Zürich (awp) - Raiffeisen trennt sich von einer Hinterlassenschaft aus der Zeit des ehemaligen CEO Pierin Vincenz. Das Institut verkauft ihre Privatbanken-Tochter Notenstein La Roche an Vontobel. In Zukunft will sich Raiffeisen auf das Kundensegment der Privatkunden mit kleinen und mittelgrossen Vermögen konzentrieren. Die Institute vereinbarten einen Kaufpreis von rund 700 Millionen Franken.

Der Verwaltungsrat von Raiffeisen habe sich entschlossen, das Geschäftssegment Anlagekunden neu auszurichten und Notenstein zu verkaufen, teilt Raiffeisen am Donnerstag mit. Die Bankengruppe hatte Anfang 2012 unter dem damaligen CEO Pierin Vincenz, der sich derzeit in Untersuchungshaft befindet, grosse Teile der damals im Zusammenhang mit dem US-Steuerstreit in Schieflage geratene Privatbank Wegelin übernommen. Diese wurde darauf in "Notenstein" umbenannt. 2015 wurde die Basler Privatbank La Roche erworben und in Notenstein integriert.

Regulatorisches Kapital freigesetzt

Es sei klar geworden, dass Notenstein La Roche in einem klassischen Private-Banking-Umfeld die grösseren Chancen habe, ihr Potenzial auszuschöpfen, wird der Verkauf begründet. Zudem werde mit der Veräusserung regulatorisches Kapital freigesetzt, das Raiffeisen für weiteres Wachstum im Kerngeschäft einsetzen könne. Raiffeisen gilt bekanntlich als systemrelevante Bank.

Die neue Wachstumsstrategie sieht laut den Angaben in den nächsten fünf Jahren beträchtliche Investitionen in das Geschäftssegment Anlagekunden vor. Dabei will die Bank unter anderem ein eigenes Investment Office mit Spezialisten von Notenstein La Roche schaffen. Diese sollen künftig die Raiffeisenbanken mit einem kundenorientierten Investmentprozess und Research-Leistungen bedienen. Ausserdem soll in Partnerschaft mit Vontobel die Produktpalette weiter ausgebaut werden.

Der Verkaufsentscheid sei aber keine Abkehr von der Diversifikationsstrategie von Raiffeisen, wird betont. "Im Gegenteil, wir wollen uns auf unsere angestammte Kundschaft, zu der auch vermögende Privatkunden gehören, fokussieren und diese zusammen mit unseren Raiffeisenbanken mit einem noch umfassenderen und leistungsfähigeren Angebot ausbauen", lässt sich Raiffeisen-Chef Patrik Gisel zitieren.

Notenstein La Roche verfügt gemäss Mitteilung derzeit über 13 Standorte in der Schweiz und betreut 16,5 Milliarden Franken Kundenvermögen in der Vermögensverwaltung und im Geschäft mit externen Vermögensverwaltern (EAM). Vontobel wies zum Jahresende 2017 im Combined Wealth Management (Wealth Management und EAM) im Heimmarkt Schweiz und global verwaltetet Vermögen in Höhe von 54,0 Milliarden Franken auf.

Der Kaufpreis von rund 700 Millionen Franken berechne sich aus dem Eigenkapital zuzüglich eines "Goodwill Multiple" von 1,78 Prozent bezogen auf die Assets under Management, heisst es in der Mitteilung. Vontobel will die Übernahme durch vorhandene Eigenmittel sowie durch die Aufnahme von Kapital in Form einer additionalen Tier-1-Anleihe (AT1) finanzieren. Über die Details der Emission will die Bank zu einem späteren Zeitpunkt informieren.

Notenstein wird in Vontobel integriert

Die Finanzierungsstruktur verdichte den Gewinn pro Aktie und stelle sicher, dass Vontobel auch in Zukunft über eine robuste Kapitalquote in Höhe von über 16 Prozent verfügt, die "weit über den regulatorischen Anforderungen liegt", heisst es in separaten Mitteilung von Vontobel. Darüber hinaus wahre Vontobel die Möglichkeit für weiteres künftiges Wachstum. Auf die unter den Vontobel-Aktionären habe die Kapitalaufnahme keine Auswirkungen.

Nach Vollzug der Transaktion soll Notenstein La Roche bei Vontobel integriert werden. Unter Nutzung vorhandener Synergien rechnet die Zürcher Privatbank bereits 2019 mit einem "wesentlichen Gewinnbeitrag für das Vontobel Wealth Management".

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