"Unsere Systeme sind heute in der Lage, zehn Millionen neue Kunden aufnehmen zu können", sagte der Deutschland-Chef der Berliner Smartphone-Bank, Georg Hauer, in einem am Dienstag veröffentlichten Interview der Nachrichtenagentur Reuters. Seit dem Sommer zählt N26 mehr als 3,5 Millionen Kunden in inzwischen 26 Ländern. "Wir wachsen täglich um bis zu 10.000 Kunden", sagte Hauer. "Das ist in etwa das, was eine durchschnittliche deutsche Bankfiliale an Kunden zählt."

Größter Markt für die 2015 gestartete Bank ist Deutschland, gefolgt von Frankreich. "Wir wachsen derzeit aber auch sehr stark in Großbritannien, Italien, Spanien und Österreich", sagte Hauer. In den USA ist das Unternehmen sei Juli aktiv und will dort "eine der relevantesten digitalen Banken" werden. Mit jedem neuen Kunden rücke die Gewinnschwelle näher. "Wir haben aber kein konkretes Ziel, wann wir diese erreichen wollen." Ziel sei es, einen großen Anteil der Kosten aus dem laufenden Geschäft zu decken. N26 strebe die Innovationsführerschaft für Bankprodukte an. "Dann können wir in fünf bis zehn Jahren viel größer sein, als wir uns das heute vorstellen können."

Kritiker werfen N26 vor, der Kundenservice und die Prozesse der Bank hätten nicht mit dem schnellen Wachstum mitgehalten. Im Mai forderte die Finanzaufsicht Bafin Nachbesserungen, nachdem sie Mängel bei den Vorkehrungen gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung festgestellt hatte. "Wir bauen unseren Compliance-Bereich stetig aus", sagte Hauer dazu. "Auch haben wir eine eigene Hotline eingerichtet für die Kommunikation mit anderen Banken, um gemeinsam besser gegen internationale Geldwäsche vorgehen zu können." Die Kommunikation mit den Kunden sei ebenfalls erweitert worden. "Mit aktuell über 700 Mitarbeitern im Kundenservice haben wir hier fünf Mal mehr Ressourcen als noch im vergangenen Jahr." Die Wartezeiten für die Kontaktaufnahme mit den Kundenzentren liege heute bei unter 30 Sekunden.

BÖRSENGANG "EHER IN VIER ODER FÜNF JAHREN"

Mit einem Börsengang hat es das zuletzt mit 3,5 Milliarden Dollar bewertete Unternehmen nicht eilig. "Ein Börsengang ist attraktiv", sagte der Deutschlandchef. "Das könnte eine Option für uns sein, aber eher in vier oder fünf Jahren. Wir haben hier keinen Druck, auch nicht von unseren Investoren." Ein Börsengang hänge auch vom Umfeld ab. "Wenn wir uns durch einen IPO besser Geld besorgen können als auf anderen Wegen, können wir uns das sehr gut vorstellen."

N26 hatte sich zuletzt im Juli 170 Millionen Dollar geholt. Das frische Geld kam von den selben Investoren, die sich auch an einer Finanzierungsrunde im Januar beteiligt hatten - darunter der Versicherungskonzern Allianz, der Singapurer Staatsfonds, der chinesische Internet-Riese Tencent und der deutsch-amerikanische Investor Peter Thiel. "Wir sind sehr gut durchfinanziert", sagte Hauer. "Wir sind nicht gezwungen, frisches Geld aufzunehmen. Aber es ist natürlich nicht ausgeschlossen, dass es Ende nächsten Jahres eine neue Finanzierungsrunde geben könnte."