- von Tom Käckenhoff und Christoph Steitz

"Der Kursrückgang hat Folgen für die Bewertung der einzelnen Assets", sagte Deka-Investment-Experte Ingo Speich am Donnerstag in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters. Profitable Bereiche wie das Aufzugsgeschäft hätten dadurch an Gewicht gewonnen. "Das könnte dazu führen, dass sich die Zusammensetzung der beiden Unternehmen in Teilen etwas ändert, um eine Unwucht auszugleichen." Kerkhoff will zwei neue Konzerne schaffen: Eine Materials AG mit Werkstoffhandel, Stahl und Marinegeschäft sowie eine Industrials AG mit Aufzügen, Automotive und Kernanlagenbau.

Die Begeisterung am Markt ist jedoch verpufft. Seit der Ankündigung Ende September hat das im Dax notierte Papier mehr als 40 Prozent seines Wertes verloren. Am Donnerstag gab die Aktie zeitweise mehr als vier Prozent nach auf 12,77 Euro, nachdem sie in der vergangenen Woche sich in Richtung eines 15-Jahrestiefs bewegt hatte. "Die Aufspaltung wird vom Markt nicht als der große Wurf gesehen. Das zeigt sich auch in der Entwicklung des Aktienkurses", sagte Speich, der bei Deka Investment den Bereich Nachhaltigkeit und Corporate Governance leitet. Mit einem Anteil von 0,7 Prozent ist die Deka der elfgrößte Aktionär des Traditionskonzerns aus Essen.

Kerkhoff treibt die Pläne rasch voran. Im Frühjahr sollen die künftigen Vorstandsteams benannt werden. Im Mai werden Details zur Finanzstruktur, Markenauftritt und Strategie festgeklopft. Anfang Oktober sollen die Firmen operativ an den Start gehen, ehe im Januar 2020 die Hauptversammlung darüber abstimmen soll. "Der Zeitplan für die Teilung ist sehr ambitioniert und könnte nochmal geändert werden", sagt Speich. "Das wäre nicht schlimm, wenn man sich dafür stärker einer Verbesserung der operativen Geschäfte widmen würde."

EXPERTEN SEHEN THYSSENKRUPPS PROGNOSE WACKELN

Thyssenkrupp schwächelt seit langer Zeit unter anderem im Anlagenbau. Kerkhoff will die Geschäfte auf Rendite trimmen. Er hatte nach seinem Amtsantritt den Sparten konkrete Zielvorgaben gemacht. Das Unternehmen mit seinen Geschäften wie Stahl, Aufzüge und Autoteile bekommt derzeit Gegenwind durch die Konjunkturschwäche. Größter Kunde ist die Automobilindustrie, die deutliche Bremsspuren zeigt. Am Montag hatten die ebenfalls für Thyssen wichtigen Maschinenbauer ihre Prognose gesenkt.

Einige Experten halten es für möglich, dass Thyssenkrupp ebenfalls seine Prognose kassieren muss. "Konjunkturelle und politische Unsicherheiten nehmen zu", hatte der Konzern im Februar bei der Vorlage des Zwischenberichtes erklärt. Der Ausblick für das Autoteilegeschäft steht bislang "unter der Annahme einer weitgehend stabilen Autokonjunktur". Insgesamt hat Thyssenkrupp für das Geschäftsjahr 2018/19 (per Ende September) ein bereinigtes Ebit von mehr als einer Milliarde Euro in Aussicht gestellt. Die Experten des Bankhauses Lampe haben ein Ergebnis von 928 Millionen als wahrscheinlich bezeichnet.

Trotz der Schwierigkeiten kommt an Kerkhoff nach Einschätzung von Speich keiner vorbei. "Er sitzt dank der Aufspaltungspläne fest im Sattel." Er habe die Unterstützung der Gewerkschaften und auch der Aufsichtsrat habe ihm den Rücken gestärkt. "Im Vorstand gibt es niemanden, der ihn ersetzen kann. Insofern gibt es zu ihm momentan keine Alternative. Er hält die Fäden zusammen und ist dadurch unersetzlich."