FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Luft ist raus im TV-Werbegeschäft - ob nur vorübergehend oder dauerhaft, darüber scheiden sich die Geister. Während man bei ProSiebenSat.1 nach einer erneuten TV-Umsatzwarnung für das dritte Quartal von einem "temporären" Problem spricht, sind Analysten zum Teil deutlich pessimistischer gestimmt. Die Aktienkurse der Medienkonzerne sind am Dienstag teils deutlich ins Rutschen geraten.

Hintergrund der Probleme ist eine sich verändernde Medienlandschaft: Gerade junge Leute lassen sich ihr abendliches Entertainment-Programm schon lange nicht mehr vom sogenannten linearen Fernsehen vorschreiben. Stattdessen tummeln sie sich auf Videoplattformen wie Youtube oder schauen ihre Lieblingsserien und -filme über Portale wie Netflix und Amazon. Damit wandert auch viel Werbung ins Internet ab. Die negativen Auswirkungen für die Fernsehsender begännen sich nun zu zeigen, erklärte DZ-Bank-Analyst Harald Heider.

WAS PASSIERT ERST, WENN DIE KONJUNKTUR SCHWÄCHELT?

Markus Friebel vom Analysehaus Independent Research zeigte sich alarmiert: "Noch läuft es gesamtwirtschaftlich ja gut", so der Analyst. "Wenn die Konjunkturdynamik in den nächsten Monaten jedoch nachlässt, könnte man auch davon ausgehen, dass sich das Werbegeschäft noch weiter abschwächt." Ins gleiche Horn stoßen die Kollegen von der Deutschen Bank, die "bei allen europäischen TV-Namen" ein schwaches Geschäft erwarten.

Die jüngste Hiobsbotschaft kam von ProSiebenSat.1: Die Werbeeinnahmen im dritten Quartal würden sich unter den bisherigen Erwartungen entwickeln, teilte der Konzern am Montagabend mit. Das Management begrub daraufhin für den deutschen TV-Werbemarkt die Hoffnung auf ein kleines Plus im laufenden Jahr und prognostiziert nun eine Stagnation auf Vorjahresniveau. An den allgemeinen Umsatz- und Gewinnzielen hielt das Unternehmen indes fest - dank eines starken Digitalgeschäfts.

WERBERIESE HATTE BEREITS GEWARNT

Erst in der Vorwoche hatte die weltweit führende Werbeagentur WPP ihre Umsatzerwartungen für das Geschäftsjahr 2017 kassiert. Daraufhin mussten unter anderem die Aktien des Werbevermarkters Ströer sowie der Fernsehkonzerne RTL und eben ProSiebenSat.1 Federn lassen.

Am Dienstag beschleunigte sich dann die Talfahrt für europäische Medienaktien massiv: Das Papier von ProSiebenSat.1 brach zeitweise um 15 Prozent ein. Mit weniger als 28 Euro war es zeitweilig so billig wie seit vier Jahren nicht mehr. Die Aktien des Konkurrenten RTL büßten in diesem Sog bis zu 9 Prozent ein, Ströer-Aktien fielen zwischenzeitlich um fast 8 Prozent.

PROSIEBEN VERSUCHT ZU BERUHIGEN

Beim aktuell mauen TV-Werbegeschäft handele es sich um einen temporären europäischen Trend, der nicht sehr lange anhalten werde, sagte eine ProSieben-Sprecherin. "Die Zahl der Werbekunden-Zusagen sind nach wie vor hoch. Das wird sich im Dezember zeigen." Schon bei der Bekanntgabe der Halbjahreszahlen Anfang August hatte ProSiebenSat.1-Chef Thomas Ebeling gesagt, dass man bald wieder mit einem positiven Umfeld im TV-Werbemarkt rechne.

Für Independent-Analyst Friebel stellt sich die noch immer dominierende TV-Sparte hingegen zunehmend als "Belastungsfaktor" für den Fernsehkonzern dar, wie er in einer Studie vom Dienstag schrieb. Zudem habe ProSiebenSat.1 mit seinem neuerlichen Zurückrudern beim Ausblick das Vertrauen der Investoren verspielt.

RTL LEGT BALD HALBJAHRESBILANZ VOR

RTL könnte an diesem Mittwoch etwas Licht ins Dunkel bringen. Der Medienkonzern mit Sitz in Luxemburg gibt dann als einer der letzten im Bunde seine Halbjahreszahlen bekannt. Im ersten Quartal war das operative Ergebnis im Hauptsegment, dem deutschsprachigen TV- und Radiogeschäft, mit knapp 170 Millionen Euro nahezu stabil geblieben. Für das laufende Geschäftsjahr erwartet der Konzern eine Umsatzsteigerung von 2,5 bis 5 Prozent./kro/jkr/das