FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Hiobsbotschaften des weltgrößten Stahlkonzerns ArcelorMittal haben auch den Aktionären deutscher Stahlunternehmen am Freitag mächtig die Stimmung verdorben. ArcelorMittal strich seinen Aktionären nach einem bitteren Verlustjahr die Dividende, senkte den Ausblick und geht eine milliardenschwere Kapitalerhöhung an. Die Aktien der Luxemburger sackten um rund 6 Prozent ab.

Die Papiere des Konkurrenten Thyssenkrupp fielen bis zum Mittag um 0,99 Prozent auf 14,025 Euro. Sie nahmen damit den drittletzten Platz im leicht erholten Dax ein. Die Anteile von Salzgitter hielten sich im Mittelfeld des erholten MDax. Ein Händler erinnerte allerdings auch daran, dass beide Aktien am Donnerstag zu den größten Gewinnern am deutschen Aktienmarkt gehört hatten.

ARCELOR MIT MILLIARDENVERLUST UN HOHEM SCHULDENBERG

ArcelorMittal will sich mit der Kapitalspritze 3 Milliarden US-Dollar (2,7 Mrd Euro) besorgen. Gemeinsam mit dem ebenfalls beschlossenen Verkauf der Minderheitsbeteiligung am spanischen Autozulieferer Gestamp soll damit der Schuldenberg um 4 Milliarden auf unter 12 Milliarden Dollar sinken.

Im abgelaufenen Jahr verzeichnete das Unternehmen wegen immenser Abschreibungen einen Verlust von 7,9 Milliarden Dollar. Der Umsatz brach vor allem wegen gesunkener Stahlpreise um ein Fünftel auf 63,6 Milliarden Dollar ein. Für das laufende Jahr gab sich ArcelorMittal auf der Gewinnseite ebenfalls sehr zurückhaltend.

ANALYSTEN HALTEN ARCELOR-AKTIE WEITER FÜR KAUFENSWERT

Die Nachrichten scheinen die Analysten allerdings keineswegs geschockt zu haben, denn sie ließen ihre Kaufempfehlungen und Kursziele für die Aktie bislang unverändert. Analyst Ingo-Martin Schachel von der Commerzbank sprach von soliden Kennziffern für das vierte Quartal und optimistischen mittelfristigen Geschäftszielen. Auch das Volumen der Kapitalmaßnahme habe ihn nicht überrascht.

Alain William von der französischen Großbank Societe Generale (SocGen) nannte die Kapitalmaßnahme enttäuschend, sieht darin aber lediglich ein Spiegelbild der schweren Lage der Stahlindustrie. Gemeinsam mit dem geplanten Beteiligungsverkauf und Kosteneinsparungen sollten damit aber die Befürchtungen der Anleger über die bilanzielle Verfassung des Stahlkonzerns gemildert werden.

JEFFERIES: ARCELOR KÄMPFT UMS ÜBERLEBEN

Sein Kollege Alessandro Abate von der Privatbank Berenberg monierte entsprechend, dass die Bekanntgabe des Beteiligungsverkaufs gemeinsam mit Kapitalerhöhung und gesenktem Gewinnausblick den positiven Effekt der Veräußerung nicht richtig zur Geltung kommen lasse. Seine positive Einschätzung der Aktien tangierte dies zunächst aber nicht. Allerdings kündigte der Analyst an, sein Bewertungsmodell an die aktuellen Nachrichten anzupassen.

Eher dramatische Worte fanden hingegen die Experten des US-Analysehauses Jefferies: Nachdem die Arcelor-Aktie seit Mitte 2015 fast 70 Prozent an Wert verloren habe, entspreche das Volumen der Kapitalerhöhung fast 50 Prozent der aktuellen Marktkapitalisierung. "Hier kämpft ein Unternehmen ums Überleben", lautete ihr Fazit./edh/ag/das