zinserhöhung am 21. September eine Anhebung um 0,5 oder 0,75 Prozentpunkte vornehmen wird. Die Futures-Märkte gingen nach dem Arbeitsmarktbericht vom Freitag von einer Anhebung um 0,75 Prozentpunkte aus, haben sich inzwischen aber wieder korrigiert und erwarten laut dem Fed Watch Tool der CME Group mit einer 62,5-prozentigen Wahrscheinlichkeit eine Anhebung um nur einen halben Prozentpunkt.

Angesichts der mit 5,9 Prozent immer noch deutlich erhöhten Kerninflation im Juli muss die Fed wahrscheinlich erst Anzeichen für eine Abkühlung auf dem Arbeitsmarkt erkennen, bevor sie das Tempo der Zinserhöhungen drosseln kann. Zwischen jetzt und der nächsten Entscheidung der Fed steht noch ein weiterer Arbeitsmarktbericht an. Und dieser wird von entscheidender Bedeutung sein.

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DJG/DJN/rer/smh

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August 11, 2022 03:17 ET (07:17 GMT)