FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Kurse deutscher Staatsanleihen sind am Mittwoch auf Talfahrt gegangen. Börsianer sprachen von einem regelrechten Ausverkauf. Wie in den Handelstagen zuvor verkauften Anleger trotz der Coronakrise im großen Umfang Bundesanleihen, die eigentlich als sicherer Anlagehafen gelten. Ein ähnlicher Einbruch war in fast allen Ländern der Eurozone zu beobachten.

Der für den deutschen Markt richtungweisende Euro-Bund-Future fiel um 1,43 Prozent auf 168,61 Punkte. Die Rendite der zehnjährige Bundesanleihen stieg im Gegenzug auf minus 0,245 Prozent. Dreißigjährige Anleihen rentierten erstmals seit Ende Februar wieder leicht im Plus. Zuletzt lag die Rendite bei 0,065 Prozent.

Nach Einschätzung des Anleiheexperten Christoph Rieger von der Commerzbank können die Kursverluste bei Bundesanleihen mit jüngsten Anlageentscheidungen großer Vermögensverwalter erklärt werden. "Vermögensverwalter verkaufen alles, was noch einigermaßen liquide und nicht unter Wasser ist", sagte Rieger. Mit diesen Maßnahmen wollen sich die Verantwortlichen seiner Einschätzung nach auf mögliche Abflüsse vorbereiten, die im Zuge der Virus-Krise zu erwarten sind.

Weniger stark als in anderen Ländern stiegen die Renditen italienischer Staatsanleihen. In der Eurozone wird Kreisen zufolge über den Einsatz des europäischen Rettungsfonds ESM nachgedacht. Dadurch sollen von der Virus-Krise besonders betroffene Staaten gestützt werden, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf mit den Gesprächen vertraute Personen. Es gehe um mehrere Kreditlinien, die bei Bedarf aktiviert werden könnten. Vor allem Italien, dass durch die Viruskrise besonders betroffen ist, könnte davon profitieren.

Italien hat in der Eurozone die höchsten Renditen nach Griechenland. Bundesfinanzminister Olaf Scholz hält derweil Finanzhilfen für das Land durch den Rettungsfonds ESM grundsätzlich für denkbar. Europa verfüge mit dem Fonds "über die nötige Kampfkraft in der Krise", sagt Scholz der Wochenzeitung "Die Zeit" laut einer Vorabmeldung.

Außerhalb der EU gerieten die Anleihekurse britischer Staatspapiere besonders stark unter Druck. Zweifel an der Strategie der politischen Führung Großbritanniens gegen die Ausbreitung des Coronavirus drückte auf die Kurse. Die Regierung um Premier Boris Johnson hat lange einen eher lockeren Umgang mit der Ausbreitung gepflegt und erst in den vergangenen Tagen einen rigideren Kurs eingeschlagen./jsl/he