Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat seine Geldpolitik wie erwartet unverändert gelassen und sich für die nächsten Monate alle Optionen offengehalten. Die Wachstumsaussichten wurden in etwa wie Anfang März eingeschätzt, und Diskussionen über eine Verringerung der Anleihekäufe unter dem Pandemieprogramm PEPP gab es nach Aussage von EZB-Präsidentin Christine Lagarde nicht. Allerdings änderte die EZB ihren Inflationsausblick leicht. Das sind die 5 wichtigsten Erkenntnisse des Tages.

1. Pandemiekaufprogramm PEPP

Die EZB hat im März eine deutliche Anhebung der PEPP-Käufe versprochen und dieses Versprechen nach Lagardes Aussage auch eingehalten. Analysten, die auf die teilweise schwachen Wochendaten schauen, schrieb die EZB-Präsidentin ins Stammbuch, dass diese "weniger relevant" seien. Dass diese erhöhten Käufe bis Juni weitergehen würden, stand schon vorher fest, wurde aber ausdrücklich bestätigt. Für das dritte Quartal erwarten manche Analysten eine Verlangsamung der Käufe, andere eine Beibehaltung des höheren Tempos. Bei einem anhaltend hohen Tempo würden wohl Fragen nach einer Aufstockung des Gesamtvolumens von 1.850 Milliarden Euro aufkommen. Der Anfang vom Ende des PEPP steht jedenfalls nicht bevor, denn über ein Tapering wurde laut Lagarde nicht diskutiert.

2. "Klassisches" Kaufprogramm APP

Das Monatsvolumen von 20 Milliarden Euro bleibt bis kurz vor der ersten Zinserhöhung bestehen. Derzeit steht das APP klar im Schatten des PEPP. Das dürfte sich ändern, sobald das PEPP ausläuft. Viele Analysten erwarten, dass das monatliche Kaufvolumen dann erhöht wird.

3. Zinsen

Sie sollen so lange auf ihrem aktuellen oder einem noch niedrigeren Niveau bleiben, bis die EZB eine überzeugende Wende der Inflation in Richtung ihres Zielwerts von knapp 2 Prozent erkennen kann. Und diese Entwicklung muss tatsächlich stattfinden und sich konstant in den Kernteuerungsraten (derzeit 0,9 Prozent) spiegeln. Davon kann auf absehbare Zeit keine Rede sein.

4. Inflation

Die EZB betrachtet den jüngsten Inflationsanstieg, der viele Investoren nervös macht, gelassen. Sie sieht dahinter vor allem Sonder- und vorübergehende Faktoren, die Anfang 2022 an Bedeutung verlieren dürften. Der "unterliegende Inflationsdruck" dürfte laut EZB schwach bleiben. Allerdings verzichtete die EZB anders als im März-Statement auf die Einschätzung, dass die Inflation mittelfristig unter ihrem Zielwert (knapp 2 Prozent) bleiben dürfte. Im Juni wird der EZB-Stab neue Inflationsprognosen veröffentlichen.

5. Wachstum

Die EZB rechnet für den Jahresverlauf mit einer kräftigen Konjunkturerholung. Für das erste Quartal deuteten die Indikatoren auf einen Rückgang der Wirtschaftsleistung hin, für das zweite Quartal auf einen Anstieg. Letzten Endes werden laut EZB Fortschritte bei den Impfkampagnen und die daraus folgende Lockerung der Lockdowns das Ihre tun.

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April 22, 2021 11:46 ET (15:46 GMT)