LONDON (awp international) - Der japanische Elektroriese Toshiba kann bei der kriselnden Atomsparte nicht auf Hilfe des heimischen Konkurrenten Mitsubishi Heavy Industries hoffen. Die Nukleartechnologie von Toshiba und des eigenen Konzerns seien "komplett unterschiedlich", sagte Mitsubishi Heavy Industries-Chef, Shunichi Miyanaga, der "Financial Times" (Freitag). Auch kartellrechtliche Bedenken sprächen gegen ein Zusammengehen.

Am Dienstag hatte Toshiba wegen massiver Probleme in seiner Atomsparte für das laufende Jahr einen Milliardenverlust angekündigt und damit Analysten und Märkte geschockt. Grund sind milliardenschwere Abschreibungen für das Geschäft mit Atomkraftwerken. Verwaltungsratschef Shigenori Shiga trat zurück. Toshiba schloss auch den Verkauf einer Mehrheit am Kerngeschäft mit Speicherchips nicht mehr aus.

Unmittelbarer Auslöser sind Verzögerungen und Kostenüberschreitungen beim Bau von zwei Atomkraftwerken in den US-Bundesstaaten Georgia und South Carolina. Zugleich haben sich in Zeiten eines verstärkten Augenmerks auf Sicherheit und niedriger Preise für fossile Brennstoffe die Aussichten für das Geschäft generell verschlechtert. Damit steht die akute Krise bei Toshiba exemplarisch für die Probleme der ganzen Branche.

Toshiba hatte den US-Atomkonzern Westinghouse für über fünf Milliarden Dollar gekauft und dieser wiederum hatte die Spezialbaufirma Stone & Webster übernommen, auf die sich die Abschreibungen zu grossem Teil beziehen. Mit dem Einstieg in das für stabil gehaltene Atomgeschäft in den USA im Jahr 2006 wollte Toshiba die Schwankungen des Elektronik-Marktes abfedern. Der Konzern wurde aber schon von der schwächeren Nachfrage als Folge des Atomunglücks von Fukushima getroffen. Zudem gab es technische Schwierigkeiten bei einer neuen Reaktor-Generation. Shiga hatte früher Westinghouse geführt.

Toshiba erwägt nun, die Mehrheit an einer zentralen Säule seines Geschäfts zu verkaufen - der Produktion von Flash-Speicherchips, die in Smartphones, Computern und anderer Elektronik eingesetzt werden. Damit könnte das Kerngeschäft des Konzerns auf Dauer ausgehöhlt werden. Bisher war nur von 20 Prozent die Rede gewesen./jha/ees/fbr