ESSEN (dpa-AFX) - Paukenschlag bei Thyssenkrupp: Die geplante Stahlfusion mit dem Konkurrenten Tata Steel wird voraussichtlich nicht zustande kommen. Grund sind die Wettbewerbsbedenken der Europäischen Kommission, wie das Unternehmen am Freitag in Essen mitteilte. Man erwarte, dass die EU-Kommission die Fusion untersage. Hinfällig ist damit auch die geplante Aufspaltung des Unternehmens in zwei Teile. Stattdessen erwägt Thyssenkrupp nun einen Börsengang seiner Aufzugsparte.

Am Finanzmarkt kamen die Nachrichten hervorragend an. Die Aktie von Thyssenkrupp legte am Mittag um fast 13 Prozent zu und war mit Abstand stärkster Wert im Dax.

Thyssenkrupp und Tata hätten die Bedenken der Wettbewerbskommission trotz Nachbesserungen der geplanten Zugeständnisse nicht ausräumen können, erklärte der Konzern aus Essen. Dabei hätten die Parteien "signifikante" Zusagen gemacht. Weitere Nachbesserungen lehnen Thyssenkrupp und Tata ab. Die angestrebten Synergieeffekte des Zusammenschlusses würden sonst in einem Umfang beeinträchtigt, "dass die wirtschaftliche Logik des Joint Ventures nicht mehr gegeben wäre".

Thyssenkrupp und Tata Steel hatten bereits im September 2017 die Grundzüge einer Fusion ihrer europäischen Stahlgeschäfte vereinbart. Seitdem steckt das Vorhaben in der Warteschleife fest. Mit der nun bevorstehenden Untersagung durch die EU ist aber auch ein weiterer Baustein der Thyssenkrupp-Strategie von Konzernchef Guido Kerkhoff hinfällig: die geplante Aufspaltung in zwei Unternehmen.

Vorgesehen war die Aufteilung in ein Unternehmen mit dem Industriegeschäft und eines, das den Anteil am neuen Stahlunternehmen, den Stahlhandel sowie das Werftengeschäft vereint. Das Management habe die Optionen neu bewertet und werde dem Aufsichtsrat vorschlagen, die Teilung abzusagen, erklärte Thyssenkrupp nun.

Die konjunkturelle Eintrübung und deren Auswirkungen auf die geschäftliche Entwicklung sowie das aktuelle Kapitalmarktumfeld führten dazu, dass die Teilung nicht wie vorgesehen dargestellt werden könne, begründete der Konzern den Schritt. Statt dessen strebe Thyssenkrupp eine andere Form der Neuausrichtung an.

Im Zuge dessen erwägt das Management, die Aufzugssparte des Konzerns an die Börse zu bringen, um zu Geld zu kommen. Der Bereich gilt als Perle von Thyssenkrupp. Man werde dem Aufsichtsgremium einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten, hieß es. Zudem sollen die übrigen Geschäftsbereichen, zu denen etwa Komponenten für die Automobilindustrie und der Anlagenbau gehören, mehr Freiheiten erhalten. Auch soll die Holding schlanker aufgestellt werden. Zudem steht eine Stärkung der Kapitalbasis auf dem Programm.

Das voraussichtliche Scheitern der Stahlfusion führt nun auch dazu, dass Thyssenkrupp seine Prognosen anpassen muss. Im dritten Quartal des bis Ende September laufenden Geschäftsjahrs werde Thyssenkrupp die Stahlsparte wieder in den Konzern eingliedern. Der Konzern erwartet daher für 2018/19 - inklusive des Stahlbereichs - ein bereinigtes operatives Ergebnis (Ebit) von 1,1 bis 1,2 Milliarden Euro. Der freie Mittelzufluss vor Zu- und Verkäufen werde negativ im hohen dreistelligen Millionen-Euro-Bereich erwartet. Beim Konzernergebnis erwartet der Konzern einen Verlust.

In der Prognose hat der Konzern auch eine Erhöhung der bestehenden Rückstellung um etwas mehr als 100 Millionen Euro für das laufende Kartellverfahren bei Grobblech berücksichtigt. Die Rückstellung werde damit auf den Betrag des erwarteten Bußgelds angehoben. Der freie Mittelzufluss des Konzerns könnte durch eine Bezahlung dieser Buße in diesem Geschäftsjahr zusätzlich belastet werden, hieß es./nas/stw/stk