TEL AVIV (dpa-AFX) - In Israels Wahlkampf kocht die Affäre um die Rolle von Regierungschef Benjamin Netanjahu bei der Lieferung deutscher U-Boote wieder hoch. Während es zuletzt vor allem um Korruptionsvorwürfe gegen Netanjahu gegangen war, steht nun auch die Lieferung deutscher U-Boote an Ägypten im Zentrum der Kritik. In einem Fernsehinterview gab Netanjahu am Samstagabend zu, Deutschlands Verkauf an Israels Nachbarland 2014 zugestimmt zu haben. Der damalige Verteidigungsminister Mosche Jaalon und Militärchef Benny Ganz seien nicht eingeweiht gewesen. Als Grund nannte Netanjahu ein "Staatsgeheimnis", zu dem er sich nicht äußern könne.

Das deutsche Unternehmen ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) hatte Ägypten vor zwei Jahren zwei von insgesamt vier U-Booten geliefert. In Israel hatte der geplante Verkauf deutscher U-Boote an Ägypten zuvor für Kritik gesorgt, weil man befürchtete, den militärischen Vorsprung in der Region zu verlieren. Die Bundesregierung genehmigte auch die Lieferung von U-Booten und Korvetten an Israel.

Netanjahu sagte dem Sender, er sei während der Präsidentschaft von Mohammed Mursi gegen die Lieferungen von U-Booten an Ägypten gewesen. Ägyptens Militär hatte den frei gewählten Mursi im Juli 2013 nach Massenprotesten abgesetzt. An der Spitze der Armee stand der heutige Präsident Abdel Fattah al-Sisi. "Beim Verkauf an Ägypten unter Al-Sisi habe ich nicht die Nase gerümpft", sagte Netanjahu. "Die Gründe sind rein sicherheitspolitisch."

Benny Ganz, inzwischen Netanjahus stärkster Gegner bei der Parlamentswahl am 9. April, sagte dazu in der Nacht zum Sonntag, es sei undenkbar, dass ein Regierungschef eine Entscheidung mit so großer strategischer militärischer Bedeutung im Alleingang treffe. "Das muss geprüft werden", forderte Ganz.

Netanjahu hatte zuvor neue Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit dem Kauf deutscher U-Boote für Israel entschieden zurückgewiesen. Er kündigte außerdem eine Verleumdungsklage gegen seine politischen Gegner vom Bündnis der Mitte, Blau-Weiß, an.

Israelische Medien hatten berichtet, der Generalstaatsanwalt prüfe neue Vorwürfe gegen Netanjahu. Dabei geht es um Aktien des Unternehmens SeaDrift, das später von GrafTech erworben wurde, einem Geschäftspartner von ThyssenKrupp.

Die Aktien habe Netanjahu in seiner Zeit als Oppositionsführer gekauft und gut ein Jahr nach seiner Wiederwahl als Regierungschef 2009 für 16 Millionen Schekel (umgerechnet rund vier Millionen Euro) wieder verkauft. Durch den Besitz der Aktien habe Netanjahu sich möglicherweise in einem Interessenkonflikt befunden. Es solle auch die Frage geprüft werden, warum Netanjahu die Aktien zum vierfachen Wert verkaufen konnte, obwohl SeaDrift, das seinem Cousin gehörte, schlecht abgeschnitten habe.

Ein ThyssenKrupp-Sprecher bestätigte der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag, dass es sich bei GrafTech um einen Geschäftspartner handele. "Es gibt aber keine Geschäftsbeziehungen zu Marine Systems", sagte er. TKMS ist eine 100-prozentige Tochter von ThyssenKrupp./akl/le/DP/mis