Die Besonderheit von United Technologies besteht in der sehr heterogenen Aufstellung mit mehreren marktführenden von einander unabhängigen Geschäftsbereichen: Wartung und Ersatzteile in der Luftfahrt ($ 15 Mrd. Umsatz), Pratt & Whitney Triebwerke ($ 16 Mrd.), Otis Aufzüge ($ 12 Mrd.) sowie Klima- und Brandschutzsysteme ($ 18 Mrd.).

Ursprünglich war United Technologies spezialisiert auf die zivile und militärische Luftfahrt. Der Konzern hat jedoch im Laufe der Jahre in sogenannte "Mainstream"-Aktivitäten diversifiziert, in denen der Wettbewerb zwar einerseits stärker ist, die jedoch deutlich weniger zyklisch sind.

Insbesondere das Geschäft von Pratt & Whitney ist weniger vom Konjunkturzyklus geprägt als in der Vergangenheit. Dazu tragen vor allem zwei Faktoren bei.  Erstens hat sich der Sektor stark konsolidiert anlässlich des kontinuierlich von Boeing ausgeübten Drucks im Zusammenhang mit der Suche nach immer umfangreicheren Skaleneffekten. Zweitens hat das Unternehmen die Abhängigkeit vom Militärsektor über die Zeit reduziert.

Nach der umfangreichen Sektorkonsolidierung verbleiben nur noch vier Akteure mit General Electric, Rolls Royce, Safran und Pratt & Whitney. Letzteres, so ist hervorzuheben, genießt in der militärischen Luftfahrt eine privilegierte Wettbewerbsposition, da seine Triebwerke die neue Generation der Jagdflugzeuge F-22 und F-35 antreiben.

Ein weiteres bemerkenswertes Merkmal, das von allen Divisionen von United geteilt wird, besteht darin, dass die Hälfte des Umsatzes von United aus den sogenannten "Aftermarket"-Aktivitäten stammt, d.h. Wartungs- und Servicedienstleistungen, bei denen die Margen höher sind und die Aufträge langfristiger als bei den traditionellen Fertigungsaktivitäten.

Diese Aufstellung ermöglicht es United, seine Produkte zum Beispiel bei Ausschreibungen extrem günstig zu verkaufen, weil man die fehlenden Margen anschließend durch langfristige Wartungsverträge kompensieren kann. Kunden können den Abschluss solcher Verträge kaum vermeiden, weil sie es nicht riskieren können, ihre Jagdflugzeuge, Klimaanlagen oder Aufzüge bei Ausfällen oder Schäden nicht nutzen zu können.

Wie bei vielen „reifen“ Unternehmen in den Vereinigten Staaten, die einen extrem starken Cashflow generieren, betreibt man bei United Technologies ein für die Aktionäre sehr attraktives Kapitalmanagement: Der gesamte freie Cashflow der letzten fünf Jahre wurde über Dividenden ($ 10 Mrd.) und massive Aktienrückkäufe ($ 16 Mrd.) zurückgeführt.

Aktienrückkäufe sind vom Prinzip her eine ausgezeichnete Kapitalallokation, wenn das Unternehmen an der Börse unterbewertet ist. Die Rückkäufe über die vergangenen fünf Jahre erfolgten jedoch zu einem Durchschnittspreis von etwa  $ 100 pro Aktie, was etwa dem Zwanzigfachen des normalisierten Gewinns des letzten Jahrzehnts entspricht - eine nicht ganz offensichtliche Unterbewertung. Die Alternative wäre jedoch gewesen, die Mittel für Akquisitionen auszugeben, was stets ein nicht zu unterschätzendes Risiko birgt.


Dadurch dass die Aufstellung des Konzerns als sehr konstant einzuschätzen und die Transparenz der Berichterstattung hoch ist, gehen wir die Bewertung mit einer „Summe der Teile“ (sum of the parts) Bewertung an (die folgenden Annahmen wurden von uns aufgestellt und sollten von jedem Anleger entsprechend seiner Einschätzung angepasst werden):

- Der renommierte Triebwerkshersteller Pratt & Whitney ist die kapitalintensivste, aber auch die strategisch bedeutendste Division der Gruppe: Unter Anwendung eines KGV von 20x - einer Bewertung, auf der gleichen Höhe wie Safran aber deutlich unter Rolls Royce (32x) - ist der Unternehmensteil ca. $ 30 Mrd. wert.

- Der Bereich Wartung und Service erzielt eine stolze Gewinnmarge von 16% und verfügt über langjährige Beziehungen zu vielen großen Konzernen. Durch ein Benchmarking mit Unternehmen wie MTU lässt sich ein KGV von 20x durchaus vertreten, was zu einer Bewertung dieses Geschäftsbereichs mit $ 47 Mrd. führt.

- Der Geschäftsbereich Climate, Control and Safety erzielt eine Marge von 18% und einen Betriebsgewinn von $ 3,3 Mrd., wiederum mit einer starken und gut etablierten Kundenbasis: Unter Anwendung eines KGVs von 15x beträgt der Wert der Division ca. $ 50 Mrd.

- Dem Geschäftsbereich Otis, der nicht extra vorgestellt werden muss, bewerten wir mit einem bewusst konservativen Bewertungsfaktor von 15x, woraus sich eine Bewertung von ca. $ 25 Mrd. für diesen Geschäftsbereich ergibt.

In Summe erhalten wir eine Bewertung von $ 162 Mrd. Davon sind $ 30 Mrd. an Nettoverschuldung, Pensionsplänen und Minderheitsanteilen abzuziehen. Es verbleibt eine Unternehmenswert von $ 132 Mrd.


Vergleicht man diesen Betrag mit der aktuellen Marktkapitalisierung von $ 98 Mrd., ergibt sich ein beachtlicher Bewertungsabschlag von 25%, der für ein breit aufgestelltes Unternehmen wie United Technologies sehr attraktiv ist. Dazu kommt, dass der Markt in Phasen anhaltend fallender Aktienkurse und hoher Volatilität, „sichere“ Häfen stark nachfragt. Und schließlich wurden die Gewinnerwartungen von Seiten der Analysten unlängst nach oben korrigiert. Vor dem Hintergrund dieser Faktoren erwarten wir dass sich der Aktienkurs von United Technologies langfristig positiv entwickeln wird.
 
Daher ist die Aktie auch Bestandteil des Marketscreener USA Portfolios.