AURICH/MAGDEBURG (dpa-AFX) - Der Windkraftanlagen-Hersteller Enercon, der auch in Sachsen-Anhalt Tausende Menschen beschäftigt, hat einen umfassenden Stellenabbau angekündigt und die Energiepolitik der Bundesregierung scharf kritisiert. Allein bei Enercon fallen rund 3000 Arbeitsplätze weg, hieß es aus Branchenkreisen. In der Windindustrie insgesamt dürften mehrere Tausend Jobs von den Einschnitten bei Enercon betroffen sein, sagte der Chef der Enercon-Geschäftsleitung, Hans-Dieter Kettwig, am Freitag in Aurich.

Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD) sprach von einem harten Schlag: "Mit rund 3000 Beschäftigten ist Enercon mit seinen Tochterunternehmen einer der größten Arbeitgeber im Norden Sachsen-Anhalts. Sollte es zutreffen, dass Enercon in erheblichem Maße Arbeitsplätze abbaut, wäre das ein harter Schlag für die Region."

Der Minister betonte: "Ich erwarte von der Enercon-Geschäftsführung, dass ein möglicher Beschäftigungsabbau nicht allein auf Kosten des Standortes Magdeburg vorgenommen wird. Dies auch vor dem Hintergrund, dass das Land die Investitionen des Unternehmens wiederholt unterstützt hat." Der Landesregierung sei sich der schwierigen Lage der Windkraft-Branche in Deutschland bewusst. Deshalb habe das Wirtschaftsministerium dem Unternehmen zuletzt im Sommer die Möglichkeit einer Innovationsförderung signalisiert.

Zur Begründung den geplanten Stelleabbau verwies das Unternehmen auf die Energiepolitik der Bundesregierung, die zu einem Einbruch des Markts für Windenergie an Land geführt habe. "Die aktuelle Energie- und Klimapolitik gefährdet nicht nur über Jahre aufgebautes Know-how und Arbeitsplätze in unserer Branche, sondern auch den Klimaschutz und die Energiewende insgesamt", sagte Kettwig. Das Marktvolumen habe sich 2019 im Vergleich zum Vorjahr um knapp 90 Prozent reduziert. "Nach Vorlage des Klimaschutzpakets der Bundesregierung wird klar, dass die Probleme für uns sogar noch größer werden."

Enercon ist einer der größten deutschen Hersteller der Branche. Bereits im vergangenen Jahr hatte der Konzern angekündigt, sich stärker international auszurichten und in seinen deutschen Werken rund 800 Arbeitsplätze abzubauen. Im ersten Halbjahr 2019 war der Ausbau der Windkraft an Land in Deutschland fast zum Erliegen gekommen. Als Hauptgründe gelten lange Genehmigungsverfahren, zu wenig ausgewiesene Flächen und viele Klagen von Bürgerinitiativen.

Sachsen-Anhalts Umwelt- und Energieministerin Claudia Dalbert (Grüne) erklärte: "Es ist ein Armutszeugnis für den Industriestandort Sachsen-Anhalt, wenn hier 1500 Arbeitsplätze in der Windenergie verloren gehen. Sachsen-Anhalt war bisher der größte Windindustriestandort in Deutschland!" Der Verlust der hochwertigen Arbeitsplätze sei das Ergebnis einer falschen Energie- und Industriepolitik in Deutschland seit Jahren. "In Zeiten der Klimakrise ist es unsere Aufgabe die Energiewende voranzubringen, um 100 Prozent erneuerbare Energien zu schaffen. Dafür muss Politik die Rahmenbedingungen schaffen. Ich fordere eine konsequente Förderung der erneuerbaren Energien."

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte nach einem "Windkraftgipfel" Anfang September zwar ein Maßnahmenprogramm angekündigt, um den Ausbau zu beschleunigen - konkrete Ergebnisse gibt es bisher aber nicht. Der Grünen-Fraktionsvize im Bundestag, Oliver Krischer, machte vor diesem Hintergrund die Energiepolitik der Bundesregierung für den Stellenabbau bei Enercon verantwortlich.

"Während weltweit die Windenergie boomt, bricht in Deutschland die Industrie zusammen", sagte Krischer. "Die Bundesregierung treibt nach der Photovoltaik gerade eine weitere Zukunftsbranche aus den Land." Altmaier warf er vor, mehr Arbeitsplätze bei der Erneuerbaren Energie vernichtet zu haben als es in der Kohleindustrie überhaupt gebe.

"Es droht ein dramatischer Kahlschlag in der Windindustrie", warnte auch der Bezirksleiter der IG Metall Küste, Meinhard Geiken. "Für die Region Ostfriesland ist das eine katastrophale Meldung." Die Industriegewerkschaft mahnte, Enercon sei gerade in schwierigen Zeiten in der Verantwortung für seine Beschäftigten. "Gefordert sind kluge Konzepte, um möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten und die Folgen für die Beschäftigten abzufedern", sagte Geiken./cwe/DP/mis