Zürich (awp) - Der künftige UBS-Chefs Ralph Hamers wird in den ersten Kommentaren zu seiner Ernennung immer wieder als Digitalisierer bezeichnet. Der Niederländer hat die ING-Bankengruppe als CEO in den vergangenen sechs Jahren einer tiefgreifenden Transformation unterzogen.

Der 53-jährige Hamers hat seine bisherige Karriere ohne Bruch bei der ING durchlaufen: Er arbeitet bereits seit 29 Jahren bei der holländischen Gruppe, wo er zunächst verschiedene Positionen bekleidete, etwas als Länderchef in Rumänien oder Belgien. Im Jahr 2013 wurde er zum Bankchef der ING ernannt.

Staatshilfen zurückgezahlt

Unter dem künftige UBS-Chef hat sich die ING-Gruppe in den vergangenen Jahren tiefgreifend geändert. So hatte Hamers etwa auch den schon vor seinem Amtsantritt beschlossenen Ausstieg aus dem Versicherungsgeschäft umzusetzen. Gleichzeitig galt es auch, die Kosten der Bank zu senken.

Die ING-Gruppe hat eine der UBS nicht unähnliche Vergangenheit: Wie das grösste Schweizer Bankhaus hatte auch die niederländische ING in der Finanzkrise von 2008 massive Kapitalisierungsprobleme und musste vom Staat gerettet werden. Unter der Führung von Hamers hatte die Bankengruppe die Staatshilfen 2014 vollständig zurückgezahlt.

Digitale Transformation

Eindruck hinterlassen hat Hamers bei den Branchenbeobachtern indes vor allem durch seine konsequente Ausrichtung der Finanzgruppe auf die digitale Transformation. Heute sei die ING eine der "besten Beispiele für die digitale Innovation" im Bankensektor, kommentierte etwa Vontobel-Analyst Andreas Venditti den neuen CEO. Der Ausweis als Digitalisier dürfte auch für UBS-Präsident Axel Weber ein wichtiger Grund für die Ernennung Hamers zum UBS-CEO gewesen sein.

Bei seinen öffentlichen Auftritten wies Hamers immer wieder auf die Notwendigkeit für die Bankbranche hin, sich den neuen digitalen Gegebenheiten anzupassen. So verwies er vor zwei Jahren in einem Gespräch mit der Online-Publikation "Finews" auf die Notwendigkeit, sich auch an Tech-Giganten wie Facebook, Apple oder Amazon zu orientieren.

Für etwas Skepsis sorgt bei den Beobachtern dagegen die Tatsache, dass Hamers als Chef der im Retail Banking starken ING Gruppe über eher weniger Erfahrung in der für die UBS wichtigen Vermögensverwaltung verfügt. Auch die ING hat allerdings wie die UBS Erfahrungen mit unliebsamen Rechtsfällen: 2018 musste die holländische Bank zur Beilegung eines umfangreichen Geldwäscheskandals eine Strafe von rund 775 Millionen Euro bezahlen.

Neue Lohnregionen

Bezüglich seines Salärs wird der neue UBS-CEO in der Schweiz sicherlich in neue Sphären vorstossen. Sein Gehalt als ING-CEO beträgt laut Medienberichten rund 2 Millionen Euro. Eine geplante Erhöhung seines Salärs auf 3 Millionen Euro im Jahr 2018 hatte einen Aufschrei der Empörung in der niederländischen Öffentlichkeit verursacht. UBS-Chef Ermotti hatte dagegen für 2018 eine Gesamtvergütung von 13,8 Millionen Franken erhalten.

Beim Aktienkurs der von ihm geführten Bank kann Hamers eine deutlich bessere Bilanz als Ermotti ausweisen: Seit seinem Amtsantritt im Oktober 2013 ist der Kurs der ING-Aktie immerhin von 8,64 Euro auf derzeit rund 10,25 Euro angestiegen. Der Kurs der UBS-Aktie ist im gleichen Zeitraum von damals 18,80 Franken auf heute 13,17 Franken abgesackt.

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