(neu: Schlusskurse)

FRANKFURT (dpa-AFX) - Ungünstiger als erhofft verlaufene Verhandlungen von Thyssenkrupp zur unterschriebenen Stahlfusion mit der indischen Tata Steel haben am Montag die Aktien des deutschen Dax-Konzerns belastet. Mit dem Zusammenschluss soll der zweitgrößte europäische Stahlkonzern mit rund 17 Milliarden Euro Umsatz und rund 48 000 Beschäftigten entstehen.

Die Papiere der Essener gingen mit einem Abschlag von 0,96 Prozent auf 20,62 Euro aus dem Handel. Damit erholten sie sich, nachdem sie zeitweise mit einem Minus von fast 3 Prozent der größten Verlierer im schwächelnden Dax gewesen waren. "Dass die Reaktion negativ ausfällt, liegt zum einen daran, dass Anleger sich von den Nachverhandlungen mit Tata Steel etwas mehr erhofft hatten", sagte ein Händler. Zum anderen sei der Schritt schon lang erwartet worden und daher kein Kurstreiber mehr.

Nach dem Einbruch der Stahlpreise hatte der Thyssenkrupp-Konzern seit 2016 begonnen, nach Fusionsmöglichkeiten für sein europäisches Stahlgeschäft zu suchen, und war dabei mit Tata ins Gespräch gekommen. 2017 wurden die Pläne konkreter. Entsprechend hatte der Aktienkurs von Thyssenkrupp auf immer neu hochkochende Spekulationen und Nachrichten rund um eine Lösung für das kriselnde Stahlgeschäft positiv reagiert, war dann aber auch wieder abgebröckelt, als Konkretes auf sich warten ließ.

Dass es nun endlich soweit ist, haute die Anleger nicht mehr vom Hocker. Zwar bedeute der Ausstieg aus dem Stahlgeschäft einen Wendepunkt für den Konzern, der sich wieder auf das höhermargige Kapitalgüter-Geschäft konzentrieren könne, doch die Nachverhandlungen mit Tata Steel wegen der besseren Margenentwicklung seit Herbst seien etwas enttäuschend ausgefallen, schrieb etwa Analyst Seth Rosenfeld von Jefferies. So könne Thyssenkrupp den Zeitraum für den möglichen Börsengang (IPO) bestimmen und erhalte dann am paritätisch geführten Gemeinschaftsunternehmen (JV) 55 Prozent der Erlöse. Erhofft worden sei hier jedoch etwas mehr, so der Jefferies-Analyst. Zunächst wollten beide Unternehmen keine Stellung zum IPO-Zeitpunkt machen.

Rosenfelds Berechnung zufolge ist der zusätzliche Fünf-Prozent-Anteil der Essener 210 Millionen Euro wert. Entsprechend der von Thyssenkrupp erwarteten 5 Milliarden Euro an Synergien aus dem Gemeinschaftsunternehmen sollte er aber im mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Bereich liegen. Allerdings habe er Zweifel, dass das IPO so hoch bewertet werde, wie sich Thyssenkrupp dies vorstelle.

JPMorgan-Analyst Luke Nelson sieht in der Mitteilung über das Stahl-Joint-Venture letztlich nur die nach zahlreichen Spekulationen in den Medien nun erfolgte "endgültige Vereinbarung". Wie ebenfalls aufgrund der vorangegangenen Gerüchte erwartet, erhielt Thyssenkrupp einen höheren wirtschaftlichen Anteil, während zahlreiche weitere wichtige Elemente im Wesentlichen unverändert blieben. "Praktisch gesehen wird das Stahlgeschäft nun aus den Bilanzen von Thyssenkrupp verschwinden", so Nelson.

Auch wenn diese Nachricht kein Kurstreiber mehr sei, rechnet der Jefferies-Experte doch in Kürze mit einem solchen: Wenn das Management von Thyssenkrupp dem Aufsichtsrat die neue Strategie vorstelle, könnte es soweit sein.

"Die Vorstellung der Pläne im Aufsichtsrat in der Woche ab dem 9. Juli dürfte wahrscheinlich die Basis für ein öffentliches Strategie-Update zum 'Leben nach dem Stahl' werden", sagte er. Dabei geht Rosenfeld davon aus, dass der Konzern Aussagen zu den Margen- und Cashflow-Zielen in allen Kapitalgüter-Geschäften geben wird sowie auch einen tiefer gehenden Einblick in das schwierige Geschäft der Sparte Industrial Solutions. Auch Aussagen zu Plänen über den Verkauf der Werkstofftochter seien denkbar sowie erste Diskussionen über den Zeitraum für den Börsengang des europäischen Gemeinschaftsstahlgeschäfts von Thyssenkrupp und Tata Steel./ck/gl/jha/ck/he