Obwohl der Finanztechnologie-Konzern am Dienstag für das kommende Jahr ein Gewinnplus in Aussicht stellte, das sich zwischen den bekannten Zielwerten für das laufende und das Übernächste Jahr einreiht, gabt die Aktie deutlich nach. Die Titel waren mit einem Abschlag von fünf Prozent größte Verlierer im Dax. Börsianer, die boomende Geschäfte bei Wirecard bereits gewohnt sind, verwiesen darauf, dass Technologiewerte am Dienstag generell auf den Verkaufslisten der Anleger standen.

Das Management um Vorstandschef Markus Braun teilte mit, angesichts des boomenden Online-Handels im kommenden Jahr einen Betriebsgewinn (Ebitda) zwischen 740 und 800 Millionen Euro zu erwarten. Der Konzern aus Aschheim bei München hatte im vergangenen Jahr 413 Millionen Euro Gewinn eingefahren und peilt im laufenden Jahr eine Steigerung auf auf 550 bis 570 Millionen Euro an. Dieser in der vergangenen Woche ausgegebene Zielbereich war bereits die zweite Prognoseerhöhung im laufenden Jahr.

Die nun genannte Spanne zwischen 740 und 800 Millionen Euro im Jahr 2019 könnte im Jahr 2020 laut bisheriger Mittelfristprognose ein Milliardengewinn folgen. Von dem bis dahin angepeilten Umsatz von mehr als drei Milliarden Euro sollen 30 bis 35 Prozent als operativer Gewinn übrigbleiben. Der Umsatz würde sich damit binnen drei Jahren verdoppeln.

Der Bankdienstleister, der im September die Commerzbank aus dem Leitindex Dax verdrängt hat, wickelt Online-Zahlungen zwischen Händlern, Verbrauchern und Banken ab und kassiert dafür Gebühren. Damit profitiert Wirecard davon, dass weltweit immer mehr Menschen im Internet einkaufen oder an der Supermarkt-Kasse mit ihrem Smartphone bezahlen. Die von Apple angekündigte Ausdehnung seines iPhone-Zahlungsdienstes Apple Pay auf Deutschland soll das Wachstum vorantreiben. Wirecard zählt zu den Partnern von Apple Pay.

WIRECARD-AKTIE SEIT DAX-AUFSTIEG UNTER DRUCK

Seit dem Aufstieg in die höchste deutsche Börsenliga hat die Wirecard-Aktie rund ein Drittel ihres Wertes eingebüßt. Doch weder dafür noch für den Kursrutsch vom Dienstag hatten Börsianer eine einhellige Erklärung. "Die Prognosen waren im Rahmen der Erwartungen, aber sie sind eben auch keine positive Überraschung", sagte ein Händler. Die Analysten von Hauck & Aufhäuser verwiesen auf eine allgemein negative Marktstimmung gegenüber Technologiewerten. Der Branchenindex fiel am Dienstag auf den niedrigsten Stand seit knapp zwei Jahren.

Andere Marktteilnehmer führten eine Anfang November veröffentlichte Studie der Investmentbank Merrill Lynch über Wirecard ins Feld. Analyst Adithya Metuku hatte in der Studie für Wirecard eine unterdurchschnittliche Kursentwicklung prognostiziert. Damit ist Metuku allerdings eine Ausnahme unter rund 30 Branchenexperten verschiedener Banken, die die Wirecard-Aktie überwiegend zum Kauf empfehlen.

Metuku hatte Zweifel an der Wachstumsdynamik des Unternehmens geäußert und auf eine eigene Untersuchung der Markstellung von Wirecard in Deutschland verwiesen. Deutschland steht nach Unternehmensangaben allerdings nur für ein Fünftel der abgewickelten Online-Transaktionen des Konzerns. Größte Wachstumstreiber waren zuletzt die asiatischen Märkte, wo bargeldloses Bezahlen wesentlich populärer ist als in Deutschland.

Trotz der Kursverluste vom Dienstag notiert die Wirecard-Aktie immer noch knapp 40 Prozent über ihrem Niveau vom Jahreswechsel und ist damit mit Abstand Spitzenreiter im Dax. Das Börsenbarometer büßte im gleichen Zeitraum rund 14 Prozent ein.