Brüssel/Berlin (Reuters) - Die Unternehmen BioNTech und Pfizer wollen laut EU-Kommission den EU-Staaten im zweiten Quartal 50 Millionen Einheiten des Corona-Impfstoffs mehr liefern als bislang geplant.

Dies soll das EU-Ziel absichern, bis Herbst möglichst allen Bürgerinnen und Bürgern ein Impfangebot zu machen - und könnte auch Probleme auffangen, die bei Impfstoffen von AstraZeneca (AZ) und Johnson & Johnson (J&J) entstanden sind. Deutschland könnte nach dem üblichen Verteilschlüssel rund neun Millionen der zusätzlichen Dosen erhalten. Laut Bundesgesundheitsminister Jens Spahn wurden hier am Dienstag nach schwächeren Tagen wieder mehr als 500.000 Menschen geimpft. Das Robert-Koch-Institut meldete aber zugleich stark steigende Zahlen an Corona-Neuinfektionen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte in Brüssel, dass BioNTech und Pfizer Lieferungen vorziehen wollten, die für Ende des Jahres geplant waren. Die Kommission verhandelt gleichzeitig mit Firmen über Bestellungen für die kommenden Jahre. Nach Angaben von der Leyens sollen dabei Verträge mit Herstellern von sogenannten mRNA-Impfstoffen Vorrang haben. Sie sprach von einem weiteren Vertrag über 1,8 Milliarden Dosen für die Jahre 2022 und 2023 und bestätigte damit einen früheren Reuters-Bericht. Während die italienische Zeitung "La Stampa" schrieb, die Kommission wolle gar keine Verträge mehr mit Herstellern sogenannter Vektorimpfstoffe wie AZ oder J&J abschließen wolle, sagte ein EU-Kommissionssprecher, man halte sich alle Optionen offen. Hintergrund der Debatte sind Klagen, AstraZeneca halte seine Lieferzusagen an EU-Staaten nicht ein.

Auch in Deutschland hatte das Gesundheitsministerium seine Übersicht über zu erwartenden Impfstoff-Lieferungen mehrfach korrigieren müssen. In der letzten beiden April-Wochen sollen nun nur noch knapp 730.000 AZ-Dosen geliefert werden - deutlich weniger als vor Wochen vom Hersteller versprochen. Ein Sprecher des Gesundheitsministerium betonte, dies werde aber nichts an den geplanten Liefermengen für die Hausärzte in den kommenden Wochen ändern. Die Praxen erhielten in dieser Woche 1,012 Millionen Dosen von BioNTech. Kommende Woche sollen es 1,016 Millionen sein, übernächste Woche 1,5 Millionen. Ab kommender Woche werde neben BioNTech auch AstraZeneca ausgeliefert.

Unklar blieb zunächst, was mit den 232.800 Dosen von J&J geschieht, die in Deutschland für die Verteilung in dieser Woche geplant waren und nach Angaben aus Niedersachsen im Verteillager des Bundes in Quakenbrück lagern. Die Firma hatte die Verwendung nach US-Berichten über mögliche Thrombose-Gefahren zunächst gestoppt. Große Bundesländer wie Bayern, Baden-Württemberg oder Niedersachsen betonten auf Anfrage aber, sie würden trotz der geringen Mengen keine Probleme für ihre Impfkampagnen erwarten.

Die europäischen Arzneimittelbehörde EMA erklärte am Mittwoch, sie sehe den Nutzen des Impfstoffes von J&J weiter als höher als das Risiko an. Eine endgültige Empfehlung will die EMA kommende Woche abgeben. Schweden will die gelieferten Impfstoffe von J&J ebenso wie Spanien zunächst nicht einsetzen. Dänemark wiederum entschied, die Impfung mit AstraZeneca ganz zu stoppen. Bei diesem Vakzin hatte es ebenfalls Berichte über eine Häufung von Gehirnblutungen im Zusammenhang mit der Impfung gegeben.

Dies hatte auch in Deutschland zu Einschränkungen bei der Nutzung geführt. Nun erzwingt ein Beschluss eine erneute Umorganisation der Impfplanungen. Die Gesundheitsminister hatten am Dienstag entschieden, der Empfehlung der ständigen Impfkommission (Stiko) für die Zweitimpfung mit AstraZeneca zu folgen. Danach sollen Personen unter 60 Jahren mit einer Erstimpfung mit AstraZeneca nun ein anderes Vakzin bei der Zweitimpfung verabreicht bekommen. Der für Impfungen in seinem Land zuständige brandenburgische Innenminister Michael Stübgen (CDU) sagte Reuters, deshalb würden vorerst keine weiteren Erst-Impftermine mit BioNTech mehr vergeben. Man brauche in den kommenden Wochen rund 60.000 zusätzliche BioNTech-Dosen für die Zweiimpfungen. Bayern erklärte dagegen, dass man weiter Termine für Erstimpfungen vergeben werde.

Spahn schrieb auf Twitter, mittlerweile hätten mehr als 14 Millionen Menschen in Deutschland (16,9 Prozent) mindestens eine Corona-Impfung erhalten. Den vollen Impfschutz hätten nun 5,2 Millionen. Insgesamt seien bisher 19,2 Millionen Dosen verimpft worden, davon 530.000 am Dienstag.

Gleichwohl meldete das RKI am Mittwoch 21.693 Neuinfektionen. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg binnen Tagesfrist von 140,9 auf 153,2. Auch die Zahl der Toten steigt den RKI-Angaben zufolge wieder deutlicher: 342 weitere Menschen sind in Verbindung mit Covid-19 gestorben. Die RKI-Zahlen liegen deutlich höher als am Mittwoch der Vorwoche, als es knapp 9677 Neuinfektionen gab. Die Zahlen sind wegen der Ostertage aber weiter schwer vergleichbar.