LONDON (awp international) - Der britische Vodafone -Konzern will angesichts klammer Kassen und der Kritik von Investoren seine europäischen Funktürme abspalten und möglicherweise an die Börse bringen. Die Sparte soll zunächst bis kommenden Mai abgetrennt und innerhalb von 18 Monaten zumindest teilverkauft werden, versprach Vodafone-Chef Nick Read am Freitag den Aktionären. Diese hatten zuletzt wegen der ersten Dividendenkürzung überhaupt sowie wegen des schwachen Aktienkurses auf entsprechende Schritte gedrängt.

Die Aktie legte in London zuletzt um 8,70 Prozent zu. Auf Basis der vom Unternehmen bereitgestellten Zahlen und den verfügbaren Börsenbewertungen von Konkurrenten könne das Funkturmgeschäft insgesamt einen Marktwert von über 20 Milliarden Euro haben, schätzte Barclays-Analyst Maurice Patrick. Zum Vergleich: Vodafone ist insgesamt an der Börse rund 38 Milliarden britische Pfund wert, umgerechnet 42,5 Milliarden Euro.

Grosse Freude hatten Anleger in der jüngsten Vergangenheit nicht. In diesem Jahr hat das Papier bisher inklusive des Kurssprungs vor dem Wochenende mehr als 7 Prozent verloren, auf Sicht von zwölf Monaten sogar rund ein Fünftel. Im europäischen Branchenindex Stoxx Europe 600 Telecommunications hat das Papier damit das Nachsehen gegenüber den meisten Konkurrenten.

Die Sparte werde mit 61 700 Funktürmen in 10 Ländern das grösste Portfolio seiner Art in Europa bieten, hiess es vom Konzern. Vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen dürfte der jährliche Gewinn bei 900 Millionen Euro liegen. Der Konzern habe eine ganze Reihe von Alternativen, die Vermögensteile zu Geld zu machen - eine davon sei ein möglicher Börsengang. In diesem Fall will Read aber die Mehrheit an den Funktürmen behalten, sagte er in einer Telefonkonferenz.

Vodafone hatte zuletzt erstmals die Dividende gekappt, um den Schuldenberg abzubauen und Geld für Investitionen in die Netze freizumachen. In drei der vergangenen vier Geschäftsjahre haben die Briten teils hohe Milliardenverluste eingefahren.

Jetzt will sich Vodafone vorwiegend auf das Geschäft in Europa konzentrieren. Erst vergangene Woche erhielt das Unternehmen die Genehmigung für den Kauf grosser Teile der Kabelnetze von Liberty Global in Europa für 18,4 Milliarden Euro inklusive Schulden - darunter auch der deutsche Anbieter Unitymedia. Das Geschäft in Neuseeland soll derweil für zwei Milliarden Euro verkauft werden. In Australien legten Aufseher dem Konzern im Mai zuletzt Steine in den Weg, als sie ein Zusammengehen der verlustreichen Tochter mit dem lokalen Breitbandanbieter TPG untersagten. Auch in Indien hat Vodafone seine Tochter mit einem ehemaligen Rivalen zusammengelegt.

Beim Verkauf von Funktürmen geht es nur um die Masten und Grundstücke an sich, aktive Sendeanlagen des Netzes sind damit nicht gemeint. Der spanische Telefonica-Konzern hatte seine Funkturmsparte Telxius bereits vor einigen Jahren abgespalten und zum Teil verkauft. Solche Infrastrukturunternehmen gelten als beliebtes Investment für Anleger, die auf der Suche nach einer stabilen Rendite sind, wie zum Beispiel Versicherer. Das Geschäftsmodell der Funkturmgesellschaften besteht hauptsächlich aus der Vermietung an einen oder mehrere Netzbetreiber.

Auch aus dem Tagesgeschäft zogen die Vodafone-Anleger am Freitag Hoffnung. Zwar gingen die Umsätze im ersten Geschäftsquartal (Ende Juni) weiter zurück und sanken um 2,3 Prozent auf 10,7 Milliarden Euro. Der Rückgang beim Serviceumsatz aus eigener Kraft fiel mit 0,2 Prozent aber weniger stark aus als von Analysten zuvor befürchtet.

Im wichtigsten Einzelmarkt Deutschland konnte Vodafone auf vergleichbarer Basis dank der Kabelnetzsparte leicht zulegen. Das Geschäft wollen die Briten mit Unitymedia noch stärken. Im Mobilfunk gingen die Serviceumsätze im Quartal allerdings um 0,5 Prozent weiter zurück, weil weniger Erlöse mit Wiederverkäufern gemacht wurden. Insgesamt legte der Umsatz in Deutschland um 0,5 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro zu. Gewinnkennzahlen legt Vodafone nur halbjährlich vor./men/kro/nas