FRANKFURT (dpa-AFX) - Mit der Unterzeichnung des Vertrages mit Tata Steel über ein Stahl-Gemeinschaftsunternehmen hat Thyssenkrupp einen Meilenstein erreicht. Dabei habe der Essener Konzern im Vergleich zur Absichtserklärung einige Verbesserungen für sich erzielt, schreibt Analyst Seth Rosenfeld von der Bank Jefferies am Montag. Allerdings fielen diese nicht ganz so hoch aus wie erwartet.

Jefferies beließ die Einstufung für die Thyssenkrupp-Aktie auf "Buy" mit einem Kursziel von 33 Euro. Die Aktie konnte zunächst nicht von der Stahlfusion profitieren und verlor am Vormittag zwischenzeitlich mehr als 2 Prozent.

Größter Unterschied zu der ursprünglichen Vereinbarung ist, dass Thyssenkrupp bei einem möglichen Börsengang des neuen Stahlunternehmens nun höhere Erlöse zufallen. Zudem können die Essener den Zeitpunkt für diesen Schritt bestimmen. Hintergrund der Änderung ist, dass die Stahlsparte von Thyssenkrupp in der Vergangenheit deutlich bessere Renditen erzielt hat als das europäische Geschäft von Tata Steel. Diese Bewertungsfragen hatten die Verhandlungen zuletzt noch einmal verkompliziert. Bei einem Börsengang des paritätisch geführten Gemeinschaftsunternehmens soll Thyssenkrupp nun einen Anteil von 55 Prozent an dem Erlös erhalten, Tata 45 Prozent.

Analyst Rosenfeld hatte auf mehr gehofft und bezeichnete die Ergebnisse der Nachverhandlung als leicht enttäuschend. Seiner Berechnung nach entsprächen die zusätzlichen 5 Prozent einem Wert von etwa 210 Millionen Euro. Thyssenkrupp selbst rechne jedoch anhand der erhofften Synergien mit einem höheren Wert - nämlich einem mittleren dreistelligen Millionenbetrag, wie der Analyst notierte. In Medienberichten war von 600 Millionen Euro die Rede. Der Jefferies-Analyst sieht dies jedoch als zu optimistisch an und zweifelt an dieser Berechnung.

Zudem fallen die jährlichen Synergien mit 400 bis 500 Millionen Euro am oberen Ende der Spanne 100 Millionen Euro niedriger aus als zuvor geplant. Thyssenkrupp erklärte jedoch, dies werde durch Synergien bei Investitionen und einer Optimierung des Umlaufvermögens kompensiert.

Die Wettbewerbsbehörden müssen dem Deal noch zustimmen. Zu erwarten sei eine Entscheidung zum Ende des Jahres oder im ersten Quartal 2019. Thyssenkrupp Tata Steel sollte eine starke Nummer 2 hinter ArcelorMittal werden, so Rosenfeld. Im Flachstahl dürfte das neue Unternehmen in der EU einen Marktanteil von 27 Prozent haben. Während der Analyst nicht davon ausgeht, dass die Konsolidierung in der Stahlbranche die EU-Wettbewerbshüter auf den Plan ruft, warnte er, dass die Behörden womöglich bei Spezialprodukten, etwa bei Blechen, genauer hinschauen könnten.

Mit der Fusion des Stahlgeschäfts konzentriert sich Thyssenkrupp künftig ganz auf sein Industriegütergeschäft. Das Management um Chef Heinrich Hiesinger will in der zweiten Juli-Woche dem Aufsichtsrat eine Weiterentwicklung der Strategie vorstellen. Analyst Rosenfeld erwartet dabei neue Ziele für die verbliebenen Sparten.

Für das derzeit schwächelnde Geschäft mit Industrielösungen könnte es seiner Ansicht nach womöglich Pläne für eine Restrukturierung oder sogar die Abgabe von besonders schwach laufenden Teilen geben. Zudem könnte Hiesinger das Handelsgeschäft zur Disposition stellen. Auch einen Zeitplan für einen möglichen Börsengang des neuen Stahlunternehmens hält Rosenfeld für einen möglichen Punkt auf der Agenda.

Zuletzt war Thyssenkrupp immer wieder unter Druck geraten, weil Anteilseigner Cevian Capital mehr Tempo bei dem seit langem angekündigten Umbau des Ruhrkonzerns gefordert hatte. Der schwedische Investor hat sich für eine Zerschlagung ausgesprochen./nas/stw